Witten. Ein in Witten einmaliges Projekt nimmt Gestalt an. Eine Genossenschaft will Haus Bommerholz kaufen. Was Künstler und Therapeuten dort planen.

Seit fünf Jahren steht Haus Bommerholz leer, eine Immobilie des Landes. Bald könnte das am Waldrand gelegene ehemalige Gästehaus der Technischen Universität (TU) Dortmund aus dem Dornröschenschlaf geweckt werden.

Seit Mitte September gibt es „Haus Bommerholz“ – eine Genossenschaft in Gründung. Ein Mehrgenerationen-Projekt, das aus dem idyllischen Anwesen einen Ort für Künstler und Therapeuten machen möchte, die dort gemeinsam leben und arbeiten wollen, ihre Ateliers, Praxen und auch Seminarräumen betreiben möchten.

Bildhauer Harald Kahl will auch sein Atelier nach Bommerholz verlegen

Ein mutiges Vorhaben, für das die Genossen und Genossinnen, derzeit elf an der Zahl, bereit sind, ihr bisheriges Leben auf den Kopf zu stellen, um ein neues in Gemeinschaft zu wagen. Der Bau- und Liegenschaftsbetrieb NRW (BLB) als Eigentümer von Haus Bommerholz hat der Genossenschaft in Gründung bereits den Kaufvertrag zukommen lassen.

„Das wird keine Kommune“, betont schmunzelnd der Mitinitiator des Projektes, der Wittener Bildhauer Harald Kahl. Der 70-Jährige hat sein Atelier bislang zusammen mit anderen Künstlern an der Crengeldanzstraße im „Atelierhaus 10a“. Seine Frau, Marlies Cramer, ist Heilpraktikerin und Yogalehrerin. Sie betreibt ihre Praxis im privaten gemeinsamen Haus in Heven. Kahl und seine Frau (66) wollen mit ihrer „Lebensenergie“ noch einmal Neues wagen, dafür auch ihr bisheriges Zuhause verkaufen, Atelier und Praxis nach Bommerholz verlegen.

Junge Familien wollen in Witten ihr Leben auf neue Beine stellen

Mit ihren beiden Kindern Bjarne (vier Monate) und Norah (7) will Annika Stallasch nach Witten ziehen. Die 37-Jährige, die bisher als Ergotherapeutin und Yogalehrerin in der Psychiatrie im Marien-Hospital Herne arbeitet, möchte in Gemeinschaft leben und in Bommerholz ihren Traum von der eigenen Praxis verwirklichen. „Dort wird interdisziplinäres Arbeiten möglich sein, das finde ich toll“, sagt sie. Bislang lebt Annika Stallasch in Wanne-Eickel mit ihren Kindern alleine. Das sei eine Herausforderung, gibt sie zu. Und, dass sie sich von einem Leben in Gemeinschaft Unterstützung erhofft.

Auch Daniel Fey und seine Frau wollen ihr Leben neu aufstellen, „die Ideale von Gemeinschaft und gegenseitigem Helfen“ leben, sagt der 42-Jährige. Mit seiner Familie wohnt der gelernte Heilpädagoge und derzeitige Hausmann ebenfalls in Wanne-Eickel. Seine Frau arbeitet in einer Herner Gemeinschaftspraxis als Gynäkologin. Daniel Fey studiert Sozialmanagement und kümmert sich um den Haushalt und die Kinder Leo (7) und Ben (10). In Bommerholz könnte er sich vorstellen, seine Fähigkeiten als Heilpädagoge in der Beratung und Therapie von Menschen einzubringen.

Haus Bommerholz soll auch eine Weiterbildungsstätte und ein Tagungshaus sein

Elf Genossinnen und Genossen haben sich schon zusammengefunden. Einige leben in benachbarten Ruhrgebietsstädten, ein Paar in der Schweiz, am Vierwaldstättersee. „Zwei haben sich noch Bedenkzeiten erbeten“, sagt Harald Kahl. Weitere Mitstreiterinnen und Mitstreiter werden gesucht. Im Haus Bommerholz, das auch eine Weiterbildungsstätte und Tagungshaus sein soll, gebe es „noch freie Plätze und Räume“.

Menschen, die sich dort finanziell engagieren möchten, sind ebenfalls willkommen. Denn für den Kauf der Immobilie seien über 500.000 Euro notwendig. Hinzu kämen noch einmal über zweieinhalb Millionen Euro an Umbaukosten, so Bildhauer Kahl. Es gebe bereits einen Finanzplan. Die GLS Bank in Bochum habe signalisiert, dass sie das Projekt fördern wolle.

Weitere Genossen und Investoren gesucht

Haus Bommerholz wurde in den 1950er Jahren gebaut und als Schwesternheim des Roten Kreuzes genutzt. Die Stadt hat das spätere Gästehaus der TU Dortmund seit Mitte September 2015 zur Unterbringung von Flüchtlingen genutzt.

Dort gab es auch einen nie geklärten Brandanschlag. Im November 2016 zogen die letzten Schutzsuchenden aus. Seither steht die Immobilie leer.

Der Bau- und Liegenschaftsbetrieb NRW (BLB) ist Eigentümer. Er hatte sich jahrelang vergeblich bemüht, das idyllisch, aber am Waldrand abgelegene Anwesen zu vermarkten. Wer Interesse hat, sich an der Genossenschaft „Haus Bommerholz“ zu beteiligen oder sich dort finanziell engagieren möchte, erhält nähere Informationen im Netz auf . Auskünfte gibt es auch bei Harald Kahl: 0157/573-166-83.

In diesem Jahr werde die Genossenschaft noch den Kaufvertrag unterzeichnen, sagt Kahl. „Dann starten wir die Bauanfrage bei der Stadt.“ Eine Bauvoranfrage sei bereits gestellt worden. Wenn der Bauantrag genehmigt sei, könne man mit den Umbauarbeiten beginnen. Mitte nächsten Jahres – „optimistisch gesehen“ – könne dies der Fall sein, meint der Künstler. Er würde sich jedenfalls freuen, mit der neuen Lebens- und Arbeitsgemeinschaft Ende 2023 Weihnachten und Silvester im Haus Bommerholz feiern zu können.