Witten. Bei den „Spaziergängen“ in Witten laufen die unterschiedlichsten Menschen mit. Doch eine klare Abgrenzung zu Extremisten fehlt.

Der Umgang mit den „Spaziergängern“ ist heikel – für die Polizei, für die Politik, für die Presse. Denn eines ist gewiss: Die Menschen, die in Witten jeden Montag auf die Straße gehen, um gegen die bestehenden Corona-Regeln zu demonstrieren, sind keine homogene Gruppe. Im Gegenteil.

Auch interessant

Es bietet sich ein breites Spektrum der Gesellschaft und verschiedener Ansichten. Hier laufen Frauen und Männer mit Sorgen um ihre wirtschaftliche Existenz, Geboosterte neben militanten Impfgegnern, Menschen, die einfach müde sind von all den Einschränkungen, aber auch Mütter, die ihre Kinder wegen der Maskenpflicht am liebsten nicht mehr in die Schule schicken würden und Menschen, die die Existenz der BRD verneinen.

Kritik an Corona-Maßnahmen eint die unterschiedlichsten Menschen

Was sie eint, ist ihre Überhöhung des Begriffs der Eigenverantwortung und Freiheit – und ihre Ablehnung der aktuellen politischen Entscheidungen. Möchte man nicht allen Spaziergängern einen Hang zu rechten Ideologien unterstellen, bleibt die erschreckende Erkenntnis, was zwei Jahre Pandemie ausgelöst haben: Bürgerinnen und Bürger, die sich selbst der gesellschaftlichen Mitte zuordnen, laufen ohne mit der Wimper zu zucken auf (bisher) unangemeldeten Versammlungen zusammen mit Rechtsextremen und Verschwörungstheoretikern – wenn es nur gegen die Impfpflicht oder andere Maßnahmen geht. Das Bedürfnis, sich ganz klar abzugrenzen, scheint zu fehlen. Doch genau das wäre nötig.

Auch interessant

Wichtig und richtig ist, dass sich eine Gegenbewegung formt, die ebenfalls auf die Straße geht und deutlich macht, dass die Protestierenden nur ein kleiner Teil der Gesellschaft sind. Jeden „Spaziergänger“ direkt als Nazi abzustempeln, ist aber falsch. Ebenso ist nicht jeder Gegendemonstrant Teil der „Antifa“. Genau solche Zuschreibungen machen es schwierig, miteinander in den Dialog zu treten. Und eben dieser ist – zumindest mit einem Teil der Spaziergänger – noch immer möglich.