Witten. Die „Spaziergänger“ stehen nicht nur in Witten in der Kritik. Nun äußern sich zwei von ihnen und erklären, warum sie den Protest unterstützen.

Die „Spaziergänger“ gehen auch in Witten mittlerweile regelmäßig gegen eine Impfpflicht und die aktuellen Corona-Maßnahmen auf die Straße. In ihrer öffentlich einsehbaren Telegram-Gruppe zeigen sich die Corona-Kritiker mitunter militant, verhöhnen staatliche Institutionen und Medien und teilen Videos mit kruden Verschwörungstheorien. Manch einer spricht dort gar von einer „Revolution“, die nun begonnen habe.

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Doch so wie es der Chat nahelegt, seien die meisten Menschen, die bei den „Spaziergängen“ mitmachen nicht, sagen zwei Frauen aus Witten, die selbst schon mehr als einmal mitdemonstriert haben. Über so manch eine Diskussion in dem Messenger-Dienst würden sie bloß den Kopf schütteln. Trotzdem gehen sie gemeinsam mit anderen Menschen aus eben jener Gruppe „spazieren“. Warum?

Wittener Gastronomin wünscht sich wieder mehr Normalität

„Ich finde, wir müssen langsam zurück zur Normalität“, sagt Monika (Name von der Redaktion geändert). Gerade in der Gastronomie aber auch in anderen Bereichen würden viele Selbstständige ums Überleben kämpfen. Die 41-Jährige weiß, wovon sie spricht, führt selbst ein Lokal in der Stadt.

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Generell gegen die Maßnahmen, etwa die Maskenpflicht, ist sie nicht. Die Wirtin wünscht sich aber die 3G-Regel zurück. „Das hat gut funktioniert.“ 2G plus gehe zu weit. Die aktuellen Maßnahmen müssten wieder gelockert werden – damit nicht nur ihr Lokal, sondern auch viele andere Betriebe weiterlaufen könnten.

Spaziergängerin ist dreifach geimpft

„Das Corona-Virus ist da und es ist meiner Meinung nach auch gefährlich“, sagt Monika. Sie selbst ist nach eigenen Angaben bereits dreifach geimpft, auch ihre Kinder seien immunisiert. Pandemiebedingt musste sich die 41-Jährige einen Nebenjob suchen, arbeitet in diesem viel mit älteren Menschen und auch Kindern. „Ich finde es wichtig, die Menschen in meiner Umgebung zu schützen, deshalb habe ich mich impfen lassen.“ Gegen eine allgemeine Impfpflicht ist sie dennoch: „Die Menschen sollten ihren Kopf benutzen und sich freiwillig dazu entscheiden.“

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So sieht es auch ihre Freundin Tanja (Name geändert). Auch die 45-Jährige hat sich freiwillig impfen lassen, weil sie in der Altenpflege tätig ist. „Ich persönlich möchte niemanden anstecken.“ Von einem Impfzwang hält sie aber „gar nichts“. Auch sie wünscht sich wieder mehr Normalität. Vor allem möchte sie wieder etwas mit ihren ungeimpften Freunden unternehmen können – ins Café oder Schwimmen gehen etwa. Sie empfindet die 2G-Regel als „Spaltung“.

„Können nicht jeden, der mitläuft, nach seiner Gesinnung fragen“

Dass auch Mitglieder der rechtsextremen Szene bei den „Spaziergängen“ dabei sind, ist den beiden bewusst. „Aber ich bin ja nicht befugt, die wegzuschicken“, sagt Monika. Zudem kenne man auch nicht jeden persönlich, der mitläuft – und könne auch nicht jeden nach seiner Gesinnung fragen.

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„Und wenn unter den Demonstrierenden vielleicht zwei Nazis sind – deshalb kann man doch nicht alle in einen Topf werfen“, ärgert sich Tanja. „Man hat doch immer irgendwelche Chaoten dabei, egal wo.“ Und sowieso: „Solange es friedlich bleibt...“

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Zu den Inhalten der Telegram-Gruppe möchten sich die beiden Frauen nicht wirklich äußern. Sie würden sich dort eher raushalten, sagen sie. Dass sie montags vielleicht Seite an Seite mit militanten Impfgegnern gehen? „Ich halte mich da raus, es ist jedem selbst überlassen“, sagt dazu Monika. Ihr sei es wichtig, auf die Situation in der Gastronomie aufmerksam zu machen, dass die Maßnahmen schnellstmöglich gelockert werden – und dass der kommende Spaziergang „unpolitisch und ohne Randale“ abläuft.

„Spaziergänger“ müssen Maske tragen

Für den kommenden Montag haben die „Spaziergänger“ ihren Protest bei der Polizei als Versammlung angemeldet. Man will nach einem Entwurf eines Flyers „gegen überzogene Maßnahmen“ und „für eine freie Impfentscheidung“ auf die Straße gehen – und gegen die „Impf-Apartheid“.

Nach der neuen Corona-Schutzverordnung des Landes gilt nun auch bei einigen Versammlungen im Freien eine Maskenpflicht. Beim angemeldeten „Spaziergang“ müssten alle Teilnehmenden eine medizinische Maske tragen, so die Polizei. Denn der Zugang kann nicht über eine 3G-Regel kontrolliert werden.

Der Rathausplatz ist allerdings bereits durch die Gegenkundgebung des Bündnisses „Ennepe-Ruhr stellt sich quer“ belegt. Dort wird ab 18 Uhr bei einer Mahnwache der Corona-Toten aus Witten gedacht.