Witten. Patrick Bodden hat den Piraten in Witten den Rücken gekehrt. Jetzt wurde bekannt, in welche Ratsfraktion er wechselt. Die Überraschung ist groß.

Paukenschlag im Wittener Stadtrat: Patrick Bodden ist nach seinem Austritt aus der eher linksorientierten Piraten-Fraktion zum „Stadtklima“ gewechselt, dessen Vorsitzender dem konservativen Flügel zugerechnet wird. Damit hat das Bündnis um den umstrittenen Michael Hasenkamp inzwischen schon zwei Abtrünnige zu sich holen können – vor einem Jahr erst Andreas Günzel von „Witten Direkt“ und nun den stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden der auf zwei Mandatsträger geschrumpften Internetpartei.

Mit den Piraten will sich Bodden überworfen haben, weil die ihm seinen Sitz im Stadtentwicklungsausschuss hätten nehmen wollen. Bodden wirft seiner Ex-Fraktion „Vetternwirtschaft“ vor. Sie habe den Chef aus dem Ingenieurbüro, wo Piraten-Chef Stefan Borggraefe tätig ist, in dem Ausschuss platzieren wollen.

Piraten in Witten wehren sich gegen Vorwurf der „Vetternwirtschaft“

Bodden selbst habe dieser Umbesetzung zugestimmt, „ohne dass irgendein Druck ausgeübt wurde“, sagte Borggraefe am Dienstag zur WAZ. Das neue Ausschussmitglied, der Physiker Wilfried Ponischowski, habe viel Erfahrung im Bereich Energieoptimierung und Klimaschutz. Deshalb habe man ihn vorgeschlagen. „Dass er mein Chef in der Firma ist, macht die Sache eher komplizierter“, so Borggraefe.

Als der 45-Jährige in der Ratssitzung am Montagabend Stellung zu dieser „Umbesetzung“ nehmen wollte, griff er zunächst seinen abhandengekommenen Fraktionsvize scharf an. „Wir hatten in der Piraten-Fraktion immer einen klaren Konsens: Keinen Fußbreit für Rechts.“ Diese klare „antifaschistische Haltung“ habe Bodden stets geteilt. Borggraefe: „Heute sitzt er beim Stadtklima neben dem Rechtspopulisten Hasenkamp.“ Er kenne Michael Hasenkamp und habe keine Probleme mit ihm, sagte Patrick Bodden am Dienstag zur Redaktion. „Ich bin nicht rechts angehaucht. Herr Hasenkamp ist es auch nicht.“

Bodden: Austritt aus Fraktion hat nichts mit Hackerangriff auf die Stadt Witten zu tun

Der 43-Jährige streitet ab, dass sein Fraktionswechsel irgendetwas mit dem Hacker-Angriff auf die Stadt zu tun habe. Es war bekannt geworden, dass Hacker über einen Zugang der Piraten-Fraktion ins städtische Computersystem eingedrungen waren. Piraten-Chef Borggraefe hatte in diesem Zusammenhang erklärt, Boddens privater Rechner sei verseucht gewesen. Dazu Bodden: „Mein Facebook-Account ist im September gehackt worden.“

Bei dem Rechner, den die Piraten und er für Anträge oder die Nutzung des städtischen Intranets genutzt hätten, habe es sich um einen Laptop der Fraktion gehandelt, so Bodden. Passwort und Benutzernamen für den Zugang ins städtische Netz waren in die Hände der Hacker geraten. Stefan Borggraefe betont: „Die Hacker sind die Täter, wir die Opfer.“ Letzteres gelte ausdrücklich auch für Patrick Bodden. Borggraefe wirft CDU, AfD und Stadtklima in diesem Zusammenhang eine „tatsachenverdrehende Schmutzkampagne“ vor. Sie versuchten nun „den absurden Eindruck zu erwecken, die kleine Piratenfraktion sei für die IT-Sicherheit der Stadt Witten verantwortlich“.

Bodden nicht das erste Ratsmitglied in Witten, das sein Mandat zu einer anderen Fraktion mitnimmt

Nur noch beratend

Bürgermeister Lars König wies die Piraten darauf hin, dass es das Recht von Patrick Bodden sei, sein persönliches Mandat im Ausschuss (Stadtentwicklung) mitzunehmen. Das heißt, Bodden kann nun fürs Stadtklima in dem Gremium sitzen.

Den Piraten bleibt nur noch ein „beratendes“ Mitglied im Ausschuss für Stadtentwicklung, Umwelt und Klima. Diese Aufgabe übernimmt nun Wilfried Ponischowski.

Und nun auch noch der Fraktionswechsel von Patrick Bodden. An dem ließ Borggraefe am Montagabend im Rat kein gutes Haar: „Wir sind noch nie so betrogen worden. Ich muss bei den Wählerinnen und Wählern um Entschuldigung bitten, der falschen Person vertraut zu haben“, sagte er.

Patrick Bodden ist nicht der Erste, der sein Mandat in einer Fraktion niederlegt, aber im Rat bleibt und die Fraktion wechselt. Der bekannteste Austritt liegt schon ein paar Jahre zurück. Anfang 2016 verließ der damalige SPD-Fraktionsvorsitzende Thomas Richter seine Partei und gründete mit zwei weiteren Genossen die Fraktion „Solidarität für Witten“.