Witten. Paul Pleiger, Gründer der Pleiger Firmengruppe, machte in der NS-Zeit eine steile Karriere. Wie ein Historiker seine Bedeutung einordnet.

Paul Pleiger „war einer der Wittener Bürger, die in der NS-Zeit eine glänzende Karriere gemacht haben“, sagt Historiker Ralph Klein. Früh sei er Mitglied der NSDAP geworden, war zunächst für die Partei Gauwirtschaftsberater, bevor er 1934 nach Berlin berufen wurde. „Letztlich wurde er einer der einflussreichsten Manager im NS-Reich“, so Klein.

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Der Wittener Historiker hat vor bereits 20 Jahren im Auftrag der Stadt eine Dokumentation erstellt, in der er sich mit Zwangsarbeit in Witten befasst. „Pleiger war in doppelter Weise in dieses System involviert“, sagt er. Als Chef der Reichsvereinigung Kohle sei er dafür verantwortlich gewesen, die Produktion so anzukurbeln, dass genug für die Kriegsindustrie vorhanden war. Dabei habe sich der Firmengründer dafür eingesetzt, zivile Zwangsarbeiter nach Deutschland zu holen – und damit auch Erfolg gehabt. Pleiger habe „entscheidenden Anteil daran gehabt, dass russische Männer, Frauen und Kinder zur Zwangsarbeit nach Deutschland verschleppt wurden.“

Zwangsarbeiter arbeiteten in der Pleiger-Fabrik

„Doch auch als Chef seiner eigenen Firma hat er Zwangsarbeiter ausgebeutet“, sagt Klein. Es habe auch ein kleines Lager im Hammertal mit zwei bis drei Baracken gegeben. „Einmal im Jahr wechselte die Belegschaft, weil die Menschen so kaputt waren.“ Bei Kriegsende waren es 434 Männer und Frauen, die meisten aus Russland.

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Paul Pleiger wurde bei den Nürnberger Prozessen als Kriegsverbrecher angeklagt und zu 15 Jahren Haft verurteilt, wurde aber 1951 vorzeitig entlassen. Er kehrte an die Ruhr zurück und widmete sich dem Wiederaufbau seines Unternehmens.

Ob Pleiger selbst überzeugter Nationalsozialist war, ist unklar

Es sei nicht sicher zu sagen, ob Paul Pleiger das Gedankengut der Nationalsozialisten teilte, sagt Klein. Auch andere Historiker sehen den Mann, der 1899 in Buchholz geboren wurde, eher als Wirtschafts-Technokraten denn als nationalsozialistischen Ideologen. Aber er habe das System vorangebracht, betont Klein. „Man darf seine Leistung nicht unterschätzen, er hat einen großen Teil dazu beigetragen, dass die Kriegswirtschaft rund lief.“ Auch in seiner eigenen Fabrik habe er für den Krieg produziert, etwa Panzergranaten.

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„Er war ein großer deutscher Wirtschaftsführer und hat gute Geschäfte mit den Nazis gemacht“, urteilt Ralph Klein. Leider habe das Unternehmen auch später nie daran gedacht, seine eigene Geschichte aufzuarbeiten. So habe etwa 2001 die Wittener „Bürgerinitiative gegen Zwangsarbeit“ vor den Werkstoren im Hammertal protestiert, weil das Unternehmen nicht dem Stifterfonds der deutschen Wirtschaft zur Entschädigung ehemaliger NS-ZwangsarbeiterInnen beitreten wollte. Die Firma habe sich „sehr aggressiv dagegen gewehrt“, erinnert sich Klein. Später seien auch einige ehemalige Pleiger-Zwangsarbeiter in Witten zu Besuch gewesen – und wären vor den Werkstoren abgewiesen worden.