Witten. Die Sicherheitssparte der Wittener Gülich-Gruppe musste Insolvenz anmelden. Ein Teil des Betriebs ist nun gerettet. Investor ist der eigene Chef.

Mitte Juni hat die in Witten-Stockum ansässige Gülich-Gruppe für seine Sicherheitssparte Insolvenz beim Amtsgericht Bochum angemeldet. Mittlerweile steht fest, wie es für das Unternehmen und seine Mitarbeiter weitergeht. Für zwei von drei Geschäftsbereichen der insolventen Gülich Gruppe Sicherheitsdienste GmbH konnte eine Investorenlösung gefunden werden. Das teilte ein Sprecher des beauftragten Insolvenzverwalters nun mit. Doch nur für weniger als die Hälfte der Mitarbeiter ist das eine gute Nachricht.

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Die Geschäftsbereiche „Separat-Wachdienste“ (z.B. Eingangskontrollen, Nachtwächter, Pförtner etc.) sowie „Revierdienste“ (mobiler Objektschutz) seien bereits mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 1. August übernommen worden, heißt es seitens des Insolvenzverwalters – und zwar von der neu gegründeten „Gülich Gruppe Sicherheit GmbH“ – nicht zu verwechseln mit ihrer Vorgängergesellschaft mit fast identischem Namen.

Gülich hat 100 Mitarbeitern zum 30. September gekündigt

Alleiniger Gesellschafter der neuen GmbH ist wie auch schon zuvor Seniorchef Jürgen Gülich, der die Unternehmensgruppe in dritter Generation führt. Die in den Bereichen „Wachdienste“ und „Revierdienste“ eingesetzten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – 75 an der Zahl – sind übernommen worden. „Wir sind sehr froh über diese Lösung“, sagt Jürgen Gülich. Auch die Kunden-Verträge in diesen Teilbereichen würden mit einer Ausnahme alle weiter laufen.

Firmeninhaber Jürgen Gülich an seinem Schreibtisch in der Zentrale in Witten-Stockum. Das Foto entstand vor rund einem Jahr anlässlich des 110-jährigen Bestehens des Unternehmens.
Firmeninhaber Jürgen Gülich an seinem Schreibtisch in der Zentrale in Witten-Stockum. Das Foto entstand vor rund einem Jahr anlässlich des 110-jährigen Bestehens des Unternehmens. © FUNKE Foto Services | Christof Köpsel

100 weitere Beschäftigte hingegen haben zum 30. September ihre Kündigung erhalten. Sie hatten in der ÖPNV-Sparte gearbeitet. Diese sei „stark defizitär“ gewesen, teilt der Sprecher des Insolvenzverwalters mit. Man habe keinen Investor finden können. Auch hätten in diesem Bereich zwischenzeitlich alle Kunden gekündigt, so dass keine Aufträge mehr vorlagen.

Insolvenzverfahren ist noch nicht abgeschlossen

Vor diesem Hintergrund sei der Insolvenzverwalter gezwungen gewesen, die Stilllegung des Geschäftsbetriebs einzuleiten. Mit dem Betriebsrat sei zuvor ein Interessenausgleich und Sozialplan vereinbart worden.

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Damit ist das Insolvenzverfahren aber noch nicht abgeschlossen. Die Gläubiger des Unternehmens haben weiterhin Anspruch auf ihre Zahlungen aus der sog. „Insolvenzmasse“ von Gülich. In die Insolvenzmasse fließe auch der Kaufpreis für die beiden veräußerten Teile, so der Sprecher des Insolvenzverwalters. Allerdings habe man „Masseunzulänglichkeit“ beantragen müssen. Denn die Insolvenzmasse reiche nicht aus, um die Verfahrenskosten zu decken. Ob oder wie viel Geld die einzelnen Gläubiger also noch erhalten, ist noch ungewiss.

Verdi kritisiert das Vorgehen bei Gülich

Die Gewerkschaft Verdi kritisiert die Vorgänge bei der Gülich-Gruppe scharf. „Das ist ein Skandal, der restlos aufgeklärt werden muss“, sagt Andreas Rech, der für die Wach- und Sicherheitsbranche in NRW zuständige Gewerkschaftssekretär. Dass Gülich erst Insolvenz anmelde und dann selbst Teile seiner eigenen Firma kaufe, sei mindestens merkwürdig. „Wir haben da ganz große Bedenken“, so Rech.

Andere Gesellschaften nicht betroffen

Neben der Sicherheit ist die Gebäudereinigung eine wichtige Sparte der Wittener Gülich Gruppe. Im Juli 2020 zählte das Unternehmen noch mehr als 1800 Beschäftigte. 250 von ihnen arbeiteten im Bereich Sicherheit.

Mit „außergewöhnlichen Liquiditätseinbußen“ hatte Jürgen Gülich den Insolvenzantrag im Juni begründet. Langjährige Kunden hätten in den vergangenen Monaten keine Aufträge mehr an den Gülich Sicherheitsdienst vergeben. Die anderen Gesellschaften der Gruppe seien aber stabil zahlungsfähig und operativ gut aufgestellt.

Der Betriebsrat, der nur noch aus zwei Personen bestehen soll, arbeitet nicht mit der Gewerkschaft zusammen. Deshalb sei aus Verdi-Sicht völlig unklar, wer übernommen wurde und nach welchen Kriterien. Sicher ist aber: Bei der Gewerkschaft sind erneut zahlreiche Anrufe aufgebrachter Gülich-Mitarbeiter eingegangen. Diese sollen im August gearbeitet, aber bislang keinen Lohn erhalten haben.

Mitarbeiter klagen vor Gericht gegen Kurzarbeitergeld

Bis zur offiziellen Eröffnung des Insolvenzverfahrens Anfang August hatten die Mitarbeiter Insolvenzgeld erhalten – finanziert über den bestellten Verwalter. Den August-Lohn musste theoretisch das Unternehmen wieder selbst zahlen. „Ich hoffe nur, dass am Ende nicht die Mitarbeiter die Geprellten sind“, sagt Rech.

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Zugleich sind weiterhin rund 40 Klagen von Mitarbeitern vor Arbeitsgerichten anhängig. Dabei geht es um Kurzarbeitergeld, das die Firma – laut Verdi unrechtmäßig – ab April 2020 beantragt hatte. Die Mitarbeiter fordern vor Gericht ihren vollen Lohn ein. Dafür sei weiterhin der Insolvenzverwalter zuständig, heißt es dazu von Gülich. Denn die Lohnforderungen würden ja die insolvente Gesellschaft betreffen.