Witten. Im Keller ist die Stimmung bei der Gülich Sicherheitsdienste GmbH in Witten, die vor vier Wochen Insolvenz angemeldet hat. Gibt es noch Hoffnung?

Wie geht es weiter bei der Gülich Sicherheitsdienste GmbH, die vor einem Monat Insolvenz angemeldet hat? Und gibt es überhaupt eine Zukunft für das angeschlagene Unternehmen aus Witten? Der vorläufige Insolvenzverwalter Sebastian Lagoda sucht derzeit Investoren für eine mögliche Übernahme.

Insolvenzverwalter: Löhne in Witten werden pünktlich zum Stichtag ausgezahlt

Inzwischen haben die noch rund 220 verbliebenen Beschäftigten ihre Löhne und Gehälter für Mai bekommen, das Geld für Juni müsste in Kürze auf dem Konto sein. Auch die Juli-Zahlungen erfolgten pünktlich zum Stichtag, versichert ein Sprecher des Insolvenzverwalters. Wohlgemerkt: Es geht um das Insolvenzgeld.

Firmeninhaber Jürgen Gülich hat für die Sicherheitsdienste GmbH der Gülich Gruppe Insolvenz angemeldet. Langjährige Kunden seien abgesprungen, was „außergewöhnliche Liquiditätseinbußen“ zur Folge gehabt hätte.
Firmeninhaber Jürgen Gülich hat für die Sicherheitsdienste GmbH der Gülich Gruppe Insolvenz angemeldet. Langjährige Kunden seien abgesprungen, was „außergewöhnliche Liquiditätseinbußen“ zur Folge gehabt hätte. © FUNKE Foto Services/Archiv | Christof Köpsel

Der Geschäftsbetrieb gehe derweil „im vollen Umfang“ weiter. „Parallel arbeitet der vorläufige Insolvenzverwalter an einer Sanierungslösung und hat dazu einen Investorenprozess aufgesetzt“, erklärt sein Sprecher. Im Augenblick „laufen Gespräche mit mehreren potenziellen Interessenten“.

Senior-Chef Jürgen Gülich hatte den Gang zum Amtsgericht mit „außergewöhnlichen Liquiditätseinbußen“ begründet. Langjährige Kunden hätten in den vergangenen Monaten keine Aufträge mehr an die GSI vergeben.

Verdi-Sekretär: Verzweiflung in der Belegschaft in Witten ist groß

Die Stimmung in der Belegschaft ist denkbar schlecht. „Die Beschäftigten kämpfen um ihre Existenz und die Verzweiflung ist groß“, erklärt Andreas Rech, bei Verdi zuständig für die Wach- und Sicherheitsbranche in NRW. Nachdem über Monate aus Sicht der Gewerkschaft zu Unrecht Kurzarbeitergeld gezahlt wurde, hätten die Mitarbeitenden keine Reserven bilden können, um die Engpässe nach Anmeldung der Insolvenz zu überbrücken, so Rech.

Kurzarbeitergeld ist nach Einschätzung des Gewerkschaftssekretärs seit April 2020 deshalb „zu Unrecht“ gezahlt worden, weil es darüber seinerzeit keine Betriebsvereinbarung gegeben habe. Deshalb sollen einige Verfahren beim Arbeitsgericht anhängig sein, in denen Arbeitnehmer ihren vollen Lohn einklagen. Bei Kurzarbeitergeld gibt es nur 60 bis 70 Prozent. Inzwischen habe ein Beschäftigter vor Gericht schon Recht bekommen.

Einige Beschäftigte aus Witten wollen ihren vollen Lohn einklagen

Sollten weitere Mitarbeiter erfolgreich die Auszahlung ihres Entgelts gerichtlich durchsetzen können, drohe dem Unternehmen eine Nachzahlung im siebenstelligen Bereich an die Arbeitsagentur – das für das Kurzarbeitergeld eingesprungen war.

Kurzarbeitergeld wurde während der Corona-Krise eingeführt, zunächst bei der Rheinbahn, für die Gülich immer noch tätig ist. Im September 2020 soll mit DSW21, dem Nahverkehrsbetrieb der Dortmunder Stadtwerke, dann ein Großkunde komplett verloren gegangen sein. Andreas Rech von Verdi: „Damit fing das ganze Drama ja erst richtig an.“

Verdi hat keinen Kontakt zur Betriebsratsspitze in Witten

Auf die arbeitsrechtlichen Streitigkeiten angesprochen, erklärt ein Sprecher des Insolvenzverwalters: „Diese Auseinandersetzungen rühren alle aus der Zeit vor Anordnung der vorläufigen Insolvenz und werden – unabhängig vom Insolvenzverfahren – von den beteiligten Parteien weitergeführt.“ Am Ende könnten die Beschäftigten mit ihren Forderungen selbst zu den Gläubigern gehören.

Ein Anwalt soll vom inzwischen nur noch zweiköpfigen Betriebsrat (dem Vorsitzenden und seinem Stellvertreter) gebeten worden sein, einen Interessen- und Sozialplan auszuhandeln. Zwischen der Gewerkschaft und der Betriebsratsspitze selbst gibt es keinen Kontakt mehr. Verdi-Sekretär Rech: „Der Anwalt darf uns nicht informieren und der Betriebsrat will nicht.“ Letzterer war bisher für eine Stellungnahme nicht erreichbar.