Witten. Die Folgen der Pandemie belasten den städtischen Haushalt auch im nächsten Jahr schwer. Ungeschönt macht die Stadt 19 Millionen Euro Verlust.
Ein flüchtiger Blick in den neuen Haushaltsentwurf der Stadt Witten könnte zu der Annahme führen, dass die Lage doch ganz in Ordnung wäre. Die Einnahmen scheinen die Ausgaben zu übersteigen. Doch das funktioniert nur mit einem Trick: der Corona-Isolation. Die wirkliche Lage sieht ganz anders aus.
Denn die enormen Schäden, die die Pandemie dem städtischen Haushalt zugefügt hat, werden die kommunalen Finanzen voraussichtlich noch für Jahrzehnte belasten. „Ich habe den letztjährigen Haushalt als einen ‚mehr als außerordentlichen Haushalt‘, als ‚Krisenhaushalt‘ bezeichnet“, sagt Stadtkämmerer Matthias Kleinschmidt. „Das gilt uneingeschränkt auch für den Haushaltsentwurf 2022.“
Über 19 Millionen Euro Verlust im kommenden Jahr im Wittener Haushalt
Mit Isolierung der Corona-Schäden und unter Berücksichtigung von Maßnahmen des Haushaltssicherungskonzepts (HSK) rechnet Kleinschmidt für 2022 mit einem Überschuss von etwa 730.000 Euro. Dieser Überschuss soll bis 2025 auf rund fünf Millionen ansteigen.
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Ohne Isolierung aber kippen die Zahlen massiv in die andere Richtung. Demnach wäre für 2022 mit einem Verlust von mehr als 19 Millionen Euro zu rechnen. In den Folgejahren würden die Zahlen zwar kleiner, blieben aber negativ: 2023 liegt das Minus bei über 13,7 Millionen Euro, 2024 bei etwa 7,6 Millionen Euro, 2025 bei 2,9 Millionen Euro.
Gewerbesteuer bleibt auf Jahre hinaus unter Erwartungen
Besonders stark trifft Witten dabei der Rückgang der Gewerbesteuer. Laut Kleinschmidt „das Sorgenkind“ auf der Einnahme-Seite. Im Corona-Jahr 2020 hatte sie sich fast halbiert, war von knapp 60 Millionen Euro auf gut 30 Millionen Euro eingebrochen. Für das kommende Jahr rechnet der Kämmerer mit rund 50 Millionen. „Sie hat sich zwar etwas deutlicher erholt, als letztes Jahr noch befürchtet. Dennoch bleibt sie deutlich hinter den Prognosen zurück, die wir vor der Krise aufgestellt hatten“, erklärt Matthias Kleinschmidt.
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Ein Unsicherheitsfaktor für das Jahr 2024 ist zudem die Grundsteuer, sonst mit rund 33 Mio eine verlässliche Einnahmequelle. Das Bundesverfassungsgericht hatte die bisherige Ausgestaltung aber als verfassungswidrig eingestuft. Wie aber nun Grund und Boden zukünftig bewertet werden sollen und welche Steuereinnahmen daraus für die Kommunen entstehen, ist aktuell noch immer unklar.
Kurzfristig unklar ist zudem, ob die Schlüsselzuweisungen, also die Gelder aus dem kommunalen Finanzausgleich des Landes Nordrhein-Westfalen, wie geplant steigen und ob sie zurückgezahlt werden müssen.
Ausgaben steigen weiter
Während die Einnahmen durch die Pandemie deutlich gesunken sind, haben sich die Ausgaben konstant entwickelt. Die Ausgaben für Betriebskostenzuschüsse für Kitas und weitere Ausgaben besonders im Bereich des Amtes für Jugendhilfe und Schule sind erneut angestiegen – so, wie es schon seit einigen Jahren zu beobachten ist. Auch die Kosten für den Personalaufwand sind weiter gestiegen. Das liegt an den relativ hohen Gehaltssteigerungen und daraus folgend auch an höheren Pensionszahlungen.
Mit dem Haushaltsentwurf ist auch ein neuer Stellenplan verbunden. Demnach sollen 43 neue Stellen geschaffen werden. Schwerpunkte dieser Aufstockung sind im Baudezernat (10 Stellen, vor allem für Verkehrsplanung und Tiefbau) und 8,5 Stellen im Bürgerservice.
Schwierige Sachentscheidungen erwartet
Die finanzielle Lage der Stadt Witten bleibt also schwierig – und das wohl auf Jahrzehnte hinaus. Kurzfristig bedeutet das: „Wir werden Prioritäten setzen und auch schwierige Sachentscheidungen treffen müssen“, so Kleinschmidt. Zugleich wird Witten, wie auch viele andere Städte, Unterstützung brauchen. Deshalb appelliert der Kämmerer auch an die Landes- und die Bundesregierung: „Aus Sicht der überschuldeten Städte muss ein Element darin eine echte Entschuldung sein. Die Städte als Keimzelle aller staatlichen Organisation sind, wie die Pandemie gezeigt hat, höchst systemrelevant. Das muss finanziell unterlegt werden.“
Der vollständige Haushaltsentwurf und die dazugehörige Haushaltsrede von Stadtkämmerer Matthias Kleinschmidt findet man unter www.witten.de/rathaus-service/verwaltung/haushalt/haushalt-2022/.