Witten. Wittens Bürgermeisterin und Kämmerer begrüßen finanzielle Hilfe durch den Bund. Doch sie sehen das Paket auch kritisch. Altschulden bleiben Thema.
In Witten ist das Konjunkturpaket der Bundesregierung verhalten positiv aufgenommen worden. „Wir sind natürlich froh über jeden Euro Entlastung“, sagt Bürgermeisterin Sonja Leidemann. Sehr, sehr bedauerlich sei aber, dass die Frage der Altschulden nicht Teil der am Mittwochabend verkündeten Maßnahmen sei. „Darauf haben wir über Jahre hingearbeitet. Nun wurde es einfach beiseite gelegt.“
Ob die durch Corona entstandenen Verluste der Stadt durch die finanziellen Hilfen vom Bund ausgeglichen werden, könne man nicht sagen, so Leidemann. „Wir sind erstmal dankbar, aber das kann noch nicht das Ende sein.“ Niemand könne absehen, wie sich die wirtschaftliche Lage im kommenden Jahr entwickeln werde. Angesichts strauchelnder Unternehmen könnte etwa die Arbeitslosigkeit weiter ansteigen. „Nun kann man nur hoffen, dass das Gesamtpaket der Regierung greift“, so Leidemann.
Frage der Kostenübernahme für Flüchtlingsunterbringung weiter ungeklärt
Die Bürgermeisterin ärgert auch, dass die Frage der Finanzierung der Flüchtlingsunterbringung – vor allem der Geduldeten – nicht vom Bund angegangen wurde. Ein Posten, der im städtischen Haushalt sechs Millionen Euro ausmacht.
Auch Kämmerer Matthias Kleinschmidt beurteilt das Konjunkturpaket zwiegespalten. Berlin will künftig bis zu 75 Prozent der Kosten für die Unterkunft von Hartz IV-Empfängern übernehmen, bislang waren es rund die Hälfte. „Das ist eine uneingeschränkt positive Nachricht,“ so Kleinschmidt. Und ein klares Signal in die richtige Richtung. „Vor allem, weil es uns dauerhaft hilft, nicht nur für ein oder zwei Jahre.“
Witten belasten Verluste bei Gewerbe- und Mehrwertsteuer
Witten trägt diese Kosten allerdings nicht selbst, zuständig dafür ist der Kreis. In dessen Haushalt 2020 sind 69 Millionen Euro für die Finanzierung der Unterkunftskosten vorgesehen, 30 Millionen davon sollte der Bund beisteuern. Nun werden es rund 15 Millionen Euro mehr. Witten profitiert auf einem Umweg von der Finanzspritze, nämlich durch eine verminderte Kreisumlage. „Wenn der Kreis spart, kommt davon etwa ein Drittel bei uns an“, so der Kämmerer.
Der oberste Finanzherr der Stadt rechnet im laufenden Jahr weiterhin mit rund 25 Millionen Euro weniger Gewerbesteuereinnahmen. Generell möchte der Bund diese Lücke schließen. „Das würde uns 2020 und -21 sehr helfen“, so Kleinschmidt.
Geht es mit der Wirtschaft im nächsten Jahr wieder bergauf?
Doch wie genau dieser Ausgleich ablaufen soll, sei „die große Unbekannte“. Etwa wie berechnet wird, wie viel Geld jede Kommune erhält. Ob am Ende also tatsächlich alle Mindereinnahmen kompensiert werden, wisse man nicht, so Kleinschmidt.
Hinzu kommt: Hinter den jetzt vereinbarten Maßnahmen stehe die Annahme, dass es wirtschaftlich danach wieder bergauf geht. „Aber es wird sicher länger dauern, bis sich die Einnahmen aus der Gewerbesteuer wieder stabilisieren.“
Milliarden-Paket ist wichtiges Signal
Die Handwerkskammer Dortmund sieht im Paket „zahlreiche Impulse, um unseren Wirtschaftsstandort nachhaltig zu stabilisieren“. Die Arbeitgeberverbände Ruhr/Westfalen loben die Senkung der Mehrwertsteuer, den Familienbonus und die gedeckelte EEG-Umlage. Das seien „sind sinnvolle Maßnahmen, um Privathaushalte zu entlasten und Konsum-Anreize zu schaffen“, so Hauptgeschäftsführer Dirk W. Erlhöfer.
Die IHK Mittleres Ruhrgebiet hebt vor allem die Prämie für Betriebe, die Ausbildungsplätze erhalten oder sogar neu schaffen, hervor. Insgesamt seien die 130 Milliarden ein „wichtiges Signal, das gesetzt werden musste“, so Geschäftsführerin Kerstin Groß.
Da die Kommunen zudem an der Mehrwertsteuer beteiligt werden, bedeutet die Senkung dieser Steuer für Witten einen Einnahmeverlust. Auch Steuererleichterungen für Unternehmen würden sich in der Stadtkasse bemerkbar machen. „Die Frage ist, zündet man mit den Maßnahmen ein Strohfeuer, das nur kurzzeitig brennt", so Kleinschmidt.
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