Witten. Der Wittener Haushalt 2021 ist offiziell ausgeglichen. Denn Corona-Folgen können isoliert werden. Doch dahinter verbirgt sich ein dickes Minus.

Die Corona-Pandemie hat die Finanzplanung der Stadt Witten gehörig durcheinander gewirbelt. Das wird im Entwurf für den Haushalt des kommenden Jahres deutlich, den Kämmerer Matthias Kleinschmidt am Dienstag (15.12.) in den Rat einbracht hat – „einen Krisenhaushalt“, wie er ihn selbst bezeichnet. Entstanden in „der tiefsten Wirtschaftskrise nach dem Wiederaufbau Deutschlands nach dem Krieg“.

In blanken Zahlen bedeutet das: Im kommenden Jahr rechnet die Stadt mit Einnahmen von 286,4 Mio Euro. Das sind 20 Mio weniger als 2020 und fast 30 Millionen weniger als im Vor-Corona-Jahr 2019. Das liegt vor allem an der drastisch gesunkenen Gewerbesteuer. Nur noch mit 38,2 Mio Euro rechnet der Kämmerer aus dieser Quelle im nächsten Jahr. Ursprünglich sollten es einmal knapp 60 Mio sein.

Stadtkämmerer Matthias Kleinschmidt bringt am Dienstag (15.12.) den Entwurf für den Haushalt 2021 in den Rat der Stadt Witten ein. Das Foto zeigt ihn bei der letzten Ratssitzung vor der Kommunalwahl 2020 im Festsaal der Saalbaus.
Stadtkämmerer Matthias Kleinschmidt bringt am Dienstag (15.12.) den Entwurf für den Haushalt 2021 in den Rat der Stadt Witten ein. Das Foto zeigt ihn bei der letzten Ratssitzung vor der Kommunalwahl 2020 im Festsaal der Saalbaus. © FUNKE Foto Services | Barbara Zabka

Einbrüche gibt es aber auch bei der Einkommensteuer und der Vergnügungssteuer. Bei letzterer gibt es relativ gesehen sogar den größten Rückgang – nämlich um rund die Hälfte.

Gesunkenen Einnahmen stehen in Witten Ausgaben in Höhe von 313 Millionen gegenüber

Den gesunkenen Einnahmen gegenüber stehen Ausgaben in Höhe von 313 Millionen Euro (plus acht Millionen im Vergleich zu 2020). Diese entfallen zum Großteil auf Transfer- und Sozialleistungen (153,5 Mio) und Personalkosten (83,1 Mio). Das Jahresergebnis der Stadt liegt damit rein rechnerisch bei einem Minus von 26,6 Mio.

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Das Land Nordrhein-Westfalen gestattet es seinen Kommunen aber bis 2024, Mindererträge und Mehraufwendungen, die in direktem Zusammenhang mit der Corona-Pandemie stehen, zu isolieren. Auch Witten tut dies. Im Haushalt sind daher auf der Einnahmen-Seite zusätzliche 27,6 Millionen Euro verbucht – der Haushalt ist damit auf dem Papier ausgeglichen und verzeichnet sogar ein leichtes Plus von einer Million.

Kämmerer: „Spielen das Spiel der Isolierung mit“

„Wir spielen das Spiel der Isolierung mit“, sagt dazu Kämmerer Kleinschmidt. Gesamtstaatlich betrachtet bewege man sich damit aber auf einem schmalen Grat. „Die Einbrüche sind größer als in der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/2009.“ Und diesmal betreffe es direkt die reale Wirtschaft – durch Shutdown, Kurzarbeit und mögliche Insolvenzen.

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„Die finanziellen Folgen werden fast zwei Generationen nachwirken“, so der 56-Jährige. Denn die Corona-Ausgaben müssen zwar aktuell nicht in den regulären Haushalt gebucht werden, wodurch dieser vermeintlich ausgeglichen bleibt. De facto müssen die Schulden aber in den kommenden Jahren abgestottert werden. Und der Kämmerer rechnet bis 2024 mit „weiteren Fehlbeträgen von 100 Millionen Euro“.

Weggebrochene Gewerbesteuer wird nicht vollständig ersetzt

„Wir befinden uns in einer zugespitzten Situation“, sagt deshalb der städtische Finanzexperte. Es sei angebracht, nicht panisch, aber mit Sorge in die Zukunft zu schauen. Die Folgen der Corona-Krise könnten die Kommunen nicht alleine bewältigen. So erhält Witten etwa in diesem Jahr von Bund und Land 17,5 Mio Euro als Ausgleich für die weggebrochene Gewerbesteuer. Dennoch bleibt die Stadt damit auf 7,5 Mio Euro sitzen, weil die Einnahmen durch diese Steuer tatsächlich um 25 Millionen zurückgegangen sind.

Im kommenden Jahr gibt es für diese Ausfälle aber gar keine Kompensation mehr. Kleinschmidt appelliert daher an Land und Bund, auch künftig „echtes Geld“ als Rettungsschirm bereitzustellen. Und um überschuldete Kommunen wie Witten langfristig „lebensfähig zu machen“, müsse auch das Thema Altschuldenentlastung wieder auf den Tisch. „Ich sehe da keine Alternative“, so Kleinschmidt.

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Besonders, da im kommenden Jahr auch der Stärkungspakt ausläuft. Zwar hat die neue Landesregierung eine Anschlussregelung versprochen, diese lässt bislang aber auf sich warten. „Es wird so langsam Zeit, wir werden unruhig“, so Kleinschmidt. Denn ohne Stärkungspakt müsste Witten nachweisen, dass es innerhalb von zehn Jahren all seine Altschulden tilgen könnte, um seinen Hauhalt genehmigt zu bekommen. Nicht nur in der aktuellen Situation sei das unmöglich.

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