Sieht aus wie eine Biotech-Firma, ist aber ein Schulgebäude: Der naturwissenschaftliche Trakt der Hardensteinschule in Witten wurde kernsaniert.

100 Millionen Euro für die Sanierung und Modernisierung von zehn oder elf Wittener Schulen bis 2028: Diesen Grundsatzbeschluss haben die Stadtverwaltung – noch unter Bürgermeisterin Sonja Leidemann – und der Rat im Sommer 2018 gesetzt. Nun ist die erste Großbaustelle dieses mit Fördergeldern des Landes bezuschussten Klassenziels abgearbeitet.

Am Montagnachmittag (4.10.) wurde der kernsanierte naturwissenschaftliche Trakt der Hardenstein-Gesamtschule eröffnet. Wo Kinder seit den Sommerferien Physik, Chemie und Biologie lernen, ist ganz klar: ein Quantensprung.

„Ich habe gar nicht gewusst, dass Unterricht auch so gehen kann“, bringt es Schulsprecherin Marisol Gutierrez Herman auf den Punkt. In dem Gebäudeteil fühlt es sich wie in einer Biotech-Firma an. Helle Räume, grüne Drehstühle, aber auch Stehtische, Kabelkanäle oder Steckdosen verlaufen an den Decken. Man erinnere sich: 2017 war der Trakt gesperrt worden, weil im Unterricht Platten von der Decke fielen. Das Gebäude musste komplett neu ertüchtigt werden – was wiederum die Chance barg, vieles zu verändern.

XXL-Flatscreen ersetzt die Kreidetafel

Also wurden Räume und Flure aufgebrochen, „offene Lernlandschaften“ nennt sich dies. Alles ist auf das Lernen mit iPads ausgelegt, die gekoppelt sind mit einem XXL-Flatscreen, der die Tafel ersetzt. Die Biologielehrer Markus Hippert und Margareta Schlingmann zeigen die jüngste Projektarbeit, in der Oberstufenschüler Lernvideos zum Coronavirus gedreht haben. Youtube made in Vormholz.

„Das ist etwas ganz Neues, dass Schüler Medien herstellen, die sie sonst nur konsumiert haben“, sagt Hippert. Weil sie geahnt haben, was nach der Coronazeit an technischen Voraussetzungen auf sie zukommen werde, haben die Lehrer und Lehrerinnen während des Homeschoolings eine Fortbildung gemacht. „Die Schüler nutzen die iPads ganz selbstverständlich. Je höher der Jahrgang, umso mehr Kinder haben auch ein eigenes iPad“, meint Schlingmann.

Aber im Naturwissenschaftstrakt geht es nicht nur digital zu, sondern auch ganz natürlich. Der Clou sind 25 Aquarien, die der Initiative der Biolehrer Alina Knapp und Torsten Ullmer zu verdanken sind. Sie sehen nicht nur schön aus und dienen teils als Raumtrenner. Sie liefern auch den Unterrichtsstoff für Mikroskopie oder Wasserproben. Die Fische füttern übrigens die Mitglieder der Aquaristik-AG – und in den Ferien die Lehrkräfte.

Bekenntnis zum Standort Vormholz

Drei Millionen Euro hat die Sanierung gekostet und fast zwei Jahre lang gedauert. Das Geld stammt aus zwei Landesförderprogrammen, zu 20 Prozent von der Stadt. Bei der offiziellen Einweihung kommen die Besucher aus dem Staunen nicht heraus. „Das ist der Standard, wie Schule heutzutage stattfindet“, sagt der Leiter des städtischen Gebäudemanagements, Klaus Böde. „Da wollen wir mit allen Wittener Schulen hin.“ Die nächste Schule, die eine ähnliches Fachraumzentrum bekommt, ist das Albert-Martmöller-Gymnasium.

„Die Schüler fühlen sich wohl. Der Unterricht erfährt eine ganz andere Wertschätzung“, kann Hardenstein-Direktor Holger Jahnke aus den letzten Wochen berichten. Für ihn und das Kollegium ist das Invest in den Gebäudeteil auch ein Bekenntnis der Stadt zum Standort Vormholz. Schließlich gab es immer wieder Schließungsgerüchte um die Gesamtschule und zuletzt sinkende Anmeldezahlen. Mit dem neuen Lernort kann Hardenstein nun wahrscheinlich punkten – am 4. Dezember ist der Tag der offenen Tür für künftige Fünftklässler. Man kann schon jetzt mutmaßen: Totgesagte leben länger.