Witten. Fast zwei Jahre hat die Kernsanierung der Kämpenschule in Witten gedauert. Jetzt kann das Schuljahr umso schöner starten. Nur die Maske stört.
Eigentlich sollte dieser Mittwoch (18.8.) mit einem rauschenden Fest und einem Tag der offenen Tür beginnen. Doch Corona macht der Kämpenschule in Witten einen Strich durch die Rechnung. Trotzdem wird der Start ins neue Schuljahr ein besonderer: Nach fast zwei Jahren, in denen die Förderschule mit dem Schwerpunkt geistige Entwicklung kernsaniert und teils ausgelagert wurde, ziehen endlich alle gemeinsam ins schicke Gebäude. Das ist kaum wiederzuerkennen.
Brandschutz, Wasserleitungen, Heizung – alles neu. Aber das ist es natürlich nicht, was beim Betreten als erstes auffällt. Es ist der typische Geruch nach frischer Farbe und neuen Möbeln, der sogar durch die Maske dringt. Leiterin Anke Luther (56) und Stellvertreter Tim Baßmann (42) geraten beim Rundgang durch die Räume beinahe ins Schwärmen.
Wichtig für die Wittener Schüler: Gute Akustik und Beleuchtung
Das Foyer wirkt zunächst noch fast wie vorher, doch der Schein trügt: Form und Fußboden blieben erhalten, doch weiße LED-Kugellampen ersetzen die alten Modelle. „Die Designklassiker aus den 70er Jahren hätten wir tatsächlich gerne behalten“, sagt Baßmann. Dafür begeistern ihn die bessere Ausleuchtung und die bessere Akustik, die es nun in allen Räumen gibt. „Gerade für Schüler mit Wahrnehmungsstörungen ist das wichtig.“ Was vorher fehlte, werde einem jetzt erst so richtig bewusst.
Auch wenn der Anteil der Schülerinnen und Schüler mit Körperbehinderung eher gering sei, setzt die Kämpenschule nun auf mehr Barrierefreiheit. Waschtische oder die Kochfelder in der Lehrküche können mit dem Rollstuhl unterfahren werden. Türklinken und Lichtschalter sind niedriger angebracht. Der Aufzug ist breiter und verfügt über eine Sprachansage.
Das Lehrerzimmer ist jetzt riesig
In allen Klassen gibt es nun eine kleine Küchenzeile und neue Schränke in einheitlichem Design. So falle beim Raumwechsel die Eingewöhnung leichter. Alle Fenster können jetzt geöffnet und nicht nur gekippt werden. Das fast 50-köpfige Kollegium darf sich außerdem über ein dreifach größeres Lehrerzimmer mit froschgrüner Sitzecke freuen. Baßmann: „Wir durften viel mitgestalten.“ Nur eine Neuerung, hofft Anke Luther, werde nie zum Einsatz kommen: die Amok-Alarmierung. „Das haben wir neulich geübt und es war ein beklemmendes Gefühl.“
Unübersehbar ist die mediale Entwicklung. Neben der klassischen Kreidetafel hängt nun ein interaktives Display. Das Kollegium wurde mit i-Pads und sonderpädagogischer Software ausgerüstet. Überall – und nicht mehr nur in der Verwaltung – existiert WLAN. Die Digitalisierung hat auch die Kämpenschule „zu 1000 Prozent und im Affentempo“ erreicht, wie Anke Luther sagt.
Aktuelle und geplante Veränderungen
Die Kämpenschule wurde im Auftrag des EN-Kreises für 6,7 Millionen Euro modernisiert. Auf Wunsch der Schule, die in den vergangenen vier Jahren um 40 auf gut 140 Schüler angewachsen ist und aktuell mit 16 neuen Kindern startet, wurde auch die Raumaufteilung verändert.Weitere Veränderungen: neu ausgestattete Bäder zur Pflege der schwerstmehrfachbehinderten Schüler, ein Speisesaal mit mobiler Trennwand und Räume zur Gruppen- und Einzelförderung neben jedem Klassenzimmer.Weitere Lehr- und Werkstatträume sollen bis 2023 hinzukommen, der entsprechende Neubau wird derzeit geplant. Für diese Bauarbeiten wird keine Aufteilung auf zwei Standorte nötig sein.
Die Schüler kämen damit besser klar als gedacht und seien hochmotiviert. Das habe sich bereits beim Distanzunterricht im vergangenen Schuljahr gezeigt. Wobei dieser noch einmal eine ganz andere Belastung für Familien mit Förderschülern bedeutet habe. „Am liebsten“, sagt Tim Baßmann, „hätten wir die Notbetreuung für alle geöffnet“. Und obwohl ihm klar ist, dass an der Digitalisierung kein Weg vorbeigeht, weiß er auch, dass sie eine andere Aufgabe der Förderschule erschwert: „Lernen fürs Leben ist digital nur begrenzt möglich.“
Auch die Maske mache vor allem nicht sprechenden oder autistischen Schülern zu schaffen, die notwendige Distanz jenen, die auf körperliche Impulse und Nähe angewiesen sind. Wie andere Schulen lebt auch die Förderschule von Festen und Feiern, von klassenübergreifenden Aktivitäten – alles gerade nicht möglich. Ebenso wenig die traditionelle Abschlussfahrt nach Berlin. „Für manche die einzige Möglichkeit, jemals eine Großstadt zu sehen“, sagt Anke Luther.
Kämpenschule von Quarantäne und Schließung kaum betroffen
Immerhin: Von Quarantäne und Schließung war die Kämpenschule kaum betroffen. Die Aufteilung auf zwei Standorte während der Renovierung – drei Klassen sind in Witten geblieben, 110 Schüler in die ehemalige Grundschule Schmandbruch in Wetter ausgewichen – sei in der Pandemie eher von Vorteil gewesen. Nun könne sogar wieder der Ganztag angeboten werden, weil alle Risiko-Kollegen immunisiert seien. „Viel Gelassenheit“, das wünscht Anke Luther allen fürs neue Schuljahr.