Witten. Nun ist für alle Schluss. Zwei Monate nach der ersten Kündigungswelle endete Montag die Produktion bei PZW in Witten. Es hieß, Abschied nehmen.
Als hätte Petrus das Drehbuch für diesen Tag mitgeschrieben. Bei strömendem Regen endete am Montag (30.9.) die 60-jährige Geschichte der Firma Galladé (heute PZW) am Esch in Heven. Pünktlich um 14 Uhr verließ mittags die letzte Frühschicht das Werk. Die Stimmung: irgendwo zwischen Trauer und auch Gelöstheit, Gelöstheit vielleicht darüber, dass das Drama nun ein Ende hat.
Es war ein „Abschied mit Ansage“, wie es Elektriker Axel Seliger nennt, der als einer der Ersten herauskommt. Deshalb flossen nicht nur Tränen und man sah auch nicht nur gesenkte Köpfe. Die Kollegen wussten es ja längst, hatte PZW doch schon im August 2018 Insolvenz angemeldet. Zwar glimmte noch mal Hoffnung auf, als die vom Insolvenzverwalter betriebene Investorensuche ernsthaft angegangen wurde. Doch irgendwann, nach vielen Monaten, war klar: Es findet sich kein Käufer für den angeschlagenen Automobilzulieferer.
100 Beschäftigten wurden schon im August gekündigt, die ander Hälfte geht jetzt
Viele der zuletzt noch über 100 Beschäftigten – die andere Hälfte war schon im August gekündigt worden – haben Jahrzehnte in dem Unternehmen gearbeitet und mit PZW schon die zweite Insolvenz erlebt. Axel Seliger, der 20 Jahre dabei war, erinnert sich noch gut an die Firmenpleite von PZW-Vorgänger Galladé im Jahre 2009. „Als PZW 2010 übernahm, war die Substanz ziemlich runtergewirtschaftet. Trotzdem dachten wir, die würden den Laden wieder nach vorne bringen.“
Anfangs galt die Familie Uhde, die aus Galladé das „Press- und Zerspanungswerk Witten“ (PZW) machte, denn auch als Retter. Die Auftragsbücher waren voll und die Kunden, sprich die Automobilhersteller, hielten dem Galladé-Nachfolger zunächst die Treue. Es habe zwar ständig Ausfälle durch kaputte Maschinen gegeben, sagt Seliger. „Aber die fertig gemachte Schmiedepresse lief gut.“
Die Uhdes wurden anfangs als die Retter der insolventen Firma Galladé gefeiert
Trotzdem war oft von Managementfehlern die Rede, sowohl früher bei Galladé als auch später bei PZW. Der Eigentümerfamilie Uhde wurde immer wieder vorgeworfen, Geld aus dem eigenen Unternehmen zu ziehen, selbst dann noch, als es schon rapide abwärts ging. Offenbar wurden auch die nötigen Preise am Markt nicht erzielt. Jedenfalls wollte am Ende keiner mehr Geld in die marode Firma stecken.
An diesem grauen Montag spielt all das keine Rolle mehr. Sebastian Turm (31), der eigentlich schon mit der ersten Welle im August arbeitslos geworden ist, kam heute noch einmal ins Werk, „um alle noch mal wiederzusehen. Schade um die netten Leute, schade um die Firma“, sagt der Ungelernte. Er kam vor neun Monaten zu PZW. Vorher arbeitete er direkt nebenan bei Gero. Er wechselte, weil das Presswerk besser zahlte. Jetzt kann er nicht mehr zurück. Und nun? „Ich mache eine Umschulung zur Fachkraft Metalltechnik.“
Nach 19 Jahren in der Schmiede vielleicht ein neuer Job als Kraft- oder Staplerfahrer
Zwei Männer, die sich irgendwie ähnlich sehen, verstauen gerade zwei große Plastiktüten voller Büchsen im Auto. Ein Döschen Bier durfte jeder trinken, als bei Chili con Carne Abschied gefeiert wurde. Sie haben sich an die alten Zeiten erinnert, sich Fotos angeschaut und einfach geredet. „Ich geh’ mit einem weinenden Auge raus“, sagt Jörg Knodel, der 19 Jahre dabei war und in der Schmiede gearbeitet hat. Immerhin, der 37-Jährige hat schon was in Aussicht, ebenso wie sein Zwillingsbruder Dirk. Der könnte vielleicht was als Kraftfahrer bekommen, Jörg als Staplerfahrer.
Andere wie Elektriker Axel Seliger sind der Rente schon etwas näher. Aber auch er will sich noch einen Job suchen. „Ich möchte mir ja weiterhin mein Auto und meinen Urlaub leisten können.“ Ein Kollege fährt vorbei und hupt. „Viel Glück!“ rufen sie sich zu. Dann ist Galladé (heute PZW) endgültig Geschichte.