Witten. Ist die Böllerei zu Silvester in Witten bald Geschichte? Tatsächlich könnte das der Fall sein. Wer das geplante Verbot im Rat durchgesetzt hat.

Mit einer knappen Mehrheit haben SPD, Grüne, Piraten und ein Vertreter von Bürgerforum+ ein mögliches Aus für die Silvester-Knallerei in der bisherigen Form beschlossen. Die Diskussion, die bereits im Umweltausschuss geführt wurde, flackerte jetzt noch einmal auf.

Knallen nur noch an jeweils einem zentralen Ort in jedem Stadtteil in Witten

Der erste Antrag, das Böllern nicht mehr vor jeder Haustür zuzulassen, war von den Piraten gekommen. SPD und Grüne schlossen sich dem geplanten Verbot in der Sache an und machten daraus einen eigenen Antrag, der jetzt im Rat durchgesetzt wurde – gegen die Stimmen von CDU, FDP, AfD, Linken, WBG und Stadtklima. Rot-Grün und Piraten argumentierten mit weniger Lärm für Mensch und Tier, weniger Müll und der Chance, den Jahreswechsel einmal anders zu feiern. Friedlich und trotzdem nicht ganz raketenfrei.

So soll eingeschränktes Knallen noch möglich sein – an einer zentralen Stelle in jedem Stadtteil. Gleichzeitig wird die Stadt aufgefordert, ein Konzept zu erarbeiten, um „das verbliebene Feuerwerk durch umweltverträgliche Silvester-Events“ zu ersetzen, zum Beispiel „Laser- und Feuershows mit Musikbegleitung“. Markante Gebäude und die Landschaft könnten in ein besonderes Licht getaucht werden und so für eine „festliche“ Stimmung sorgen.

AfD Witten kritisiert „Schluck aus der grünen Verbotspulle“

Das klingt für die Verbotsgegner aber gar nicht mehr nach Feiern. Nach Ansicht von Matthias Renkel (AfD) „atmet das Vorhaben den Geist der Unfreiheit“. Das sei wieder einmal ein „Schluck aus der grünen Verbotspulle“. Konter von Christoph Malz (SPD): „Was eine freiheitliche Gesellschaft ausmacht, müssen wir uns von Ihnen nicht erklären lassen, Herr Renkel.“

Oliver Kalusch von der Linkspartei versteht den Freiheitsbegriff in diesem Zusammenhang anders. „Ich bevorzuge die Freiheit von Lärm und dass Tiere nicht verängstigt werden.“ Den Linken geht der Antrag von SPD, Grünen und Piraten noch nicht weit genug. Elaine Bach von den Piraten bedankte sich im Namen aller Hunde, Katzen, Lamas, Hamster und Eichhörnchen, ach ja, „und aller Bewohnerinnen“ für die Aussicht auf einen Jahreswechsel fast ohne Schwarzpulver.

CDU Witten fragt nach den Kosten: „So ein Feuerwerk kostet 1000 Euro in der Minute“

Tobias Grunwald (CDU) erinnerte daran, dass das Sprengstoffgesetz und damit das Knallen Bundessache sei. „Wir reden über ein Gesetz, dass wir gar nicht beeinflussen können.“ Ein Verbot müsse also per Ordnungsrecht durchgesetzt werden. Wer das kontrollieren solle, fragte der Unionspolitiker, dessen Fraktion den Antrag ablehnte.

Grunwald sieht noch ein Problem: „Auf der einen Straßenseite in Stockum darf ich böllern, weil sie zu Dortmund gehört, und auf der anderen nicht?“ Auch die Kosten seien viel zu hoch. „So ein Feuerwerk kostet mindestens 1000 Euro in der Minute. Bei sieben, acht Stadtteilen mal 15 Minuten sind wir im Hunderttausenderbereich.“ Ironisch brachte er eine „Silvester-Bürgerabgabe“ ins Spiel.

Grüner Fraktions-Vize aus Witten: „Das Abendland geht nicht unter“

Was es denn koste, die Hinterlassenschaften nach der Silvesternacht zu beseitigen, entgegnete Jan Richter von den Grünen. Er erinnerte daran, dass auch Menschen wie Asthmatiker von der alljährlichen Knallerei betroffen seien. Wenn man damit aufhöre, „geht das Abendland nicht unter“. Holger Jüngst (SPD) verteidigte ebenfalls den gemeinsamen Antrag. Man reagiere damit rechtzeitig auf mögliche Gesetzesänderungen auf Bundesebene. Hier ist laut Antrag eine Reform geplant.

Zum Schluss der Debatte ergriff noch Michael Hasenkamp (Stadtklima) das Wort. Ja, jedes einzelne Lebewesen, das beeinträchtigt werde, sei ein „Schadensfall für die Gesellschaft“. Doch statt eines Verbots brauche man die „Einsicht der Menschen, dass das falsch ist“.