Witten. Der Corona-Check hat gezeigt, dass die Wittener mit dem Krisenmanagement von Stadt und Kreis unzufrieden sind. Das sagen die Verantwortlichen.

Wo gilt die Maskenpflicht? Kann ich zum Friseur gehen, ohne vorher einen Test zu machen? Wann öffnen oder schließen die Schulen wieder? In der Corona-Pandemie haben sich oft von heute auf morgen die Regeln geändert. Viele Leserinnen und Leser sind genervt, wütend oder verunsichert darüber, was denn nun jeweils aktuell gilt. Das zeigt die Auswertung unseres Corona-Checks, an dem sich 573 Wittenerinnen und Wittener beteiligt haben.

Auffällig ist, dass die Bürgerinnen und Bürger in Witten mit dem Krisenmanagement des Kreises und der Stadt offenbar unzufriedener sind als Leser in anderen Städten mit ihren Behören. „Wenn ich erlebe, was im EN-Kreis so läuft, wird mir übel“, schreibt zum Beispiel ein Teilnehmer oder eine Teilnehmerin unserer Umfrage. Der Unmut richtet sich auch gegen das Land NRW und die Bundesregierung. „Nur das Impfen, regelmäßiges Testen und vernünftiges Verhalten seitens der Bürger führt aus der Pandemie heraus und nicht die Hü-Hott-Shutdowns einer hilf- und kopflosen Regierung“, lautet eine Reaktion im Corona-Check.

Wer zuständig ist, ist für den Bürger schwer durchschaubar

Auch die Stadt Witten und der EN-Kreis zeigten sich häufiger unzufrieden mit dem Krisenmanagement von Bund und Land. „Unendliche Diskussionen auf NRW-Ebene“ hätten vermieden werden können, wenn das Land einen Krisenstab eingerichtet hätte, sagt Kämmerer Matthias Kleinschmidt vom Stab für außergewöhnliche Ereignisse (SAE) der Stadt Witten. Denn ein solcher Krisenstab sei notwendig für ein koordiniertes Vorgehen und um klare und schnelle Entscheidungen treffen zu können.

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Dass die Wittener frustriert seien, dafür zeigt Kleinschmidt Verständnis. Er weiß aber auch: „Viele Bürger können nicht unterscheiden, wer zuständig ist.“ In Sachen Corona würden „große Entscheidungen“ vom Bund oder vom Land getroffen. Die Stadt werde vor allem in der Umsetzung der Maßnahmen sichtbar. Etwa was die Maskenpflicht angehe. Denn der Angestellte des Ordnungsamts, der die Einhaltung der Regeln kontrolliere, sei eben Mitarbeiter der Stadt Witten. „Wir sind deutlich näher an den Leuten dran“, so der Dezernent – und daher auch schnell der Adressat für Unmut.

Kreis und Stadt üben Kritik am Land NRW

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Zum Beispiel, wenn es mit dem Impfen nicht vorangeht, weil mal Impfstoff vorhanden sei, mal eben nicht. „Da kann aber ein Bürgermeister nichts für“, stellt Kleinschmidt fest. Ein über 80-jähriger Wittener berichtet uns im Corona-Check, dass es rund 1000 Versuche brauchte, um seine beiden Impftermine zu buchen. Und er ist kein Einzelfall. Die Terminvergabe führt immer wieder zu Ärger und Unverständnis bei den Bürgern.

Das ist gut gelaufen in der Pandemie

Michael Schäfer hebt das Impf-Drive-in in Schwelm positiv hervor. „Das ist eine Geschichte, die eigentlich aus der Not geboren ist“, so der Leiter des EN-Krisenstabs. Kurz vor Ostern war klar, dass nach Ostern eine gewisse Menge an Impfstoff verabreicht werden soll. Das Impfzentrum allein hätte das nicht stemmen können, so Schäfer. Also sei innerhalb weniger Tage das Impf-Drive-in aus dem Boden gestampft worden. Und die Resonanz war positiv.

Matthias Kleinschmidt verweist unter anderem positiv darauf, dass in Witten auch während der Pandemie „weiter munter geheiratet werden“ konnte. Auch die Bürgerberatung habe nach der anfänglichen Schließung relativ schnell ihre Arbeit wieder aufnehmen können, so der Brandschutzdezernent.

Zuständig sind hier die Kassenärztlichen Vereinigungen (KV). „Ich kann Ihnen nicht sagen, wie oft wir mit der KV gesprochen haben, dass das nicht funktioniert“, sagt Michael Schäfer, Leiter des Krisenstabs im EN-Kreis. Angesichts der Masse an Menschen, die einen Termin buchen wollten, sei man „sehenden Auges in den Untergang“ gelaufen. „Da hätte das Land eine andere Lösung finden müssen.“

Eines der Hauptprobleme sei die Kommunikation

Die Vielzahl an Regelungen, die sich zum Teil häufig und kurzfristig wieder ändern, tragen Schäfers Auffassung nach nicht dazu bei, „dass die Leute vor Ort wissen: Was gilt jetzt überhaupt“. Der EN-Kreis habe daher viele Pressemitteilungen veröffentlicht sowie auf seiner Website und in der Kreis-App über neue Entwicklungen informiert.

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Auch die Stadt Witten habe die Bürgerinnen und Bürger auf ihrer Internetseite und in den sozialen Medien auf dem Laufenden gehalten, sagt Matthias Kleinschmidt. In der Kommunikation sieht er aber eines der Hauptprobleme. Es sei schwer, alle Leute zu erreichen, etwa wenn jemand keine Zeitung abonniert habe oder keinen Zugang zum Internet habe. Im Nachgang der Pandemie könne man zusammen mit dem EN-Kreis überlegen: „Können wir gemeinsam eine bessere Informationsarbeit leisten?“, so der Beigeordnete.

Aktuell beschäftigt ihn aber ein anderes Thema: Was passiert, wenn die Inzidenz im EN-Kreis stabil unter den Wert 50 fällt? Auf dieses Szenario bereiten sich Stadt und Kreis bereits vor. Und die Chancen auf mehr Lockerungen stehen gut. Bestätigt sich der Trend, könnte es am kommenden Freitag (28.5.) bereits so weit sein.