Witten. Der Stab für außergewöhnliche Ereignisse tagt in der Feuerwache in Witten. Nicht nur während der Pandemie wird hier Lebenswichtiges entschieden.

Einer der wohl wichtigsten Räume in Zeiten der Pandemie befindet sich im zweiten Stock der Wittener Feuerwache. Hier tagt der „Stab für außergewöhnliche Ereignisse“ (SAE). Dessen Mitglieder planen und entscheiden zum Beispiel, wie die Kitas am 8. Juni wieder öffnen können. Kämmerer Matthias Kleinschmidt und Feuerwehr-Chef Mario Rosenkranz haben zum Blick hinter die Kulissen eingeladen.

Jeder Platz in dem Raum, in dem der Stab für außergewöhnliche Ereignisse tagt, verfügt über ein Telefon. Je nach Krisensituation ändert sich die Sitzordnung.
Jeder Platz in dem Raum, in dem der Stab für außergewöhnliche Ereignisse tagt, verfügt über ein Telefon. Je nach Krisensituation ändert sich die Sitzordnung. © FUNKE Foto Services | Olaf Ziegler

Der Orkan Kyrill, die Großbrände im Weichenwerk und beim Autozulieferer Pelzer oder die Flüchtlingskrise: Bei all diesen Ereignissen kam der Stab zum Einsatz. Und jetzt eben bei Corona. „Wir sind aber kein Krisenstab“, stellt Rosenkranz die Begrifflichkeiten klar. Die Funktion eines Krisenstabes im Katastrophenfall liege beim Kreis, während die Städte eben jenen SAE aktivieren, wenn es die Lage erfordert. Im Gremium koordinieren je nach Ernstfall Feuerwehr, Verwaltung und Hilfsorganisationen ihre Arbeit.

Raum in der Wittener Feuerwache ist mit mobilem Mobiliar ausgestattet

Der Raum, in dem lebenswichtige Entscheidungen fallen, ist etwa 120 m² groß und mit mobilem Inventar ausgestattet. Denn außerhalb von Krisenzeiten finden hier auch mal Schulungen statt. Die Tische haben Rollen. Die vier gelben Würfel, die Strom für Telefon und Internet liefern, hängen sonst unter der Decke. Sämtliches Equipment, etwa Namensschilder, ist im Normalfall in graue Kisten verpackt, die in der Ecke stehen. „Wir können das alles mit zwei Leuten in 30 Minuten aufbauen“, sagt Mario Rosenkranz. Anfangs habe das zwei Stunden gedauert.

Im Juli 2015 gab es einen Großbrand im Wittener Weichenwerk
Im Juli 2015 gab es einen Großbrand im Wittener Weichenwerk © Barbara Zabka/ FUNKE Foto Services

15 bis 20 Mitarbeiter von Jugend-, Ordnungs- und Sozialamt sowie Bürgerberatung und Polizei treffen sich hier während der Corona-Krise regelmäßig. Zu Beginn kamen sie dreimal pro Woche bis zu drei Stunden lang zusammen, auch mal samstags oder sonntags. „Die Krise kennt kein Wochenende“, sagt Rosenkranz. Er und Kleinschmidt sind immer dabei, oft auch die Bürgermeisterin, denn sie ist unmittelbar entscheidungsbefugt. Schnelles Handeln und und das sofortige Erteilen von Arbeitsaufträgen stehen hier an erster Stelle. „Die Verwaltung kann in der Corona-Krise also nicht so arbeiten wie sonst“, sagt Kleinschmidt.

Wittens Feuerwehr-Chef: Wir müssen vor die Lage kommen

Damit will er sagen: Sich an hierarchische Dienstwege und übliche Abläufe zu halten, dauert zu lange. Deshalb ist die Feuerwehr, bei der Unvorhersehbares zum Alltag gehört, in diesem Fall der richtige Partner. Und ihr Chef Mario Rosenkranz der ideale Mann vor Ort. Denn er ist außerdem Dozent an der Akademie für Krisenmanagement, Notfallplanung und Zivilschutz in Rheinland-Pfalz und gibt sein Wissen in Schulungen auch regelmäßig an den Wittener Stab weiter. So zum Beispiel, dass „wir manchmal auch unter Unsicherheit Entscheidungen treffen müssen“. Sein Credo: „Wir müssen vor die Lage kommen.“ Doch das ist nicht so leicht.

Bürgermeisterin dankt Beteiligten

Den „Stab für außergewöhnliche Ereignisse“ (SAE) gibt es seit Anfang 2000. Feuerwehr und Verwaltung arbeiten darin Seite an Seite, „denn nicht jede Großschadenslage kann die Feuerwehr alleine regeln“, so deren Leiter Mario Rosenkranz.

„Im SAE ist es uns gemeinsam gelungen, dass in dieser schwierigen und vor allem anfangs auch hektischen Zeit unsere Stadt immer gut vorbereitet und aufgestellt war. Ich danke deshalb allen Beteiligten für ihre konstruktive Zusammenarbeit“, so Bürgermeisterin Sonja Leidemann.

Aktuell ist es die komplette Öffnung der Kitas am 8. Juni, die den Stab besonders umtreibt. Von der erweiterten Notbetreuung erfolgt der Schritt zum stundenreduzierten Regelbetrieb. Das Jugendamt ist also gerade besonders gefragt. Dabei gehe es nicht um eine Großbestellung an Schutzmasken. „Die hatten wir schon“, so Kleinschmidt. Jetzt sei man dabei, mit den Hausärzten den Gesundheitszustand der Kita-Mitarbeiter zu checken – um zu sehen, wie viel Personal tatsächlich verfügbar ist.

Damit nicht genug, sei kurzfristig noch die Nachricht hereingeflattert: „Sorgt für Ferienbetreuung“. Und schließlich stehe nach den Sommerferien unter Umständen die weitere Öffnung der Schulen bevor. Kleinschmidt ahnt: „Es ist nicht absehbar, dass wir den Stab für außergewöhnliche Ereignisse in diesem Jahr wieder auflösen können.“