Witten. Erzieher und Lehrer aus Witten werden früher geimpft. Wegen Bedenken gegen Astrazeneca hält sich die Freude in Grenzen. Kritik von der Polizei.

Die Nachricht, dass Lehrkräfte an Grund- und Förderschulen und Erzieher bei den Corona-Impfungen vorgezogen werden, sorgt in Witten für ein geteiltes Echo. Erleichterung und verhaltene Freude herrscht bei Lehrern und Kita-Personal – aber auch Bedenken gegenüber dem Mittel von Astrazeneca. Die hiesige Polizeigewerkschaft kritisiert die Entscheidung von Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU).

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Lehrer bevorzugt zu impfen und dafür Polizisten nach hinten zu schieben, sei eine „krasse Fehlentscheidung“, teilt die Landesgewerkschaft der Polizei mit. „Dem schließen wir uns voll und ganz an“, sagt Martin Simon, designierter Vorsitzender der Kreisgruppe Bochum, die auch Witten vertritt. Schließlich könnten sich auch Polizisten täglich anstecken. „Ich würde mir wünschen, dass man zweigleisig fährt“, so der Gewerkschafter. Also beide Gruppen zeitgleich impft.

Rektorin aus Witten: Verschobene Impfung ist für Polizisten „ein Schlag ins Gesicht“

„Wer tagtäglich im Wechseldienst draußen unterwegs ist, muss genauso priorisiert werden“, sagt Simon. Aber nicht, wer etwa nur im Innendienst tätig sei. Ähnliches gelte für Lehrer, die auf Distanz unterrichten. Es sollte auch innerhalb der Berufsgruppen differenziert werden, findet der Polizeibeamte.

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„Ich freue mich für meine Kollegen, aber dass wir vor den Polizisten geimpft werden, finde ich fast schon unverschämt“, sagt Susanne Daum, Sprecherin der Grundschulrektoren. Das sei für diese ein „Schlag ins Gesicht“. Schließlich würden Polizisten jeden Tag den Kopf hinhalten.

Zweifel an Impfstoff von Astrazeneca

Auch aus Unsicherheit gegenüber dem Impfstoff von Astrazeneca gehen an der Bruchschule, deren Rektorin Daum ist, die Meinungen zur Impfung auseinander. „Die Kommunikation über die verschiedenen Impfstoffe ist nicht sehr positiv verlaufen“, kritisiert Daum. Auch sei es grenzwertig, vorzuschreiben, welchen Impfstoff die Menschen erhalten. Dennoch hält sie die jetzigen Beschlüsse für ein „wirklich wichtiges Signal“, dass die Belange der Pädagogen gesehen werden.

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Sehr zwiegespalten hat auch Lisa Theis von der Brenschenschule die Neuigkeiten aufgenommen. „Ich freue mich über den Schutz, den ich erhalte, sehe aber auch, dass andere deshalb später dran sind“, so die Lehrerin. Neben den Polizisten, die dadurch nach hinten rücken, denkt die 36-Jährige dabei auch an Berufe wie etwa Kassierer. „Sie sind ja seit Monaten an der Front“, so Theis. „Ich weiß auch nicht, was es mit unserer Gesellschaft macht, wenn nun Gruppen vorgezogen werden.“

Erzieherinnen der ev. Kitas wollen sich fast alle impfen lassen

Beim Evangelischen Kindergartenverbund Hattingen-Witten freut man sich. „Ich finde das sehr positiv“, sagt Ruth Tennié, Leiterin der Kita Krone und Vorsitzende der Mitarbeitervertretung. Schließlich sei es schwer, Abstand und Hygieneregeln im Zusammensein mit kleinen Kindern einzuhalten. „Wir sehen uns als gefährdet an“, so die 61-Jährige.

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Grundsätzlich seien alle der rund 300 Mitarbeiterinnen des Verbundes mit Kitas in Witten, Wetter, Hattingen und Sprockhövel gewillt, sich impfen zu lassen. So hätten auch Eltern bald wieder die Aussicht auf eine zuverlässige Kita-Betreuung. „Die Überlegungen hätten eigentlich viel früher da sein müssen“, kritisiert Tennié. Bislang habe man eher das Gefühl gehabt, in der öffentlichen Diskussionen nicht wahrgenommen zu werden.

Nun sei die Erleichterung zwar da, aber noch nicht sonderlich groß. Denn auch bei den Kita-Erzieherinnen herrscht Verunsicherung wegen des Astrazeneca-Stoffes, etwa wegen der teils starken Impfreaktionen. „Da gab es bislang zu wenig Aufklärung“, findet Ruth Tennié. Und da wäre auch diese Frage: „Es gibt ja wenig Impfstoff, wann sind wir also wirklich dran?“

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