Witten/Ennepetal. Auf das Chaos bei der Vergabe der Impftermine folgt nun Chaos am Impfzentrum. 60 Senioren, auch aus Witten, standen dort vergeblich Schlange.

Schwere Panne im Impfzentrum Ennepetal: Dort warteten am Sonntagnachmittag (14.2.) 60 Menschen, darunter viele Senioren aus Witten, auf ihre Impfung. Sie hatten alle einen Termin um 15.20 Uhr erhalten – obwohl nur drei Impfungen zeitgleich möglich sind. Deshalb mussten sie – alle über 80 – unverrichteter Dinge wieder nach Hause fahren.

„Es war der Wahnsinn“, sagt Nicole Kolster, die mit Schwester Margit ihren gehbehinderten Vater und seine Lebensgefährtin an Ort und Stelle gebracht hatte. Nicht nur die Situation auf dem kleinen Aldi-Parkplatz sei wegen der vielen Autos chaotisch gewesen. „Es hatte sich auch schon eine Schlange vor dem Eingang gebildet. Abstände wurden nicht eingehalten, alte Menschen standen in der Kälte.“

Senior aus Witten: Habe mich gewundert, dass die Schlange so lang war

200 Versuche und zwei Tage hatte Margit Kolster benötigt, bis sie überhaupt telefonisch einen Termin für die beiden ergattert hatte. Sie haben extra einen Sonntag ausgewählt, weil da die Schwestern nicht arbeiten. Jetzt müssen sie das Ganze noch mal neu organisieren. Sie fragt sich vor allem: „Warum ist das Ganze nicht schon bei der Terminvergabe aufgefallen?“

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„Ich hätte nie geglaubt, dass so etwas hier passieren kann“, sagt Gerhard Gabriel. Der 82-Jährige aus Stockum stand selbst in der Schlange und hatte sich schon gewundert, dass so viele Leute dort waren. „Ich fand das ganz schlimm.“

Auch Heinz Gertlowski (83) ist einen Tag später noch immer wütend. „Die lassen uns da einfach in der Kälte stehen. Nicht mal ein Arzt ist gekommen, um zu erklären, was los ist.“ Ein Security-Mann habe mit dröhnender Stimme gerufen, dass keiner von ihnen drankomme. „Dann haben drei Frauen unsere Adressen notiert und gesagt, da sei etwas durcheinandergeraten und wir würden für einen neuen Termin angerufen.“

EN-Kreis: Sind nicht für das Chaos verantwortlich

Der Ennepe-Ruhr-Kreis sei für das Chaos nicht verantwortlich, sagt Sprecher Ingo Niemann. „Wir waren selbst wie vom Donner gerührt, als da 60 Leute quasi ohne Termin vor der Tür standen.“ Man werde nun beim Land zusätzlichen Impfstoff beantragen, damit die betroffenen Senioren in dieser Woche tatsächlich noch geimpft werden können.

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Der Fehler liegt offensichtlich bei der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) und einem Missverständnis bei der Terminvergabe, das zu Beginn aufgetreten ist. Sprecherin Vanessa Pudlo erklärt, was passiert ist: „Bei der Online-Buchung wurden Termine als frei angezeigt. Wenn man diese angeklickt hat, erschien für Bürger die Anzeige ,Termin bereits vergeben’ oder ,Termin bereits gebucht’. Damit war gemeint, dass der Termin nicht mehr zur Verfügung steht.“ Einige Bürger hätten diese Aussage jedoch so aufgefasst, dass sie den Termin selbst erfolgreich gebucht haben.

KVWL: Können nicht ausschließen, dass so etwas erneut passiert

Pudlo: „Diese Darstellung war in der Tat sehr missverständlich und das Problem konnte mittlerweile größtenteils behoben werden.“ Nichtsdestotrotz hätte die geschilderte Problematik nun dazu geführt, dass Bürger das Impfzentrum aufsuchten, weil sie glaubten, einen Impftermin gebucht zu haben. „Das war aber leider nicht der Fall.“ Dass so etwas erneut geschehe, „können wir nicht ausschließen“.

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In Lüdenscheid ist am Sonntag offenbar Ähnliches passiert. Dort waren statt zwölf Terminen für 14 Uhr 100 vergeben worden, schreibt die Westfalenpost. Immerhin: Dort wurden nicht verwendete Impfdosen aus dem Vorrat genommen, um 70 Impfwillige zusätzlich zu impfen. Das war in Ennepetal offensichtlich nicht möglich.

Ersatztermine

Die KVWL bittet um Entschuldigung für die andauernden Schwierigkeiten bei der Impf-Terminvergabe. Es gilt weiterhin, dass Senioren ihre Termine wie geplant wahrnehmen. Sollten im Impfzentrum Unstimmigkeiten auftreten, werden diese vor Ort geklärt.

Die Senioren, die am Sonntag vergeblich zum Impfzentrum gekommen sind, erhalten vom Kreis Ersatztermine. Heinz Gertlowski und Gerhard Gabriel z.B. wurden schon angerufen und sind nun am Mittwoch (17.2.) an der Reihe.

Für eine 97-Jährige vom Sonnenschein jedenfalls sei der Sonntag ein Fiasko gewesen, erzählt ihre Nachbarin Angelika Lendzian. „Diese Odyssee wird ihr schlaflose Nächte bereiten.“ Die Lendzians kamen gerade vorbei, als die alte Dame wieder nach Hause zurückkehrte – ohne Impfung. „Sie war am Boden zerstört, hat gezittert und konnte nichts essen.“ Sie sei so glücklich gewesen, einen Termin bekommen zu haben. Nun wisse sie nicht, ob sie überhaupt die Kraft habe, erneut nach Ennepetal zu fahren.

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