Witten. Seine Mutter ist dement, sitzt im Rollstuhl und lebt im Betreuten Wohnen in Witten. Trotzdem muss sie zum Impfzentrum. Uwe Böhm ist verzweifelt.
Senioren über 80, die in einer Einrichtung des Betreuten Wohnens leben, werden nicht dort im Haus geimpft. Über diese Regelung hat schon Christian Eckelt, Leiter der Seniorenresidenz Breddegarten in Witten, den Kopf geschüttelt. Auch Uwe Böhm hatte sich das anders vorgestellt. Doch nun muss er versuchen, selbst einen Termin für seine 85-jährige Mutter zu bekommen. "Sie ist hochgradig dement und sitzt im Rollstuhl."
Böhms Mutter lebt im Betreuten Wohnen des Pflegedienstes Chelonia an der Brüderstraße nahe der Innenstadt. Bis vor kurzem sei er davon ausgegangen, dass sie durch eines der mobilen Impf-Teams im Ennepe-Ruhr-Kreis in der Einrichtung geimpft würde. "Es ist dort wie in einem Pflegeheim mit Pflegekräften, die sich Tag und Nacht um die Pflegebedürftigen kümmern", beschreibt Böhm die Situation genau wie Eckelt.
Auch in Tagespflegeeinrichtungen in Witten wird nicht mobil geimpft
Böhm wundert sich, dass Bewohner solcher Häuser anders behandelt werden, als jene in stationären Pflegeeinrichtungen. Außerdem besucht seine Mutter mehrmals pro Woche eine Tagespflegeeinrichtung in Witten. Auch dort ist bislang keine Impfung im Haus vorgesehen. Dabei, so Böhm, seien doch da viele alte Menschen auf einmal anzutreffen. Was, so fragt er, wäre einfacher, als sie dort zentral zu impfen? "Da verrennt sich doch jemand in rechtlichen Formalitäten", kritisiert er.
Zumal er gehört habe, dass in Herne die Besucher von Tagespflegeeinrichtungen zentral im Haus geimpft werden. Doch diese Information stimmt so nicht. Ein Anruf dieser Redaktion bei Chelonia an der Bochumer Straße in Herne ergibt: Es sei angedacht, aber es gebe noch keine konkreten Pläne. Ähnlich hatte sich auch Astrid Hinterthür vom Krisenstab EN bereits geäußert. Sie schließt nicht aus, dass mobile Impfteams an einem bestimmten Termin ins Betreute Wohnen kommen - nur eben nicht zeitnah.
EN-Kreis: Setzen nur Impffahrplan aus Düsseldorf um
Das sei nicht etwa die alleinige Entscheidung des EN-Kreises. Man setze damit nur um, was der Impffahrplan aus Düsseldorf vorgebe, heißt es von der Pressestelle des Kreises. Uwe Böhm versteht das alles nicht: "Ziel muss es doch sein, möglichst viele der alten gefährdeten Menschen zu impfen und sie so der Gefahr einer wahrscheinlich tödlich verlaufenden Erkrankung zu entziehen und den Pflegekräften den berechtigten Schutz zu gewähren."
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Böhm will nun versuchen, online einen Impftermin für seine Mutter zu vereinbaren. "Sie müsste dann mittels eines Krankentransportes zweimal von Witten nach Ennepetal und zurück gebracht werden." Die Strecke betrage hin und zurück rund 60 Kilometer, die Fahrtzeit über eine Stunde.
"Ich gehe davon aus, dass die Mitarbeiter des Krankentransportunternehmens jeweils einen halben Tag gebunden sein werden. Das dürfte für fast alle Bewohner der Pflegeinrichtung gelten." Dies stelle einen hohen, auch kostenintensiven Aufwand dar. Böhm: "Ganz zu schweigen von der Belastung für die alten Leute."