Witten. An den Schulen in NRW wird der Präsenzunterricht bis Ende Januar ausgesetzt. Das halten Lehrer und Eltern in Witten davon.

Nun also doch: An den Schulen in NRW wird der Präsenzunterricht bis Ende Januar ausgesetzt. Das kündigte Schulministerin Yvonne Gebauer am Mittwoch (6.1.) nach einer Sondersitzung des Kabinetts an. Für die Klassen 1 bis 6 soll es eine Notbetreuung geben. "Dass die Schulen jetzt wieder ganz zumachen, damit hätte ich nicht gerechnet", sagt Susanne Daum, Leiterin der Bruchschule in Witten.

Als sie über die Medien von der Entscheidung erfuhr, habe sie erst mal ein paar Mails losgeschickt. Denn jetzt heißt es für sie und alle Kollegen wieder: "Ordentlich rödeln und organisieren." Sie gehe davon aus, dass viele ihrer 200 Schüler zur Notbetreuung in die Grundschule kommen werden. Das heißt für die Lehrkräfte: Sie müssen betreuen und gleichzeitig Distanzunterricht vorbereiten.

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Die Ministerin hat deshalb zusätzliches pädagogisches Personal für die Betreuung angemahnt. Aber, sagt Daum, die gemeinsam mit Kollege Andreas Straetling von der Baedeckerschule Sprecherin der Grundschulen in Witten ist, "nicht jede der 17 Schulen hat solch eine Kraft". Schulsozialarbeiter zur Entlastung einzusetzen, auch das sei nicht so einfach. "Die sind bei der Stadt angestellt. Da sind wir nicht weisungsbefugt." Deshalb habe sie schon eine entsprechende Anfrage an die Stadt gestellt.

Lehrerin aus Witten: Das hätte man alles viel früher haben können

Dass spätestens ab Mittwoch (13.1.) alle Kinder von zuhause aus am Unterricht teilnehmen, interpretiert Daum so: "Ich gehe davon aus, dass das bedeutet, dass unsere Kinder und Eltern entsprechendes Lernmaterial in der Schule abholen können." Nicht jede Familie habe die Möglichkeit, Aufgabenblätter auszudrucken.

Details, wie alles zu regeln sei, würden die Schulen aber erst am Donnerstag (7.1.) per Mail erfahren. "Das hätte man doch alles viel früher haben können", ärgert sich Daum über den erneut sehr kurzfristigen Informationsfluss.

So vieles sei noch unklar. Im ersten Schuljahr würde jetzt zum Beispiel die Einführung ins Minus-Rechnen anstehen. Daum: "Wie machen Sie das? Zumal an einer Brennpunktschule? Mit Videos?" Man müsse sich wohl damit abfinden, dass man auf diese Weise zum Beispiel all jene Kinder, deren Eltern der deutschen Sprache nicht so mächtig sind, nicht mehr erreiche. Dennoch wolle sie zumindest dafür sorgen, dass jedes Kind regelmäßig von seinem Lehrer angerufen wird. "Einfach um zu hören: Wie geht es dir?"

Wittener Schulleiter: Schließung einziges effektives Mittel gegen Pandemie

Trotz aller organisatorischen Schwierigkeiten und allem Verständnis für die Familien hält die Pädagogin die mehrwöchige Schließung der Schulen für das einzige Mittel, um der Pandemie effektiv zu begegnen. "Ich habe leicht reden. Ich bin Beamtin, ich kriege mein Geld", schiebt sie gleich hinterher. Doch sie ist mit ihrem Standpunkt nicht allein.

Auch Dirk Gellesch, Leiter des Ruhr-Gymnasiums, befürwortet die Entscheidung des Kabinetts: "Wir sprechen von einer weltweiten Pandemie. Bei aller Tragik, dass meine Kollegen und ich die Schüler nun nicht persönlich sehen, halte ich diese einschneidenden Maßnahmen für richtig."

"Lehrpläne sind nicht unumstößlich. Sie können angepasst werden"

Natürlich bedeute dies einen Eingriff in das gesamte Bildungssystem, würden Lehr-, Versetzungs- und Prüfungspläne über den Haufen geworfen. All das sei jedoch nicht unumstößlich. "Das ist von uns Menschen gemacht und das können wir auch wieder anpassen", sagt Gellesch.

"Wenn ich mir die Zahlen angeschaut habe, dann habe ich geahnt, dass der verlängerte Lockdown kommt", sagt Udo Welschoff. Er ist Schulpflegschaftsvorsitzender am Schiller-Gymnasium und in der glücklichen Lage, den Arbeitstag ohnehin oft im Homeoffice zu verbringen, so dass die zwölfjährige Tochter nicht allein zuhause sei. Die sehne sich im Übrigen danach, in die Schule gehen zu können, sei aber einsichtig.

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"Meine Familie trifft das also nicht wirklich." Er wisse aber, dass viele Eltern extrem unzufrieden seien, vor allem mit den zeitlich knappen Entscheidungen: "Eltern brauchen Planungssicherheit und nicht jede Woche neue Maßnahmen." Schulen wiederum müsse die Möglichkeit zugestanden werden, flexibler reagieren zu können. "Die räumliche Situation an den drei Gymnasien etwa ist grundverschieden", nennt Welschoff ein Beispiel. "Manchmal", sagt der Vater, "fehlen mir wirklich die Worte".

Letztlich seien die Kinder die Leidtragenden, so Grundschulsprecherin Susanne Daum. Was jetzt an Bildungsarbeit verloren gehe, "wird uns noch Jahre beschäftigen". Dirk Gellesch versucht einen positiven Gedanken zu formulieren: "Im Gegensatz zur Situation im ersten Lockdown ist mit Blick aufs Impfen jetzt zumindest ein Ende absehbar."

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