Witten. Lydia Rogall hat schon 1968 bei Horten in Witten gearbeitet. Die heute 93-Jährige erinnert sich gerne zurück – auch an ein Geschenk des Chefs.

52 Jahre sind vergangen, seit Lydia Rogall ihren ersten Arbeitstag bei Horten in Witten antrat. „Bitte melden Sie sich am 2.09. in unserer Tiefgarage“, hieß es in einem Schreiben des Kaufhauses. Dort wurden dann Regale geputzt, Aufgaben verteilt – eben alles vorbereitet für die Eröffnung am 3. Oktober 1968.

Lydia Rogall war damals 41 Jahre alt. Etwa vier Stunden am Tag arbeitete sie im Supermarkt, der sich in der unteren Etage befand. Es gab Mitarbeiter in den Bereichen Sortieren, Auszeichnen und Auffüllen. Die Wittenerin gehörte zum Team „Auszeichnen“. Später wechselte sie zum Obst, wurde Springerin, half auch mal beim Fisch aus, „obwohl ich die Fische gar nicht auseinanderhalten konnte“, sagt sie und lacht.

Mit 60 Jahren war für Frauen bei Horten in Witten Schluss

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Die heute 93-Jährige ist traurig, dass ihre ehemalige Arbeitsstätte, die heute Galeria Karstadt Kaufhof heißt, am Freitag, 16. Oktober, schließen wird. „Ich muss eigentlich noch mal hin.“ 19 Jahre hat Lydia Rogall bei Horten in Witten gearbeitet. „Bis ich 60 wurde. Da war damals für Frauen Schluss.“

Besonders gerne denkt sie an die „freundliche, nette Atmosphäre unter den Kollegen“ zurück. Sie erzählt von Fronleichnam, als man gemeinsam mit dem Bus nach Hannover gefahren ist, von einem Ausflug nach Holland. „Auch eine Weinprobe am Rhein haben wir mal gemacht.“ Lange habe sie mit ihren Kollegen noch Kontakt gehalten.

500 DM als Dankeschön von Kaufhaus-Chef Helmut Horten

19 Jahre lang hat Lydia Rogall bei Horten an der Bahnhofstraße in witten gearbeitet.
19 Jahre lang hat Lydia Rogall bei Horten an der Bahnhofstraße in witten gearbeitet. © Davide Bentivoglio

In Erinnerung geblieben ist ihr auch Kaufhaus-Chef Helmut Horten persönlich. „Herr Horten ging durch den ganzen Laden und hat sich alles angesehen.“ Als mittelgroßen Mann beschreibt sie ihn und: „Er war immer sehr freundlich.“

Zu seinem 70. Geburtstag bekamen die Mitarbeiter, die von 1969 bis zum runden Geburtstag Hortens im Jahre 1979 im Unternehmen beschäftigt waren, 500 DM geschenkt. „Sowas gibt es heute, glaube ich, auch nicht mehr“, sagt Lydia Rogall.

Sie und ihr Mann sind 1952 nach Witten gekommen. „Mein Mann hat beim Gussstahl-Werk gearbeitet.“ Und sie? „Ich bin eigentlich vom Bauernhof in Ostpreußen“, erzählt die 93-Jährige.

Früher gab es mehr Geschäfte an der Bahnhofstraße in Witten

Nach ihrer Hauswirtschaftslehre arbeitete sie auf Gutshöfen in Schleswig-Holstein. Dann kamen Hochzeit, zwei Kinder und dann – Horten. Sie und ihr Mann hatten sich ein paar Jahre zuvor eine Eigentumswohnung in Witten-Heven gekauft. Und die war noch nicht abbezahlt. „Ich wollte ein bisschen Geld dazuverdienen“, sagt Lydia Rogall.

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In Witten habe sie sich von Anfang an wohlgefühlt, erinnert sich die einstige Verkäuferin zurück. Eine Umstellung war es anfangs aber dennoch. „Immer wenn die Straßenbahn quietschte, war ich wieder wach.“ Auch die Stadt habe sich verändert. Sohn Jürgen habe noch in den Trümmern der Gedächtniskirche gespielt. Es habe damals viel mehr Geschäfte gegeben.

Und auch bei Horten habe sich einiges getan. Nicht nur, dass der Name wechselte. Der Supermarkt, Ort so vieler ihrer Erinnerungen, hat geschlossen, und es seien heute „zu wenig Verkäufer“, sagt Lydia Rogall. „Die Beratung war früher besser.“ Sie selbst hat oft bei Horten eingekauft. Einen Teppich, ein Minikleid, Gardinen – „die habe ich immer noch“ – und natürlich im Supermarkt.

Halbe Hähnchen zum halben Preis haben bei Horten in Witten Menschen angelockt

Lydia Rogall (93) hat ihre Lebensgeschichte aufgeschrieben. Ihr Neffe hat daraus ein Buch gemacht.
Lydia Rogall (93) hat ihre Lebensgeschichte aufgeschrieben. Ihr Neffe hat daraus ein Buch gemacht. © FUNKE Foto Services | Barbara Zabka

An den Hotdog-Stand vor dem Eingang erinnert sie sich – anders als viele andere WAZ-Leser – nicht mehr, wohl aber an die halben Hähnchen. „Die Menschen warteten, bis es halb sieben wurde“, erinnert sich Lydia Rogall. Dann gab es die Hähnchen nämlich zum halben Preis.

Sie wird ihre Zeit bei Horten in guter Erinnerung behalten, die „Spannung“, wenn die Kunden kamen, die gemeinsamen Frühstückspausen in der Cafeteria und die Neugier, wenn sie die Rolltreppe vom Supermarkt aus hochfuhr: „Mal gucken, was es alles gibt.“

Am Freitag wird das Warenhaus, der heutige Kaufhof, die Bahnhofstraße in Witten für immer verlassen. Wie viele Wittener bedauert das auch Lydia Rogall: „Hoffen wir mal, dass sie etwas finden für unser Horten.“

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