Witten. Bus an Bus steht auf dem Betriebshof der Bogestra am Crengeldanz in Witten. Alle Räder stehen still. Worum geht’s bei diesem erneuten Warnstreik?
Ein Bus versperrt halb die Einfahrt, hier kommt keiner mehr rein oder raus. Ein großes Schild klebt auf dem Fahrzeug: „Warnstreik!“ Doch wer auf dem Betriebshof der Bogestra am Crengeldanz jetzt kampferprobte Busfahrer erwartet, die sich am offenen Feuer wärmen und entschlossen gucken, wird enttäuscht. Stattdessen: tote Hose und Nieselregen.
Betriebsrat Thomas Zander (52) ist schon lang dabei. Er bedauert es, dass die Streikenden nicht wie sonst zusammenkommen, Kaffee trinken, sich austauschen, später vielleicht eine Wurst auf den Grill schmeißen. Warnstreik in Corona-Zeiten. Bitte halten Sie Abstand.
Auszubildende in Witten: „Wir müssen für unsere Rechte kämpfen“
Trotzdem, den ein oder anderen trifft man dann doch. Sie müssen ja zum Unterschreiben vorbeikommen, sonst gibt’s keine Kohle von Verdi. Die Bogestra wird komplett bestreikt, sie hat sozusagen dicht gemacht. Wer heute die Busse im Stadtgebiet vermisst, hier sind sie, geparkt in langen Reihen. 184 Fahrer streiken, die sonst allein Witten bedienen. Charline (20) ist im dritten Ausbildungsjahr und bald fertig. „Wir müssen für unsere Rechte kämpfen“, sagt die angehende Busfahrerin.
Nein, schlecht geht es den Beschäftigten der Bogestra nicht. Das sagen sie selbst, auch im Vergleich zu anderen regionalen Nahverkehrsunternehmen und bundesweit. Charline wird nach ihrer Ausbildung zirka 2500 Euro brutto verdienen, bei 30 Tagen Jahresurlaub und einem 13. Gehalt. Deutlich über 3000 Euro wird sie später aber nicht mehr hinauskommen.
Nicht alle Bogestra-Beschäftigte stehen voll hinter dem Streik in Witten
Bei diesem Streik geht es unter anderem darum, niedrigere Entgeltgruppen an höhere anzugleichen. Eine Forderung, die manche Streikende auch kritisch sehen, jetzt, in Corona-Zeiten. „Viele kämpfen ums Überleben, während wir noch ein relativ sicheres Einkommen haben“, sagt ein Bogestra-Beschäftigter, der seinen Namen nicht nennen will. Nun, er ist schon 30 Jahre dabei, und kommt noch in den Genuss der guten Altverträge.
„Die Leute haben geklatscht, als wir während des Lockdowns gefahren sind, und jetzt sollen wir leer ausgehen?“ sagt dagegen Betriebsrat Thomas Zander. Die Arbeitgeber hätten den Manteltarifvertrag gekündigt und wollen laut Verdi nicht über einen bundesweiten Rahmentarifvertrag für die knapp 90.000 Beschäftigten im kommunalen Nahverkehr eintreten. Es geht bei diesem Streik aber um den gesamten öffentlichen Dienst, auch um die Erzieherin in der Kita oder die Krankenschwester. Verdi fordert unter anderem 4,8 Prozent mehr Lohn (mindestens 150 Euro/Monat) und mindestens 100 Euro mehr für Azubis, Studierende und Praktikanten.
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