Witten. Die AfD tritt dieses Jahr in Witten zur Kommunalwahl an. Ihr Wahlkampf lief bislang eher im Stillen ab. Was will die Partei in Witten ändern?
Die Alternative für Deutschland (AfD) tritt in diesem Jahr erstmalig auch bei den Kommunalwahlen in Witten an – mit einer Reserveliste und Direktkandidaten in allen 25 Wahlbezirken. Spitzenkandidat ist der Wittener Matthias Renkel. Auch für den Kreistag, in den die Rechtspopulisten nach 2014 ein zweites Mal einziehen wollen, steht der Kreissprecher auf Platz eins der Reserveliste. Einen Bürgermeisterkandidaten schickt die Partei hingegen nicht ins Rennen.
Das habe vielfältige Gründe, sagt Renkel. So wolle man etwa „zu aus unserer Sicht durchaus geeigneten Kandidaten anderer Parteien nicht in unnötige Konkurrenz treten“. Wer das in Witten ist, präzisiert der Diplom-Kaufmann nicht. Ein Partei-Kollege macht allerdings auf Facebook für einen bekannten Kandidaten aus dem rechts-konservativen Lager Werbung.
AfD verzichtet im Wahlkampf in Witten weitgehend auf Plakate
Als politische Neulinge auf kommunaler Ebene rechne man sich realistischerweise auch keine Chancen auf den Bürgermeisterposten aus, so Renkel weiter. Daher wäre es aus Sicht der Partei nur bedingt sinnvoll, „den Menschen ein solches Angebot zu unterbreiten, für das die Zeit noch nicht gekommen ist“.
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Aber auch ohne Kandidaten sind die Rechtspopulisten bislang im Wahlkampf nicht groß in Erscheinung getreten. So hängen in der Stadt etwa keine Plakate der Partei. Man halte diese generell für ein „anachronistisches Werbemittel“, sagt Spitzenkandidat Renkel. Zudem seien sie „in unserem Fall oftmals Vandalismus ausgesetzt“. Daher verzichte man weitestgehend darauf. Einige wenige werde man in Witten aber noch anbringen.
Spitzenkandidat der AfD in Witten erst kürzlich wegen übler Nachrede verurteilt
Ein Streit um abgerissene Plakate der AfD endete erst kürzlich – zumindest vorübergehend – vor Gericht. Renkel hatte im letzten Jahr während des Europawahlkampfes in einem Internet-Post auf Facebook und auf der Homepage der Partei behauptet, Pirat Roland Löpke sei „mutmaßlich auf frischer Tat“ dabei erwischt worden, wie er AfD-Plakate auf der Ruhrbrücke in Herbede entfernt habe. Dafür wurde Renkel Anfang August wegen übler Nachrede vom Amtsgericht Witten verurteilt. Der AfD-Mann selbst bewertet das Urteil als „nicht nachvollziehbar“ und will dagegen Rechtsmittel einlegen.
Im Wahlkampf setzt seine Partei hauptsächlich auf die sozialen Medien wie Facebook und Twitter. Man habe dort sehr viele Abonnenten, sagt Renkel. „Für uns ist es damit naheliegend, dass wir unsere potenzielle Wählerschaft nicht primär mit Plakaten am Straßenrand, sondern über klare Botschaften in den Sozialen Netzwerken erreichen.“
AfD will „sichere Heimat statt ‘sicheren Hafen’“
Doch was will die Partei bewegen, die den Wahlsonntag auf ihrer Homepage „zum Tag der Abrechnung“ erklärt? Ein Maßnahmenpaket unter dem Titel „Schluss mit dem Niedergang unserer Stadt“ hat die Partei am Dienstagnachmittag auf ihren Kanälen geteilt. Nach Auffassung der AfD müssten „quasi sämtliche Bereiche städtischen Wirkens auf den Prüfstand gestellt werden“. An erster Stelle steht dabei für sie die „Sicherheitslage in der Innenstadt“.
Partei holte 9,1 Prozent bei Europawahl
Bei der Europawahl im Mai 2019 holte die AfD in Witten 9,1 Prozent aller Stimmen und wurde damit viertstärkste Kraft hinter Grünen, SPD und CDU. Fünf Jahre zuvor holte die Partei bei der Kommunalwahl auf Kreisebene 3,6 Prozent der Stimmen und erhielt damit zwei Sitze im Kreistag.
Neben Witten tritt die AfD noch in Gevelsberg und Herdecke für den Stadtrat an. In Ennepetal hat sie keine Liste aufgestellt. Die beiden Mitglieder der dortigen aktuellen Ratsfraktion haben Ende Juli ihren Austritt aus der Partei erklärt – denn die AfD habe „in den Gliederungen, denen wir angehören, alle die Unarten angenommen, die der Bürger zurecht an Parteien und Politik kritisiert – Parteispendensumpf, Gefälligkeiten, Arroganz der Macht und Unehrlichkeit nach innen und außen“. Zudem werde der EN-Kreisverband „diktatorisch, selbstherrlich und wie die Gesamtpartei Mitglieder verschleißend“ geführt, schrieben die beiden in einem Abschieds-Statement.
Witten solle „sichere Heimat statt ‘sicherer Hafen’“ sein, heißt es auf einem Flyer der Partei – unter Bezug auf die Initiative „Seebrücke“, die zusätzliche Flüchtlinge in der Stadt aufnehmen will. Zuwanderung und Asyl müssten wieder klar voneinander getrennt werden, fordern die Populisten, ebenso die Abschiebung der geduldeten Ausländer in der Stadt konsequent durchgesetzt werden. Die Partei möchte den Hebesatz auf die Grundsteuer drastisch senken. Wie das finanziert werden soll, bleibt allerdings unklar.
Nach den Aufstellungsversammlungen des AfD-Kreisverbandes für Witten lobte Renkel die „tolle Mannschaft“. Auf Platz zwei der Liste bewirbt sich Jan Eickelmann um einen Sitz im Rat. Der 31-Jährige ist stellvertretender Bezirkssprecher der Jungen Alternative Arnsberg, der Jugendorganisation der Partei. Diese hatte der Verfassungsschutz in seinem Bericht vom letzten Jahr als Verdachtsfall eingestuft, weil er in ihr extremistische und verfassungsfeindliche Bestrebungen sieht.
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