Witten. Wegen übler Nachrede ist Matthias Renkel zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Der Richter sagte, der AfD-Mann habe „großen Schaden“ angerichtet.
Matthias Renkel hat den Vorsitzenden der Wittener Piraten-Fraktion zu Unrecht im Internet beschuldigt, AfD-Plakate abgerissen zu haben. Wegen übler Nachrede wurde der AfD-Kreissprecher daher am Donnerstag (6.8.) vom Amtsgericht Witten zu einer Geldstrafe von 3000 Euro verurteilt.
Angeklagt worden war Renkel, der auch Spitzenkandidat seiner Partei bei der kommenden Kommunalwahl ist, wegen Verleumdung und falscher Verdächtigung. In einem Internet-Post auf Facebook und auf der Homepage der Partei hatte er Ende April letzten Jahres behauptet, Roland Löpke sei „mutmaßlich auf frischer Tat“ dabei erwischt worden, wie er AfD-Plakate auf der Ruhrbrücke in Herbede abgerissen habe. Zeugen hätten ihn dabei beobachtet.
AfD-Mann schrieb von „kriminellen Machenschaften“
Die Tat zeige, „welch Geistes Kind“ die Piraten seien, schimpfte Renkel in dem wütenden Post und schrieb von einer „Gefahr für die Demokratie“ und „kriminellen Machenschaften“. Das sah das Gericht grundsätzlich anders. Nach einem langen und zähen Prozesstag beschied der Vorsitzende Richter Felix Brelinger, der Internet-Beitrag gegen die Piraten sei eine ehrenrührige Tatsachenbehauptung – und damit strafbar.
Allerdings: Verurteilt worden ist Renkel schließlich nicht wegen Verleumdung, sondern „nur“ wegen übler Nachrede. Denn Verleumdung setzt – anders als üble Nachrede – voraus, dass der Angeklagte wider besseren Wissens gehandelt hat. Doch daran hatte das Gericht Zweifel. Denn ein Passant hatte Renkel an dem Tattag angerufen und ihm berichtet, dass die AfD-Plakate abgerissen worden und die Piraten gerade dabei seien, ihre Plakate aufzuhängen.
Aus diesem Telefonat hätte der AfD-Mann eventuell schließen können, dass Löpke auf frischer Tat ertappt worden ist, so das Gericht und entschied im Zweifel für den Angeklagten und die mildere Verurteilung.
Staatsanwalt: „AfD hat sich in die Opferrolle gestellt“
Dennoch: Der angerichtete Schaden sei groß, führte Richter Brelinger in seiner Urteilsbegründung aus. Die üble Nachrede könne einem Politiker wie Roland Löpke „lange anhaften“. Auch Staatsanwalt Thomas Faber hatte in seinem Plädoyer von einem „gravierenden Vorfall“ gesprochen. Renkel habe den Vorfall auf der Herbeder Brücke „richtig schön ausgeschlachtet und sich in die Opferrolle gestellt“. Mit seinem Facebook-Post habe der AfD-Mann die Reputation eines Menschen kaputt gemacht. „So geht es einfach nicht, so ein Gerücht kann das Ende für ein politisches Leben sein“, sagte Faber. „Politik muss man auf anderen Wegen machen.“ Er forderte daher eine Geldstrafe von 5400 Euro.
Renkels Verteidiger Knuth Meyer-Soltau setzte bis zum Schluss auf einen Freispruch für seinen Mandanten. Mehrfach versuchte er, das Verfahren mit Anträgen zu stoppen. Die Anklageschrift sei mangelhaft, bemängelte er gleich zu Beginn. Nach dem Hinweis des Richters, dass statt einer Verurteilung wegen Verleumdung auch eine wegen übler Nachrede in Frage kommen könnte, wollte der Anwalt das Verfahren aussetzen lassen, weil die Verteidigung darauf nicht vorbereitet sei. Als auch dieser Antrag abgewiesen wurde, lehnte Meyer-Soltau den Richter wegen möglicher Befangenheit ab – allerdings ebenfalls vergeblich.
Verfahren gegen Löpke wurde Ende 2019 eingestellt
In seinem Plädoyer ließ Meyer-Soltau noch einmal Zweifel daran aufkommen, ob Löpke nicht doch die Plakate abgerissen habe. Ein entsprechendes Verfahren gegen den Chef-Piraten war allerdings schon Ende letzten Jahres von der Staatsanwaltschaft eingestellt worden – wegen fehlenden Tatverdachts. „Nur weil die Staatsanwalt kein Verfahren eröffnet, heißt es ja nicht, dass die Behauptungen nicht wahr sind“, führte der Anwalt aus. Der Zeuge habe schließlich gesehen, dass zwei AfD-Plakate genau dann verschwunden wären, als die Piraten auf der Brücke waren. „Da kann man ja schon mal auf den Gedanken kommen.“ Auch der Angeklagte betonte in seinem Schlusswort noch einmal: Er sei nicht der Verleumder, sondern der Verleumdete.
Zweiter Richter prüft den Antrag
Der am Mittag gestellte Befangenheitsantrag – eher eine Seltenheit bei einem Verfahren am Amtsgericht – musste von einem zweiten Wittener Richter bearbeitet werden. Welcher Kollege zuständig ist, wird vom Gericht festgelegt.
Durch die Prüfung des Antrags wurde die Verhandlung am Nachmittag für knapp zwei Stunden unterbrochen.
Dieser Argumentation schloss sich das Gericht nicht an. Der Zeuge habe eben nicht mit eigenen Augen gesehen, dass Löpke sich an den Plakaten zu schaffen gemacht habe. Das Verfahren habe im Gegenteil ergeben, dass die Beschuldigungen Renkels an die Adresse des Piraten nicht wahr seien. Nach Ansicht des Gericht habe es sich daher ohne Zweifel um üble Nachrede gehandelt.
Auch interessant