Witten. In Witten kann man seinen Sperrmüll kostenlos abholen lassen. Wer selbst zum Wertstoffhof fährt, muss zahlen. Uwe Kemper findet das ungerecht.
Uwe Kemper fühlt sich ungerecht behandelt. Im November hat der 60-Jährige das Zimmer seines erwachsenen Sohnes aufgelöst. Den Sperrmüll wollte er von der Stadt abholen lassen. Da ihm erst ein Termin im Januar angeboten wurde, brachte er das nicht mehr benötigte Mobiliar kurzerhand selbst mit einem Anhänger zum Wertstoffhof der AHE am Bebbelsdorf. Bezahlen musste er dafür knapp 90 Euro.
„Ich verstehe das nicht. Ich habe der Stadt damit ja Arbeit abgenommen“, sagt Kemper. Sein Nachbar hingegen habe vom Betriebsamt einen Berechtigungsschein erhalten, als er die Wohnung seiner Mutter auflöste, die in ein Pflegeheim zog. Damit konnte der ihre gesamte Einrichtung kostenlos zur Umladeanlage in Stockum bringen.
Wittener Betriebsamt lässt täglich 30 bis 39 Haushalte pro Tag abfahren
„Wenn die Stadt kostenlos den Sperrmüll abholt, warum kann ich als Bürger dann nicht auch einmal im Jahr eben diesen Sperrmüll selbst zur Deponie bringen“, fragt sich Kemper. Generell kann jeder Wittener Haushalt einmal pro Jahr sein Sperrgut vor der Haustür abholen lassen, ohne zu zahlen. 30 bis 39 Haushalte klappert das Betriebsamt im Schnitt am Tag ab und sammelt Sperrmüll ein – insgesamt 8000 Haushalte im Jahr.
Wer seine ausrangierten Möbel und Teppiche selbst zu den Deponien des EN-Kreises bringt, zahlt pauschal 20 Euro, wenn er mit dem Auto kommt. Wird der Sperrmüll allerdings in einem Kleintransporter – oder wie im Fall von Uwe Kemper – mit einem Anhänger transportiert, geht es nach Gewicht. 175 Euro pro Tonne werden fällig. Kemper hat vom EN-Kreis nun einen Gebührenbescheid über 86 Euro erhalten.
Berechtigungsschein nur für absolute Ausnahmefälle
Das Betriebsamt stelle einen Berechtigungsschein zur kostenlosen Anlieferung von Sperrmüll nur für absolute Ausnahmefälle aus, Vize-Amtsleiter Thomas Bodang, bei der Stadt zuständig für Abfallentsorgung. „Dazu zählen Sterbefälle, wenn jemand ins Heim kommt oder aus der Wohnung fliegt.“ Die Zahl dieser Scheine sei begrenzt. „Sonst haben wir da keinerlei Kontrolle mehr“, fürchtet Bodang.
Elektrogeräte können kostenfrei abgegeben werden
Die Umladeanlage im Bebbelsdorf verarbeitet den angelieferten Sperrmüll nicht selbst. Die AHE sortiert dort nur das Sperrgut. Dann geht es für das aussortierte Mobiliar über den Verband Eko-City weiter nach Bochum.
Auch für die Abgabe von Bauschutt, Grünabfällen und Reifen berechnet der EN-Kreis eine Gebühr. Kostenlos abgegeben werden können am Bebbelsdorf neben Papier, Pappe und Kunststoff auch Elektro- und Metallschrott, Styropor und Problemabfall wie Farben, Lacke und Chemikalien.
Termine für die Sperrmüll-Abholung vergibt die Stadt unter 02302/5811234 oder online auf www.witten.de/willkommen-in-witten/sperrgut/. Die durchschnittliche Wartezeit beträgt etwa vier Wochen.
Denn die Stadt müsse jede Einzelanlieferung mit dem Kreis abrechnen und jeden Lieferschein der AHE überprüfen. „Diesen organisatorischen Aufwand könnten wir gar nicht stemmen“, sagt der Abfallexperte. Wird der Sperrmüll abgeholt und vom städtischen Fahrzeug zum Wertstoffhof gebracht, kann die Stadt in Summe abrechnen. An den Kosten der Entsorgung sind die Bürger schon über die Müllgebühren beteiligt.
Stadt Witten zahlt dem Kreis 170 Euro pro 1000 Kilo Sperrmüll
Die Stadt muss dem Kreis pro 1000 Kilo Sperrmüll in diesem Jahr 170 Euro überweisen. Bringen Bürger ihren Sperrmüll privat zu einer Deponie, profitiert davon der Kreis, der auch die Gebühren erhebt. Diese sind schon lange in der Kritik. So müssen Bürger im EN-Kreis etwa auch für Grünabfälle zahlen, in anderen Städten ist das kostenlos. Auch was Sperrmüll angeht, verfahren benachbarte Städte anders. In Bochum etwa nimmt der dortige Entsorger USB an seinen Wertstoffhöfen auch Sperrmüll kostenlos an.
Im Gegensatz zu anderen Städten ist die jährliche Sperrmüllmenge in Witten in den vergangenen Jahren nicht gestiegen. „Die Zahlen sind seit 1997 relativ konstant“, sagt Thomas Bodang. Im Schnitt kommen in der Ruhrstadt rund 3200 Tonnen zusammen. Seit 1995 holt das Betriebsamt den zusätzlichen Müll auf Bestellung ab. Davor fuhr das Fahrzeug in regelmäßigen Abständen die einzelnen Straßen ab.