Witten. Witten hat Bußgelder nicht wie andere Revierstädte erhöht. Das bringt auch nicht viel, denn Umweltsünder werden selten auf frischer Tat ertappt.

Die meisten Städte im Ruhrgebiet haben ihre Bußgelder saftig erhöht. Nicht so Witten. Dabei würde das mancher Bürger durchaus begrüßen – damit es sauberer wird in der Stadt. „Ein Spaziergang durch Innenstadt und Randgebiete offenbart die tägliche Vermüllung an den immer gleichen Ecken“, ärgert sich Ute Biermann aus Stockum. „Kippen, Kaugummis, Pappbecher, Verpackungen und andere Hinterlassenschaften soweit das Auge reicht.“

Kippen und Hundehaufen: Diese Hinterlassenschaften waren am Donnerstag (24.10.) auf einem Baumbeet an der Steinstraße zu finden.
Kippen und Hundehaufen: Diese Hinterlassenschaften waren am Donnerstag (24.10.) auf einem Baumbeet an der Steinstraße zu finden. © Unbekannt | Barbara Zabka / FUNKE Foto Services



Dennoch hält die Stadt ihre Bußgelder für ausreichend. „Wir sind keineswegs zögerlich, wenn es darum geht, Bußgelder zu erhöhen“, sagt Tobias Hahn, zuständiger Sachgebietsleiter beim Ordnungsamt. „Wir waren zum Beispiel eine der ersten Kommunen in NRW, die überhaupt ein Bußgeld für zurückgelassene Hundehaufen erhoben haben.“ Das sei aber schon einige Jahre her. Jetzt zahlt 125 Euro plus 32 Euro Gebühren, wer die Hinterlassenschaften seines Lieblings auf Bürgersteig oder Wiese liegen lässt.

Kaugummi kann man in Witten am günstigsten auf die Straße spucken

Damit liegt Witten tatsächlich an der Spitze im Revier. In Essen etwa werden Hundehaufen selbst nach der Erhöhung nur mit 100 Euro geahndet, in Dortmund mit 75 (vorher gar nicht) und in Gelsenkirchen mit 25 Euro. Dafür ist es in Witten am günstigsten, Kippen achtlos wegzuschnippen oder Kaugummi auf die Straße zu spucken: In diesen Fällen werden 20 Euro Verwarngeld fällig. Essen geht da ganz rigoros vor: Beides kostet 100 Euro.

„Man muss aber schon die Verhältnismäßigkeit sehen“, sagt Tobias Hahn. Und das Entscheidende sei: „Man muss die Verursacher auf frischer Tat ertappen.“ Und genau das sei schwierig. Und das, obwohl das Ordnungsamt durchaus in der Lage ist, mehr Präsenz in der Stadt zu zeigen. Denn statt nur noch sechs, seien dem kommunalen Ordnungsdienst inzwischen zehn Mitarbeiter zugeordnet. „Und die machen auch Spätschichten.“ So geschehen offenbar am vergangenen Samstag (19.10.), als das Festival „Kulturschock“ in der City stattfand.

Nach dem „Kulturschock“ gab’s ein Bußgeld für parkende Musiker

Michael Machnik, selbst gerade zur Kneipennacht unterwegs, hat beobachtet, wie zwei Musiker gegen 20 Uhr am Unikat-Club ihren Wagen auf der Bahnhofstraße geparkt hatten, um kurz ihre Instrumente und eine Tonanlage einzuladen. „Da erschienen drei Männer vom Ordnungsamt und verhängten Bußgelder zu jeweils 30 Euro.“ Machnik ist entsetzt: „Die Musiker haben seit Mittag ohne Bezahlung gespielt. Förderung von Kultur geht anders.“

Auf Anfrage der WAZ-Redaktion zeigte die Stadt sich einsichtig: „Wir haben die Knöllchen in diesem Fall zurückgenommen“, so Matthias Stobbe, Leiter der Verkehrsabteilung. Man werde sich mit dem Unikat-Club als Veranstalter in Verbindung setzen: „Für sowas gibt es Sondergenehmigungen.“ Trotzdem werde man weiterhin die Situation auf der Bahnhofstraße beobachten. Denn, so Stobbe: „In der Fußgängerzone parken häufiger Autos.“

Am Kohlensiepen haben Unbekannte gerade wieder ihren Sperrmüll entsorgt

Während die unerlaubte Beseitigung von Kippen, Kaugummi und Kot zu den Standarddelikten zählt, werden Müllsünder großen Stils im Übrigen individuell bestraft, so Tobias Hahn vom Ordnungsamt. Auch hier gilt natürlich: Wenn sie erwischt werden.


In der Nacht zu Mittwoch (23.10.) haben offenbar gerade wieder Unbekannte am Kohlensiepen ihren gesamten Sperrmüll entsorgt. Waldemar Wegmann hat die Halde am Morgen vor dem Tor zu seinem Grundstück entdeckt. „Da liegt jetzt alles, was es im Haushalt so gibt.“ Er sei schon beim Betriebshof gewesen. Da habe man ihm gesagt, dass der Müll vielleicht nächste Woche abgeholt werde.

„Wir reagieren, sobald wir Luft haben“, sagt Betriebsamtsleiter Thomas Bodang. „Bei Kleinigkeiten innerhalb von 48 Stunden.“ In diesem Fall könne es tatsächlich länger dauern, denn da sei der große Sperrmüllwagen gefragt und entsprechend viel Personal. 80.000 Euro pro Jahr kostet die Stadt die Beseitigung solcher Müllkippen an abgelegenen Parkplätzen oder Containerstandorten. Knapp 500 Mal im Jahr ist der Einsatz nötig. Auch in diesen Fällen werden die Übeltäter fast nie erwischt.