Witten. „Schatzkiste goes Museum“ heißt die neue Ausstellung im Märkischen. Wittener Kinder zeigen erstmals Kunstwerke zum Thema Schulwechsel – spannend.
Vindar strahlt übers ganze Gesicht. Der Elfjährige bestaunt die bunt verzierten und glitzernden Schuhkartondeckel an der Wand . Insgesamt hängen 238 davon in der ungewöhnlichen Ausstellung „Schatzkiste goes Museum“ im Märkischen. Vindar hat einen davon gestaltet und ist mächtig stolz darauf. „Ich hab ein Kribbeln im Bauch. So viele Menschen kommen hierher, um sich das anzuschauen.“ Alle seine Schulfreunde haben auf dem Deckel unterschrieben, der zu einer „Schatzkiste“ gehört. Er hat sie – wie all die anderen auch – vor dem Übergang von der Grund- zur weiterführenden Schule gebastelt.
Diese „Schatzkiste“ ist eigentlich eine Art Schuhkarton und soll Kindern den Schulwechsel erleichtern. Seit 2015 gibt es die Aktion. In diesem Jahr werden die von den Schülern liebevoll gestalteten Kisten zum ersten Mal öffentlich ausgestellt. Das Konzept: In dem Karton sollen die Schüler mithilfe von Fragebogen ihre Stärken und Schwächen, Gedanken und Wünsche beschreiben. Die Deckel der Kisten können nach Belieben verziert und bemalt werden. Die Kartons nehmen sie dann mit auf die weiterführende Schule und können sie ihren neuen Mitschülern vorstellen, um sich gegenseitig besser kennenzulernen.
Während der Ausstellung erklären die Schüler selbst ihre Werke
Inga Janz von der Wittener Jugendförderung betreut das Projekt gemeinsam mit dem freischaffenden Künstler Philipp Neugebauer aus Witten. „Man guckt auf die Kartons und liest die Geschichte der Kinder“, sagt sie, begeistert von der großen Resonanz bei der Eröffnung durch Bürgermeisterin Sonja Leidemann. Gut 100 Leute sind gekommen, die Kinder gehen vorweg. „Hier darf all das hin, was vielleicht in der Schule nicht benotet wurde, aber trotzdem noch eine Bedeutung für die Kinder hat“, sagt Janz. Durch die Räume des Museums zu laufen und die Kisten zu betrachten, das sei, als ob man eine Biografie lese.
Das Besondere: Während der Ausstellung sind die Schüler die Chefs. An einem Ausbildungstag wurden 21 Schüler aus den fünften Klassen zu Experten – so genannten „Peerguides“ – gemacht. Sie dürfen in den kommenden zwei Wochen Schüler aus der vierten und fünften Klasse durch die Ausstellung führen. Laura (10) und Anna (11) erklären gerade Erika Hoos den Deckel einer Schatzkiste, auf den ein Schüler einen Erdball mit weißen, dicken Gas-Wolken gezeichnet hat – als Zeichen für den Klimawandel.
Es ist gar nicht so leicht, bei 238 Kisten den Überblick zu behalten
Es ist gar nicht so leicht für die Guides, bei 238 Kisten den Überblick zu behalten. Bei einem schulübergreifenden Treffen haben sie gezeigt bekommen, wie sie am besten mit einer Schülergruppe umgehen, welche Fragen sie stellen können, welche Kennenlernspiele sich am besten eignen. Klar: Notizen zu jeder einzelnen der Schatzkisten dürfen für eine perfekte Vorbereitung nicht fehlen.
Schüler führen durchs Museum
Die Ausstellung „Schatzkiste goes Museum“ ist noch bis zum 26. Januar im Märkischen Museum zu sehen. Das Projekt „Meine Schatzkiste“ gibt es seit dem Schuljahr 2015/2016. Alle Wittener Regelschulen beteiligen sich daran. Jedes Jahr machen etwa 750 Schüler mit.
Die Kunstwerke werden jetzt zum ersten Mal öffentlich ausgestellt. Auf Wunsch führen „Peerguides“ Schulklassen durch das Museum. Es handelt sich dabei um freiwillige Schüler der Otto-Schott-Realschule, des Ruhr-Gymnasiums und des Schiller-Gymnasiums, die speziell geschult wurden. In den nächsten zwei Wochen werden allein durch die Klassenführungen 500 Schüler im Märkischen Museum erwartet.
Auch Laura, die aufs Ruhr-Gymnasium geht, freut sich darauf, endlich die ersten Schülergruppen durch das Museum zu führen. Sie erzählt, was in ihrer Schatzkiste steht: „Malen, turnen, Sport machen, Zeit mit der Familie verbringen. Das sind alles Sachen, die mir Spaß machen.“ Sehr aufgeregt sei sie gewesen, und auch ein bisschen traurig, als es auf die weiterführende Schule ging, erzählt sie. „Aber als wir unsere Wünsche und Gedanken in der neuen Klasse vorgelesen haben, haben wir uns alle viel besser kennengelernt. Ich habe da jetzt ein richtig gutes Bauchgefühl.“
Fotos, BVB-Wappen, UFOs – Der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt
Die Kisten sind so vielfältig wie die Schüler selbst: Mal wurde ein Gruppenfoto aufgeklebt, mal hat ein BVB-Fan die Front schwarz-gelb gestaltet. Otto-Schott-Realschüler Vindar – selbst einer der „Guides“ – mag offenbar das Weltall und Autos. Sein Werk zeigt Planetenringe, ein schwarzes Loch, einen Außerirdischen im Ufo. Wenn die Ausstellung in zwei Wochen vorbei ist, hat Vindar schon einen Ehrenplatz für den Kartondeckel ausgewählt: direkt an der Wand über seinem Bett.