Witten/Bochum. Der zuletzt schwächelnde „Rote Brummer“ wird vielen Bahn-Nostalgikern fehlen. Die Reparatur ginge in die Tausende. Nun gibt die Ruhrtalbahn auf.
Schock für Eisenbahn-Nostalgiker: Die Ruhrtalbahn wird mit ihrem alten Schienenbus nicht mehr zwischen Hattingen und Hagen verkehren. Sie stellt den Betrieb komplett ein, weil sie die Reparatur und eine vorgezogene Hauptuntersuchung des Uerdinger Schienenbusses nicht mehr schultern kann. Das gab Geschäftsführer Stefan Tigges am Donnerstag (4.7.) bekannt.
Dass der „Rote Brummer“ anno 1960 in die Jahre gekommen ist und zusehend schwächelte, das bekamen die Fahrgäste schon an den wenigen Fahrtagen in dieser Saison zu spüren, etwa bei den Viaduktfahrten an Ostern in Witten und Herdecke. Da blieb der Oldie-Zug öfter mal stehen, zum Beispiel, weil was mit dem Wasser nicht stimmte. Andererseits: Wer wundert sich darüber schon bei einem fast 60 Jahre alten Zug?
Allerdings wurden weitere Fahrten auf der idyllischen Strecke im Ruhrtal über Witten immer öfter abgesagt. Neue Hoffnung schöpfte Ruhrtalbahn-Chef Tigges, nachdem der Motor ausgetauscht worden war. „Doch dann fanden Gutachter immer neue Probleme“, sagt der Münsteraner frustriert.
Hauptuntersuchung und Reparatur hätten 75.000 Euro gekostet
Er glaubt gar nicht mal, dass der Brummer richtig kaputt ist. Aber die Auflagen seien so streng, dass weder Hauptuntersuchung noch Reparatur zu bezahlen seien. Der Aufwand sei viel zu hoch. Allein um zu prüfen, ob das Achslager wirklich ausgeschlagen ist, müsste ein Ultraschall gemacht werden, was ein „riesiges Manöver“ wäre. Die 15 Ehrenamtlichen hätten 1000 Arbeitsstunden investieren müssen, die Kosten – auch für Fachwerkstätten – hätten sich auf 75.000 Euro belaufen. Und in der Zwischenzeit von fast einem Jahr hätte man einen Ersatzverkehr organisieren müssen, der ebenfalls teuer zu Buche geschlagen wäre. Tigges: „Allein die Benutzung der Eisenbahntrasse für die Anfahrt hätte bei einer Strecke von 100 Kilometern hin und zurück 1000 Euro gekostet.“
Geschäftsführer sieht Museumsverkehr in Deutschland bedroht
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Durch die strengen Auflagen, die dieselben seien wie an einen ICE der Deutschen Bahn, sieht Tigges den Museumsverkehr in Deutschland langfristig bedroht. „Es gibt keine musealen Richtlinien“, sagt er. „Einen Schienenbus von 1960 mit den heutigen Maßstäben zu messen, ist einfach nicht richtig“, sagt der 53-Jährige, im Hauptberuf Geschäftsführer der „Ruhrgebiets Stadtrundfahrten“.
Die Ruhrtalbahn gehörte mit ihrer 30 Kilometer langen Strecke und zuletzt noch 25.000 Fahrgästen pro Saison zu den größten Anbietern im Ruhrgebiet. 2005 war Tigges eingestiegen, 2007 kaufte er für 85.000 Euro den Schienenbus. Da bis Ende 2017 mit dem Eisenbahnmuseum Bochum-Dahlhausen zusammengearbeitet wurde, stand eine Reihe von Fahrzeugen zur Auswahl. Gefördert wurde die Ruhrtalbahn jährlich mit 165.000 Euro durch den EN-Kreis (110.000) und die Stadt Hagen (55.000). Die hatten die Hälfte des Geldes für diese Saison bereits überwiesen und erst im April den Vertrag bis 2021 verlängert.
Jetzt fährt nur noch das Eisenbahnmuseum auf der Strecke
„Wir verlieren ein Rückgrat des Tourismus“, kommentierte Landrat Olaf Schade (SPD) am Donnerstag das überraschende Ende. Mehr als eine halbe Million Menschen seien seit 2005 „begeistert ein- und ausgestiegen“. Ob es im nächsten Jahr ein „Comeback“ eines solchen Angebotes geben könnte, darüber wollen Kreis und Politik noch diskutieren.
Das Eisenbahnmuseum Bochum-Dahlhausen ist nun der vorerst letzte Nutzer der idyllischen Strecke durchs Ruhrtal. Anders als die Ruhrtalbahn, die zumindest in guten Zeiten freitags und sonntags mit dem Schienenbus unterwegs war und zusätzliche Touren auf dem „Teckel“ zwischen Herdecke und der Kluterthöhle in Ennepetal anbot, pendelt der Museumszug nur am ersten Sonntag eines Monats zwischen Bochum-Dahlhausen und Wetter-Wengern-Ost. Das Museum hat ebenfalls einen Schienenbus, das „Schweineschnäuzchen“ Baujahr 1936, am nächsten Sonntag (7.7.) fährt die Diesellok. Die 100 Jahre alte Dampflok des Museums ist seit Frühjahr 2018 beim TÜV. Auch sie wird dieses Jahr wahrscheinlich nicht mehr durchs schöne Wittener Muttental schnaufen.