witten. . Der angekündigte Umzug der Brock Kehrtechnik nach Bochum wirkt alarmierend: Ist Witten als Wirtschaftsstandort nicht mehr attraktiv genug?

Der bei Unternehmen durchaus geschätzte Wirtschaftsstandort Witten verliert zunehmend bedeutende Firmen an Nachbarstädte wie Bochum. Erst am Dienstag (8.1.) machte die Brock Kehrtechnik (130 Mitarbeiter) das wahr, was sich schon im letzten Sommer abgezeichnet hatte. Sie kündigte für den Sommer 2020 ihren Umzug auf ein ehemaliges Kokereigelände in Bochum an, weil sie bei der Suche nach Erweiterungsflächen in Witten nicht fündig wurde.

Der städtischen Wirtschaftsförderung will Brock-Geschäftsführer Manfred Lenhart keinen Vorwurf machen. Sie habe ihr Möglichstes getan. „Es sind auch ein paar Angebote reingekommen“, sagt der 57-Jährige. Doch mal habe die Größe, mal die Verkehrsanbindung nicht gestimmt. Auf einem Grundstück an der Dortmunder Straße – neben Mercedes – sei das Gefälle zu groß. Selbst in der Nähe des vorhandenen Standorts im Salinger Feld, nicht weit von Bauhaus, gab es seinen Angaben zufolge Angebote. Hier sei man mit dem Vermieter nicht handelseinig geworden.

Kehrtechnik-Unternehmen setzt auf Wachstum

So entschied sich das Unternehmen, das zu einem chinesischen Konzern gehört und mit einer jährlichen Umsatzsteigerung von bis zu 15 Prozent stark auf Wachstum setzt, zur Rückkehr nach Bochum. 2006 war Brock Kehrtechnik von dort nach Witten gezogen. Nun gehört die Firma zu den Ersten, die sich auf einem neu zu entwickelnden früheren Zechen- und Kokereigelände in Werne niederlassen wird. Sie lässt sich auf 46 000 m² eine neue Firmenzentrale bauen.

Der Stadt sei kein Vorwurf zu machen: die Brock-Geschäftsführer Thorsten Laß (links) und Manfred Lenhart.
Der Stadt sei kein Vorwurf zu machen: die Brock-Geschäftsführer Thorsten Laß (links) und Manfred Lenhart. © Svenja Hanusch

„Momentan haben wir vier verteilte Lager- und Produktionsflächen“, sagt Geschäftsführer Lenhart. „Das ist rein logistisch nicht besonders wirtschaftlich.“ 2018 war der Stahlbau für die Vorfertigung schon nach Bochum gezogen, um mehr Kapazitäten für die eigentliche Produktion in Witten zu haben. In der Nähe von Bauhaus wurde eine zusätzliche Lagerhalle angemietet.

„Um das Unternehmen langfristig richtig aufzustellen, brauchen wir mehr Fläche“, sagt der Brock-Geschäftsführer – an einem zentralen Standort. Allein die neue Produktionshalle werde mit über 15 000 m² fast dreimal so groß wie in Witten sein. Lenhart: „Die Rahmenbedingungen in Bochum sind einfach besser. Es hätte auch Alternativen in Essen und Herne gegeben.“

Mit Brock geht schon der vierte wichtige Mittelständler

Alles andere als erfreut ist Bürgermeisterin und Wirtschaftsförderungsdezernentin Sonja Leidemann. Nach dem Automobilzulieferer Pelzer, dem Hersteller von Bremsen für Hochgeschwindigkeitszüge, Faiveley, und der Firma Picard (Wälzlager) verliert Witten nun schon den vierten bedeutenden Mittelständler an Bochum. Um so stärker plädiert sie für die Ausweisung neuer Gewerbeflächen. Das größte Areal – 20 Hektar – könnte in Stockum geschaffen werden. Dort gibt es aber Widerstand wegen des Eingriffs ins Grün.

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Eine Freigabe dieser Fläche für Unternehmensansiedlungen „würde bedeuten, dass wir dort eines Tages ungefähr 600 Arbeitsplätze bekämen“, so Leidemann. Die Entscheidung über die Aufnahme der Fläche in den neuen Regionalplan treffe das RVR-Parlament frühestens 2020. Über den Plan wurde jetzt in der Johannisgemeinde diskutiert.