Wattenscheid.

Es war Mittwochmorgen, als sie es sah. Die Frau, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen möchte, wollte sich um das Grab ihres Vaters kümmern. Gießen und gedenken. Doch als sie den kommunalen Friedhof in Günnigfeld erreichte, war sie „erschüttert“: Überall Scherben und Splitter – Diebe hatten die kupferne Blumenvase und das Kerzenhäuschen offenbar aus ihren Verankerungen getreten und gestohlen. „Grausam“, sagt die Frau bestürzt.

Schäden an über 50 Gräbern

Eine Serie von Friedhofsplünderungen erschüttert Wattenscheid. In der Nacht auf Mittwoch wurde Günnigfeld bereits zum zweiten mal innerhalb von drei Tagen von Dieben heimgesucht. „Wir haben über 50 betroffene Gräber gezählt“, sagt Klaus Lewandowski, der Friedhofsgärtner. Die Schäden seien „immens“: „Teilweise haben diese Drecksäcke nicht nur Sachen geklaut, sondern die Anlagen bewusst zerstört.“ Nicht nur in Günnigfeld, auch auf dem Friedhof der evangelischen Gemeinde Eppendorf-Goldhamme haben die Täter zugeschlagen. Auch dort verschwand zahlreicher Schmuck, Engelsskulpturen etwa, Vasen und Kerzen. Seit Anfang Juli ist an der Pestalozzistraße immer wieder Metall gestohlen worden. „Wir sind entsetzt“, sagt Pfarrerin Anja Vollendorf. Die Gemeinde stehe unter Schock, „sowas ist uns noch nie passiert“.

Polizei erwartet weitere Anzeigen

Bei der Polizei liegen bereits Dutzende Anzeigen vor. Wahrscheinlich werden in den nächsten Wochen noch weitere hinzukommen, wenn nach der Ferienzeit viele Angehörige erstmals wieder auf die Friedhöfe kommen. Die Ermittler gehen von einem Zusammenhang zwischen den Taten an Pestalozzi- und Friedhofstraße aus. „Die Vorgehensweise war ganz ähnlich“, sagt Polizeisprecherin Kristina Räß. Vermutlich handelt es sich bei den Tätern um Metalldiebe. Auf dem evangelischen Gräberfeld haben Zeugen am 23. Juli zwei Verdächtige bemerkt (siehe Infokasten). Die Polizei hofft nun auf weitere Hinweise ( 0234 909 8405).

Die Betroffenen reagieren mit Empörung. „Ich hätte gedacht, dass Diebe zumindest auf einem Friedhof eine größere Pietät erkennen lassen“, sagt Pfarrerin Vollendorf. Auch in Günnigfeld ist die Wut groß. Klaus Lewandowski arbeitet dort seit neun Jahren, noch nie aber sei etwas geklaut worden – außer vielleicht mal ein paar Blumen. Lewandowski denkt an die Hinterbliebenen: „Die alten Ömmaken kommen zum Grab, pflegen es, und dann machen solche Leute alles kaputt. 200 Euro für eine neue Vase, das ist für einen armen Rentner viel Geld.“

Bleibt die Frage, ob so etwas in Zukunft verhindert werden kann. „Spontan weiß ich nicht, was wir tun können“, sagt Anja Vollendorf. „Man kann die Grabstätte ja nicht 24 Stunden bewachen.“ Eine Besucherin des Friedhofs Günnigfeld ist erbost: „Warum verschließt man nachts nicht wenigstens die Tore?“ Klaus Lewandowski sagt dazu: „So war es früher mal. Um Personal zu sparen, wurde das abgeschafft.“