Essen. Der Metallwert von 170 Grableuchten hat in Essen Diebe angelockt. Dabei wiegt eine Leuchte rund 15 Kilo. Angehörige sind fassungslos über Störung der Totenruhe auf dem Nordfriedhof, die nicht zum ersten Mal geschieht.

„Der Friedhof ist ein Ort, an den ich zum Trauern komme, an dem ich mich meinem Mann nahe fühle“, sagt die 84-Jährige. Vor fünf Jahren starb er, wenig später stahl man die Bronze-Leuchte, die auf einem Sockel das Grab auf dem Nordfriedhof schmückte. „Es hat mich tief bewegt, dass man seine Totenruhe störte.“ Und obwohl dies bewegende Erlebnis Monate her ist, bricht ihre Stimme, wenn sie davon erzählt.

Zum Abtransport kam es nicht

Ein Diebstahl, der kein Einzelfall ist. In der Nacht von Samstag auf Sonntag räumten Metalldiebe 170 Grableuchten und -vasen von Gräbern des Nordfriedhofs ab. „Betroffen davon waren Gräber auf dem Teil des Friedhofs, der neu in den Grünflächen zur Kuhlhoffstraße entsteht“, sagt Friedhofsleiter Georg Mathias. Diese seien wenig einsehbar. Ungestört konnten die Metalldiebe die Leuchten herausreißen.

Zum Abtransport jedoch kamen die Diebe nicht mehr. „Am Sonntag bekam ich einen Anruf von der Polizei“, sagt Mathias. Drei Haufen mit Grableuchten hatten die Diebe zum Abtransport bereit gelegt, „vermutlich aus Richtung Kuhlhoffstraße wollte man die Metallleuchten aufladen.“ Warum die Diebe die Beute zurück ließen, ist noch unklar, doch die Polizei ermittelt. Fest steht, dass sie erhebliche Mühe auf das brachiale Herausreißen der Grableuchten verwandten. „Zusammen mit dem Steinsockel wiegt eine Leuchte rund 15 Kilo. Da müssen drei bis vier kräftige Täter am Werk gewesen sein. Zumal zum Teil auch der Betonsockel aus der Erde gerissen wurde.“

Störung der Totenruhe

Die Feuerwehr half dem Friedhofsleiter mit einem Laster die rund 2,5 Tonnen Diebesgut sicher zu stellen. „Wer betroffen ist, sollte in jedem Fall Anzeige wegen Diebstahls und Störung der Totenruhe erstatten“, sagt Mathias. Anschließend könne man nachschauen, ob zwischen den sichergestellten Metallleuchten und -vasen die eigene zu finden sei.

Beschädigt worden seien beim Herausreißen rund 80 Prozent der Leuchten. „Das Glas ist gesplittert, bei einigen sind Metallteile wie die klappbaren Deckel abgebrochen.“ Doch ohnehin sehen einige der Leuchten nicht aus, als würde man sie vermissen. Efeu rankt ist durchs Schmiedehandwerk. Einige Lampen sind von Moos überzogen, die Reste der zerborstenen Scheiben blind.

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Harald Sorka, der seit 25 Jahren ein Grab auf dem Nordfriedhof pflegt, schüttelt ob des Vandalismus den Kopf. „Es ist ja nicht das erste Mal, dass hier auf dem Friedhof geklaut wird.“ Mal wurden aufmontierte Metallbuchstaben von Grabsteinen gestohlen, was der Friedhofsleiter bestätigt. Dann seien über die Jahre drei Mal Leuchten und Vasen von Sorkas gepachteter Grabstelle gestohlen worden.

Gleichwohl: „Einen Diebstahl in diesem Umfang hat es auf dem Nordfriedhof noch nicht gegeben. Mal waren zehn Grableuchten weg, mal waren es 15“, sagt Mathias. Doch selbst bei 170 demontierten Stücken – „man fügt den Hinterbliebenen großen Schmerz zu, nur um ein paar Cent zu bekommen“, sagt Sorka. Blickt man auf die aktuellen Schrottpreise ist der Gewinn in der Tat gering.

15 Kilo wiegen Leuchte und Sockel, demontiert man jedoch den Stein, bleiben nicht mehr als zwei Kilo Kupfer oder Bronze übrig. Gemessen am gestrigen Schrottpreis hätte damit eine Kupferleuchte rund 8,60 Euro eingebracht, eine Bronzeleuchte 6,70 Euro. „Im Handel“, sagt Mathias, „sind die wesentlich teurer. 200 bis 400 Euro zahlt man, je nachdem, wie aufwendig sie gearbeitet sind.“

Weniger nüchtern sieht es Anna Hartmann. „Vor ein paar Monaten ist vom Grab meines Mannes die Metall-Vase gestohlen worden.“ Der finanzielle Verlust sei eine Sache, das Gefühl, das fremde Menschen „über das Grab geturnt sind, ist aber viel schlimmer. Und die Diebe waren nicht nur einmal da. Wochen später kam ich zum Grab und die Grableuchte stand ganz schief, als hätte jemand versucht, sie samt Sockel heraus zu reißen.“