Bochum. Einem Rassegeflügel-Zuchtverein in Bochum droht das Aus, weil auf dem gepachteten Gelände neu gebaut werden soll. Mitglieder sind verzweifelt.
Dem Rassegeflügelzuchtverein Wattenscheid-Höntrop – 1926 gegründet – droht die Auflösung. Die Mitglieder sind verzweifelt, denn auf dem gepachteten Gelände an der Höntroper-/Mariannenstraße in Wattenscheid-Höntrop (unweit vom Kiosk Pick-Up gelegen an der S-Bahnstrecke) plant ein Investor ein Neubauvorhaben. Mitglieder und Geflügel müssten weichen.
Rassegeflügelverein Höntrop aus Bochum sucht neue Unterkunft
„Wir würden dann all das verlieren, was wir hier in vielen Jahrzehnten aufgebaut haben. Das reicht von den Ställen bis zu unseren Hütten, die wir lange Zeit mit viel Eigenleistung errichtet und in Schuss gehalten haben“, sagt Karl-Josef Fahnenbruch (82), seit 34 Jahren Vorsitzender. Noch am Wochenende hatte Enkelkind Mats (4) mit seinem Huhn den ersten Preis bei der Kreisschau in Bochum-Stiepel gewonnen. Der Verein hat derzeit rund 30 Mitglieder, darunter fünf Jugendliche.
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In der Nähe des S-Bahnhofs Höntrop befindet sich die Anlage mit ca. 60 Hühnern für die Rassegeflügelzucht. Der Verein nimmt erfolgreich an regionalen und überregionalen Ausstellungen teil. Und regelmäßig fanden in den letzten Jahrzehnten vereinseigene Ausstellungen in Höntrop mit rund 150 Hühnern und Tauben statt im Falken-Vereinsheim In der Hönnebecke in Wattenscheid-Höntrop. Auch das soll bekanntlich abgerissen werden für die Parkraum-Erweiterung am S-Bahnhof.
Geflügel aus Bochum-Höntrop begeistert alle Generationen
„Angrenzende Kindergärten und Schulen haben bei uns die Möglichkeit, Aufzucht und Pflege von Tieren vor Ort live mitzuerleben“, betont Sohn Holger Fahnenbruch (45). „Außerdem findet in unseren Gärten an der Mariannenstraße das ganze Vereinsleben statt – wie Versammlungen, Züchtertreffen, Sommerfeste. Das gesamte Vereinsinventar wie die Ausstellungskäfige werden unter anderem dort gelagert.“
Holgers Ehefrau Luziana Fahnenbruch (43) schlägt ebenfalls Alarm, ebenso wie unter anderem auch Angela Kappel, Nina Ott und Gabriele Förster vom RGZV Höntrop, die sich bei dem Treffen am Dienstag im Vereinsheim in höchster Not an die WAZ-Redaktion gewandt haben, um ihr Anliegen jetzt auch öffentlich zu machen: „Wo sollen wir hin, wenn wir unsere Vereinsanlage verlassen müssen? Eine Lösung muss ganz dringend her.“
Rassegeflügelverein aus Bochum braucht dringend eine Lösung
Was sie vor allem kritisieren, ist die Unsicherheit, wie es hier weitergehen soll. „Es gibt leider keine deutlichen Aussagen von offizieller Seite. Wir sind im Schwebezustand – so kann es aber nicht mehr weitergehen. Wir brauchen endlich Klarheit“, erklärt Holger Fahnenbruch. Man habe sich an den Investor und an die Stadt Bochum gewandt.
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„Keiner gibt uns eine klare Information. Der Investor sagt, hier sollen im Bereich der schon bisher aufgegebenen zwei Gärten drei Einfamilienhäuser hin. Ein Regenrückhaltebecken solle auf den anderen Gärten entstehen – also auf unserem Vereinsgelände. Doch wir haben auch gehört, dass das Regenrückhaltebecken so nicht möglich sei aufgrund des problematischen Untergrundes hier. Was stimmt denn jetzt?“ Das Grundstück, auf dem sich die Gärten befinden, hat Vonovia jedenfalls verkauft. Zur Frage, wer der neue Eigentümer ist, erklärt Vonovia-Sprecherin Bettina Benner so viel: „Es handelt sich um eine Privatperson.“
Pächter erhielten die Kündigung
„Den Pächtern Familie Schäfer und Familie Fahnenbruch wurde ohne Angabe von Gründen Ende März 2023 mit Dreimonatsfrist gekündigt“, sagt Holger Fahnenbruch. Vonovia sei „2014 Eigentümer der Grundstücke geworden“. Zuvor habe das Grabeland den angrenzenden Hauseigentümern bzw. Bauern gehört: „Diese stellten meinem Vater Karl-Josef Fahnenbruch die Fläche zur Pflege und Bewirtschaftung zur Verfügung. Vonovia hat dann wohl kürzlich die Fläche verkauft.“
Man habe nach der Kündigung einen Anwalt eingeschaltet, „seit Sommer haben wir nichts mehr gehört vom Investor“. Mehrfach habe die Familie Fahnenbruch vergeblich versucht, das Grabeland-Grundstück zu erwerben, „um das Lebenswerk und die Rassegeflügelzucht in Wattenscheid-Höntrop zu erhalten“, so Holger Fahnenbruch weiter. „Leider wurden diese Anfragen seitens Vonovia nie beantwortet.“
Sein Vater Karl-Josef Fahnenbruch ist gesundheitlich sehr eingeschränkt, die täglichen Aufgaben im Garten wie Fütterung und Pflege der Tiere, Instandhaltung der Grünfläche, halten ihn aber fit. Dabei wird er unter anderem von Enkel Mats tatkräftig unterstützt. „Er füttert die Tiere und zieht auch schon seine eigenen Hühner auf. Es ist so schön zu sehen, wie nun schon die dritte Generation in der Geflügelzucht aktiv und erfolgreich ist.“
Neubauten geplant auf Vereinsgelände in Wattenscheid-Höntrop
Mittlerweile, sagt Holger Fahnenbruch, habe sich der neue Investor mit den Pächtern in Verbindung gesetzt. „Der Architekt, der mit dem Hausbau betraut wurde, versicherte zunächst, dass mein Vater den Garten behalten und das geplante Bauvorhaben problemlos angepasst werden könne“. Das Regenwasserrückhaltebecken, das durch die Stadt Bochum für den Bau der Häuser vorausgesetzt wird, könne so installiert werden, dass sowohl Familie Fahnenbruch wie auch Familie Schäfer auf dem Grundstück, mit kleinen Einschränkungen bleiben dürfen, sagt er zudem.
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„Jedoch sind die neuen Eigentümer offenbar anderer Meinung. Diese möchten, dass mein Vater seinen Garten aufgibt. Für das Regenwasserrückhaltebecken wäre zwingend notwendig, das ganze Grundstück zu verwenden.“ Tenor unter den Vereinsmitgliedern: „Die Trauer und Betroffenheit ist kaum in Worte zu fassen. Nach fast 100 Jahren würde unsere ,Wohlfühloase’ zerstört.“
Hühner aus Bochum holen viele Preise
Die Bemühungen, die 60 prämierten Hühner in verantwortungsvolle Hände zu legen, laufen derzeit auf vollen Touren. In Wattenscheid-Höntrop sei es sehr schwer, die Rassegeflügelzucht weiterzuleben. „Da das Geschrei von Hähnen in Wohnsiedlungen leider meist als Belästigung gesehen wird“, so Fahnenbruch. „Hier haben wir nie ein Problem gehabt. Wenn diesbezüglich keine Lösung gefunden wird, müssen die prämierten Tiere getötet werden.“ Weiter werde es dem Rassegeflügelzuchtverein Höntrop schwerfallen, aktiv bestehen zu bleiben. „Wir suchen im Bereich Bochum und Wattenscheid deshalb dringend Platz, um die Hühner weiter zu züchten.“
Bauanträge für drei Einfamilienwohnhäuser bei Stadt Bochum
„Unserem Bauordnungsamt liegen Bauanträge für die Errichtung von drei Einfamilienwohnhäusern vor, die aneinandergereiht errichtet werden sollen. Die Baugenehmigungen wurden bisher noch nicht erteilt, die Hausgruppe ist aber planungsrechtlich zulässig, so dass von der Erteilung der Baugenehmigungen auszugehen ist“, so Bochums Stadtsprecherin Tanja Wißing.