Bochum-Wattenscheid. Das Lohrheidestadion in Wattenscheid hat Geschichte geschrieben. Jetzt wird es modernisiert. Ein Teil der Ausstattung lebt aber weiter.

Bis 2025 wird das ehrwürdige Lohrheidestadion zu einer modernen Fußball- und Leichathletikarena umgebaut. Deshalb gilt: Alles muss raus – vom Rasen bis zu den Duschen. Auch die Holzbänke der Westtribüne haben ausgedient. Aber nur im Stadion, das mittlerweile fast 70 Jahre alt und seit 1965 die Heimat der SG Wattenscheid 09 ist.

Aus alten Stadionbänken werden Möbel in limitierter Auflage

„Einen Teil der Bänke haben wir direkt verkauft. Der Erlös ist in den Jugendfußball hier gegangen“, sagt Stefan Beermann, Marketingchef bei der SG 09. Einige Meter der braunen Holzbänke sind auch noch da. Für einen Teil der Sitzreihen gibt es aber zwei ganz besondere Verwendungen: Sie wurden im Essener Diakonie-Unternehmen „Neue Arbeit“ aufwendig aufgearbeitet und werden entweder in limitierter Auflage verkauft oder dienen demnächst als Stühle, Tische und Betten im künftigen Fahrradhotel „Neue Insel“ auf der Ruhrinsel in Essen.

Für die SG 09 hat die „Neue Arbeit“ in ihrer Werkstatt in Essen-Stoppenberg aus den Bänken etwas hergestellt, was vor allem das Herz von Fans und Fußballnostalgikern höher schlagen lassen dürfte: 19 Barhocker, die jetzt zum Einzelpreis von 169 Euro angeboten werden, und 19 Bänke für je 199 Euro. Am Sonntag wurden die ersten Exemplare in Wattenscheid übergeben.

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Erinnerungen an glorreiche Zeiten der SG Wattenscheid 09

Ganz klar: Das ist ein Fall für wahre SG-Enthusiasten, die ein Stück Fußballheimat bei sich zu Hause wissen wollen. Männer wie Stefan Beermann, die sich noch wie heute an die glorreichen Spiele der SG 09 erinnern können: an die Regenschlacht kurz vor Ende der Saison 1989/90, als Maurice Banach beim 5:1 im Abendspiel gegen Hertha BSC doppelt traf und die Elf von Hannes Bongartz mit dem Sieg den Aufstieg in die Erste Bundesliga perfekt machte. An jenes legendäre Pokalspiel 1974 unter Kalli Feldkamp gegen den Hamburger SV und das unglückliche Ausscheiden nach dem 0:1 im Viertelfinale. Natürlich an das Freitagspiel im zweiten Bundesliga-Jahr am 20. September 1991 gegen den VfL Bochum (1:2). Und auf jeden Fall auch die entscheidende Begegnung um den Aufstieg die Regionalliga 2022. Etwa 8000 Besucher haben das 2:0 gegen Eintracht Rheine gesehen. „8000 Zuschauer – in einem Oberligaspiel“, sagt der Marketingchef. „Unglaublich.“

Maler und Lackierer Tim Laggies hat die alten Sitzbänke, ein Stück davon hält er in der Hand, für die limitierte SG-09-Edition aufgearbeitet. Das Team von Katrin Reinicke hat schon mehrfach besondere Aufträge übernommen.
Maler und Lackierer Tim Laggies hat die alten Sitzbänke, ein Stück davon hält er in der Hand, für die limitierte SG-09-Edition aufgearbeitet. Das Team von Katrin Reinicke hat schon mehrfach besondere Aufträge übernommen. © Andras Rorowski

Er steht an einem der schwarzen Hocker und mag sich erinnern, wie die denn wohl vorher ausgesehen haben. Braun waren sie. Jedenfalls das Holz. „Keine wirklich schöne Farbe“, räumt Beermann ein. Und unter dem Braun hat Tim Laggies (32) auch noch graue Farbe entdeckt. Der Maler und Lackierer hat sich liebevoll um die Aufarbeitung des Holzes gekümmert.

Oldtimer-Werkstatt baut Unterbau für Hocker und Bänke

Mit Abschleifen alleine war das nicht getan. Ohnehin hätte das angesichts der dicken Farbschicht Monate gedauert. „Ich habe die Farbe mit einem Heißluftfön abgeflammt“, sagt er. Danach hat er das auf Maß geschnittene Holz geschliffen, schwarz gebeizt, um die Maserung hervorzuheben, und schließlich mit einer doppelten Schicht Klarlack überzogen. „Damit nichts abfärbt“, erklärt er und streicht mit der Hand über eine der neuen Bänke. Tiptop. Den aus Metall bestehenden Unterbau von Hockern und Bänken haben seine Kollegen aus der Oldtimer-Werkstatt gebaut.

Etwas Wehmut kommt schon auf, wenn Stefan Beermann daran denkt, dass es bald mit den vielen Erinnerungsstücken an historische Zeiten vorbei ist. Aber: „Wir bekommen ein hochmodernes Stadion.“ Und: Eines muss man den Erbauern von damals lassen. Die Bänke haben lange gehalten. Verwendet wurde offenbar nur bestes Holz.

SG-Möbel sind aus Tropenholz gefertigt

„Es sind verschiedene Holzarten“, sagt Katrin Reinicke, die bei der Neuen Arbeit als Abteilungsleiterin u.a. zuständig ist für die eigene Holzproduktlinie mit dem Namen „Kronenkreuz“. Ihr Team hat auch schon andere besondere Aufträge erledigt. Auch Kirchenbänke haben sie schon aufgearbeitet und umgestaltet. Mit Upcycling, dem Aufarbeiten und Wiederverwerten von Stoffen und Gegenständen, kennen sie sich aus. „Wir freuen uns immer, wenn wir Vollholz zur Verfügung gestellt bekommen“, sagt die 37-Jährige. Das komme nicht mehr so häufig vor.

Die jetzt fertiggestellte, limitierte SG-09-Edition ist aus edlem Tropenholz gefertigt. Jede Wette: Das hält noch einmal mindestens 70 Jahre.