Bochum-Höntrop. In der Gemeinschaftsunterkunft Höntroper Straße in Bochum gibt es häufiger Polizei-Einsätze. Aber benachbarte Kita sieht keine Schwierigkeiten.
Die angedachte Ansiedlung einer Obdachlosenunterkunft in Gerthe unweit mehrerer Kitas hat für Aufregung gesorgt. Eine ähnliche „Gemengelage“ gibt es an der Höntroper Straße 99a in Wattenscheid-Höntrop: Auf dem ehemaligen Sportplatz sind seit Jahren unterschiedliche Nutzergruppen in Wohncontainern untergebracht – durch Gitterzäune getrennt. Es gibt dort Bereiche für eine Kita sowie für Flüchtlinge und Obdachlose. Da stellt sich die Frage, ob das funktioniert oder es „Reibungspunkte“ gibt.
Container auf ehemaligem Sportplatz seit 2017
Nach Angaben der Bochumer Polizei gibt es mehrere Einsätze pro Woche in der Gemeinschaftsunterkunft an der Höntroper Straße 99a. Von Anfang des Jahres bis heute habe es „unterschiedlichste polizeiliche Einsatz-Anlässe gegeben: über Ruhestörungen, Hilfeersuchen, Streitigkeiten, missbräuchliche Notrufnutzungen, Vollstreckung von Haftbefehlen etc.“, erklärt Polizeisprecher Frank Lemanis auf Nachfrage dieser Redaktion. „Im Schnitt nahmen meine Kollegen dieses Jahr dort zwei Einsätze pro Woche wahr.“
Besorgte Bürgerin aus Höntrop
Auch eine Höntroperin (Name der Redaktion bekannt) berichtet, dass es dort mehrmals pro Woche Polizeieinsätze gibt. „Das Spektrum der Leute, die dort untergebracht sind, ist breit gefächert. Neben der Kita, die etwa ein Viertel der Unterkunftsgebäude nutzt, sind die restlichen Unterkünfte sind freigegeben u.a. für Obdachlose, psychisch Kranke, bei denen es rechtlich nicht für eine geschlossene Anstalt reicht, für Ex-Straftäter, welche nach ihrer Haftstrafe keine eigene Wohnung mehr haben, sowie für Flüchtlinge.“
Trennung der Bereiche durch Gitterzäune mit Sichtschutz
Sie moniert, dass die Kita trotz Gitterabsperrung quasi auf demselben Gelände untergebracht ist. Zwei Schulen und Turnhallen sind nicht weit entfernt. „Wer weiß, was außerhalb dieser Anlage im Umfeld passiert. Ich kenne Gerüchte, dass es 2022 an einer Bushaltestelle in der Nähe zwei Vorfälle mit sexueller Belästigung gegeben haben soll, das wurde in einem Elternchat erwähnt. Auch von Drogengeschäften mit Schülern ist die Rede.“
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Die Awo Ruhr-Mitte betreibt die gesamte Anlage. „In der Unterkunft an der Höntroper Straße leben aktuell 161 Bewohnerinnen und Bewohner. Darunter sind 82 wohnungslose EU-Bürger und 79 Geflüchtete“, erklärt Awo-Sprecher Christopher Becker. Im August seien bis jetzt vier Polizeieinsätze gezählt worden mit folgenden Hintergründen: „Es gab einen Streit unter Bewohnern, einmal hat eine Bewohnerin die Polizei gerufen, einmal war eine fremde Person auf dem Gelände und eine Person musste in eine Klinik eingewiesen werden.“
Awo betreibt die gesamte Anlage
Die Awo erklärt: „Wir arbeiten grundsätzlich eng mit der Polizei zusammen, zum Beispiel kommt der Bezirkspolizist zum regelmäßigen Austausch vorbei. Auch ein Streifenwagen dreht regelmäßig seine Runde auf dem Gelände oder es gibt Nachfragen zur Identifizierung von Personen, ob diese bekannt sind oder noch in der Unterkunft wohnen.“ So könne es durchaus sein, dass „in der Nachbarschaft ein vermeintlich erhöhtes Einsatzaufkommen wahrgenommen wird, es sich jedoch um übliche Vorgänge aus der routinierten Praxis handelt“. Und Christopher Becker betont: „Probleme mit den angrenzenden Kitas können wir weder in Höntrop, noch Am Nordbad oder an der Herzogstraße vermelden.“
Kita meldet keine Probleme
Katharina Drängler leitet die Awo-Kita mit 65 Kindern an der Höntroper 99a: „Mir sind keine Beschwerden bekannt, auch nicht von Eltern. Es gibt einen Gitterzaun samt Sichtschutz. Insgesamt funktioniert hier alles gut.“ Die Kita besteht aus 48 Einzelcontainern auf insgesamt zwei Etagen. Auch Bochums Stadtsprecherin Nina Klein erklärt, dass Beschwerden z.B. durch Eltern oder Kita-Angestellte, nicht bekannt seien.
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Eigener Kita-Eingang
Eine Umfrage der Redaktion unter Eltern, die morgens ihren Nachwuchs zur Kita bringen, zeigt ein ähnliches Bild: „Es ist schon manchmal ein komisches Gefühl, wenn einige Bewohner aus der Anlage zum nicht weit entfernten Aldi-Markt oder sich dort in geselliger Atmosphäre aufhalten. Aber mir sind keine Vorfälle bekannt“, sagt eine Mutter (28), die ihren Namen nicht nennen will. Auch eine andere Mutter (30), die ebenfalls anonym bleiben will, erklärt, dass ihr Probleme nicht bekannt seien.
Die Kita hat einen eigenen Zugang. Deutlich entfernt liegt der Zugang zur Sammelunterkunft für geflüchtete und wohnungslose Personen, von einem Security-Dienst jeden Tag rund die Uhr überwacht; ein Schild am Eingangstor weist in mehreren Sprachen auf die Öffnungszeiten hin: 8 bis 22 Uhr. In der Einrichtung gibt es keine separaten Bereiche für geflüchtete und wohnungslose Personen.
>>>> INFO:
Bei der städtischen Übergangseinrichtung an der Höntroper Straße 99a handelt es sich nach Angaben der Stadt Bochum um eine Sammelunterkunft für geflüchtete und wohnungslose Personen. Die Einrichtung ist seit Januar 2017 in Betrieb. Sie besteht aus vier Gebäuden mit insgesamt 69 Wohneinheiten.
Die „zielgruppenspezifische Optimalbelegung“ belaufe sich derzeit auf circa 150 Personen (inklusive 18 Plätze für mobilitätseingeschränkte Personen). Die durchschnittliche Belegung lag im Jahr 2017 bei 94 Personen, 2018 bei 134, 2019 bei 141, 2020 bei 127, 2021 bei 144 und 2022 bei 154 sowie derzeit (Stand Mitte August 2023) bei 146 – davon 49 geflüchtete Personen verteilt auf 32 Wohneinheiten.