Bochum-Wattenscheid. Stadt Bochum hat 88-Jährige nicht informiert, dass Bushaltestelle auf den engen Bürgersteig vor ihrem Haus verlegt wird. Es geht um Zentimeter.
Unvollständige Information zuvor durch Stadt Bochum
Für Ingrid Bungert (88) war es ein Schock. Denn genau vor ihrem Hauseingang ging es los: An der Sommerdellenstraße 29 entsteht mit hohem Aufwand eine neue Bushaltestelle für die Linie 363 auf der kompletten Länge ihres Vorgartens. Die alte Haltestelle, mittlerweile abgerissen, lag rund 50 Meter entfernt Der Bürgersteig dafür ist recht eng, soll angeblich 2,50 Meter breit sein (Bahnsteige von Bus- und Straßenbahnhaltestellen sollen diese nutzbare Breite haben), doch die Stadt Bochum scheint derzeit um jeden Zentimeter zu ringen. Aber was die Seniorin vor allem auf die Palme bringt, ist die Tatsache, dass vorher niemand mit ihr darüber gesprochen hatte - weder Stadt noch Politik.
Stadt Bochum ringt offenbar um Zentimeter
Es gab zwar eine schriftliche Anwohnerinformation im Vorfeld durch die Stadt Bochum, doch da steht nur etwas drin von der Erneuerung der Bushaltestelle Stadtgartenring. „Und nichts von einer Verlegung der Haltestelle direkt vor meine Haustür. Transparenz durch die Stadt Bochum sollte ja wohl anders aussehen, hier fehlen wichtige Informationen für die direkt betroffenen Anwohner.“
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Ingrid Bungert griff sofort zum Telefonhörer - und rief tagelang Vertreter von Politik, Stadtverwaltung, Bogestra, Haus & Grund an, in der Hoffnung auf eine Lösung. „So etwas lasse ich mir nicht gefallen“, sagt die energische Seniorin. „Wie kann die Stadt Bochum eine solche Maßnahme durchführen, ohne zuvor und rechtzeitig die direkten Anlieger korrekt zu informieren? Und ich habe Sorge, dass bei vielen wartenden Fahrgästen mein Hauszugang blockiert wird.“
Es kam zwar einige Tage später eine schriftliche Antwort der Stadt Bochum, um die Maßnahme zu erklären. Doch da waren die Umbauarbeiten vor ihrer Haustür bereits in vollem Gange.
Seniorin aus Wattenscheid ist entsetzt
Dabei geht es um den niederflurgerechten Ausbau der Haltestelle „Stadtgartenring“, die Entscheidung dafür wurde schon im Herbst 2021 gefällt, abgesegnet auch von der Bezirksvertretung Wattenscheid. Die alte Bushaltestelle entspräche „nicht dem in Bochum üblichen Standard und ist noch nicht niederflurgerecht ausgebaut. Taktile Leiteinrichtungen sind nicht vorhanden. Die Gestaltung der Haltestelle erfolgt entsprechend dem von der Bogestra vorgegebenen, für Sehbehinderte modifizierten Ausbaustandard“, so der Beschluss.
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Der Ausbau in Fahrtrichtung Voedestraße „erfolgt in verschobener Lage: Die Haltestelle wird in den Bereich vor Hausnummer 29 verschoben, um den Anforderungen einer barrierefreien Haltestelle gerecht zu werden“, heißt es in der Vorlage von September 2021. Auch das Wartehäuschen am ehemaligen Standort, vor gar nicht allzu langer Zeit installiert, wurde schon abgerissen. Und: Für die neue 363-Haltestelle (Fahrtrichtung Moltkestraße) auf der anderen Straßenseite wurde ein Baum entfernt; eine Ersatzpflanzung in der Nähe sei geplant. Die Kosten für den niederflurgerechten Ausbau und die „flankierenden Nebenarbeiten im Gehwegbereich“ belaufen sich auf rund 56.000 Euro.
Entscheidung schon vor zwei Jahren
Ingrid Bungert hat auch den Wattenscheider Bezirksbürgermeister Hans Peter Herzog (SPD) eingeschaltet, der sich vor Ort informiert hat. Er sagt, dass die Entscheidung schon vor rund zwei Jahren in der Bezirksvertretung gefallen ist. „Man musste eine Stelle finden, an der der niederflurgerechte Ausbau möglich ist.“ Dafür ist eine Länge von 14 Metern nötig. Und eine Bordsteinerhöhung - für Senioren, die wie die gehbehinderte Ingrid Bungert diesen Bus gar nicht nutzen wollen, eher ein Hindernis, wenn sie mit Rollator auf die andere Straßenseite wollen oder, wie bei ihr, in ein Krankentaxi einsteigen müssen.
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Ähnliches wie Hans Peter Herzog hat auch die Stadt Bochum als Antwort auf die Nachfrage von Ingrid Bungert erklärt. Man habe mit Polizei, Bogestra und Politik alternative Standorte geprüft zur ehemaligen Haltestelle, wo jetzt nach dem Abriss der Schule das Seniorenheim entsteht - und dabei sei nur dieser neue Standort, etwa 50 Meter von der alten Haltestelle entfernt, als „am besten geeignet“ infrage gekommen. Herzog will sich die Lage in ein bis zwei Wochen noch mal anschauen.
Enge Stelle mit viel Verkehr
Was Ingrid Bungert wundert: „Diese recht enge Stelle ist doch insgesamt ein regelrechter Verkehrsknubbelpunkt, stark frequentiert: gegenüber von DRK und Lebenshilfe mit ihren großen Fahrzeugen gelegen; der betreute Mittagstisch liegt auch nicht weit weg. Und dann auch noch die Zufahrt zum Sportplatz Stadtgartenring, bei den Heimspielen ist hier alles extrem zugeparkt. Und jetzt kommt hier die Bushaltestelle hinzu - was soll daran optimal sein?“, kritisiert sie diese Entscheidung.