Bochum. Die Firma Stabe verkauft seit 32 Jahren Pyrotechnik und Waffen in Wattenscheid. Doch vor Silvester gehen die letzten Böller über die Theke.
Die Glocke an der Eingangstür hört gar nicht mehr zu bimmeln auf. Kurz vor Silvester stehen sich Feuerwerksfans bei „Stabe Waffen & Pyrotechnik“ in Wattenscheid auf den Füßen. Nach zwei Jahren Böllerverbot ist der Andrang groß – ein letztes Mal. Denn im Januar 2023 schließt der Pyrotechniker sein Geschäft an der Bochumer Straße 9.
Nach Silvester: „Stabe Waffen & Pyrotechnik“ in Wattenscheid schließt Feuerwerksgeschäft
„Guten Tag, haben Sie Zündschnur?“ Ein Kunde mit seinem Sohn tritt an die Verkaufstheke, hinter der Katharina Stabe steht. „Ja, das hier ist unser selbst hergestelltes Flash Tape, 50 Meter lang“, antwortet die Tochter des Inhabers. Sie kennt das Geschäft mit der Feuerwerkstechnik von klein auf. „Ich bin in Bochum geboren, bin hier im Geschäft großgeworden“, sagt die Pyrotechnikerin. „Es wird komisch werden, diesen Laden hier aufzugeben.“
Schließlich ist die Pyrotechnik-Firma in Wattenscheid fest verwurzelt. Stabe Senior begann 1983 sein Pyrotechnikunternehmen und startete etwa 1990 den Waffen- und Pyrotechnik-Einzelhandel an der Bochumer Straße.
Kunden kommen von weither für die Feuerwerkskörper
Wie verbunden sich die Stabes mit den Wattenscheidern fühlen, ist auch am geschäftigen Treiben in dem Laden kurz vor Silvester spürbar. Viele der Pyrotechnik-Begeisterten kennt Wolfgang Stabe mit Namen und begrüßt Stammkunden, die von weither kommen. Beispielsweise die Brüder Stefan und André Bültmann aus Dülmen, die schon seit vielen Jahren hier herfahren, um sich für die Silvester-Böllerei einzudecken.
„Hier bekommt man was Richtiges, nicht diesen Baumarkt-Kram“, sagt Stefan Bültmann, der sich eine große Kiste mit Feuerwerksartikeln zusammengestellt hat. „Die Batterien hier haben eine größere Sprengkraft und sehen schöner aus.“ Sein Bruder fügt hinzu: „Für unsere Feier mit der Familie wollen wir ein schönes, stimmiges Feuerwerk – nicht so 0815. Nicht das, was jeder hat.“
„Das ist was für Leute, die mehr haben wollen“
Pyrotechniker Stabe erläutert: „Die Supermärkte verkaufen die ,abgespeckte Version’ unserer Artikel – teilweise für 4,99 Euro. Das ist natürlich Schrott.“ In seinem Geschäft koste die Batterie auch mal 30 Euro. „Das ist was für Leute, die mehr haben wollen“, so Stabe. „Mit goldenen, gefächerten Effekten“, ergänzt seine Tochter.
Während der Verband der pyrotechnischen Industrie in diesem Jahr mit „nachhaltigerem Feuerwerk“ wirbt, gehen bei der Firma Stabe noch die üblichen Silvesterraketen über die Theke. Laut Wolfgang Stabe würden sich die Hauptbestandteile der Raketen – Pappe und Holz – ohnehin abbauen. Die neuen Produktlinien der Hersteller würden nun die Plastikspitze ersetzen. Als Stabe im September seine diesjährige Silvesterbestellung aufgab, seien alle „nachhaltigen“ Raketen allerdings schon vergriffen gewesen.
Feuerwerk – bald leise und „grün“?
Dafür hat Stabe in diesem Jahr leisere Feuerwerksartikel im Angebot. „,Beautiful Silence’ in Premiumqualität, läuft 150 Sekunden“, wirbt der Pyrotechniker. „Wenn man die 80-jährige Oma oder die Kleintiere im Schrebergarten nicht stören will, ist das eine gute Option.“ Allerdings schrecke der Preis, rund 200 Euro, viele Kunden ab.
Wattenscheider Wolfgang Stabe lässt es im Fernsehen krachenWieder klingelt die Eingangsglocke und eine Menschentraube drängt in das kleine Geschäft. „Das ist eine Braut von uns – bei ihrer Hochzeit neulich an der Lohnhalle haben wir die Feuerwerksshow gemacht“, erklärt Katharina Stabe, während die Gäste ihren Vater umarmen und ihm eine Karte und Fotos in die Hand drücken.
Die „Braut“ – Kundin Denise Althaus – ist auch hier, um sich mit ihren Nachbarn für ihre gemeinsame Silvesterparty einzudecken. Sie deutet auf eine Feuerwerksbox im Regal. „Diese Batterie kaufen wir jedes Jahr. Das Finale ist richtig cool“, sagt Althaus und wendet sich ihrem Mann zu: „Willst du keine Rauchbomben?“ Dieser entgegnet: „Wir sind doch nicht im Stadion.“ Mit einer großen Kiste voller Feuerwerksartikeln verlassen sie den Laden. „Wir kaufen hier alles leer“, sagt Althaus lachend.
„Stabe! Company“ in vielen Bereichen aktiv
Tatsächlich muss Wolfgang Stabe immer wieder die Regale mit Böllern neu befüllen. Der Grund: Wer Feuerwerkskörper verkauft, darf aus Sicherheitsgründen im Verkaufsraum nur eine begrenzte Menge an Artikeln ausliegen haben.
Dass das Wattenscheider Geschäft Anfang 2023 geschlossen wird, hängt laut dem Inhaber mit verschiedenen Entwicklungen zusammen.
Die „Stabe! Company“ ist in vielen unterschiedlichen Geschäftsfeldern aktiv, veranstaltet Feuerwerksshows für Firmen, stellt Pyrotechnik für Theater- und Filmproduktionen und führt Sprengreinigung in Müllverbrennungsanlagen durch.
Nicht zuletzt der Vertrieb verschiedener Waffen habe die Firma durch die mauen Corona-Jahre und den ausgefallenen Silvesterverkauf gebracht. „In der Coronazeit hat der Online-Verkauf von Pyrotechnik deutlich zugenommen. Das ist unsere Zukunft“, so Stabe. Die Bedeutung des Einzelhandels schwinde derweil. Zeitgleich zum Weggang aus Bochum soll der bereits existierende Firmenstandort in Olfen um einen „Showroom“ erweitert werden. Dort könne Kundschaft nach vorheriger Terminvereinbarung vorbeikommen. „Da haben wir dann auch Zeit für Beratung und unsere Kunden bekommen einen Kaffee.“