Wattenscheid. An der Schlachthofstraße hat die Stadt Bochum eine Obstwiese angelegt. Direkt am Wattenscheider Bach entsteht auch ein Radwanderweg..

Die grüne Seite zeigt sich in Wattenscheid erst nach einigem Suchen. Hinter der spröden Normalsicht von der Straße aus ist sie versteckt. Wer dann noch der Nase nach geht, kann Überraschungen erleben. Denn das Jahrhundertprojekt des Emscher-Umbaus trägt im Wortsinne in Wattenscheid Früchte. Direkt am Wattenscheider Bach, verborgen hinter den Siedlungen an der Schlachthofstraße und am Watermanns Weg, müffelt das Abwasser in der Betonrinne wie seit Jahrzehnten. Noch, und bald nicht mehr.

Die Chancen durch den Rückbau und die Renaturierung der Emscher und ihrer Zuflüsse werden konkret. Allein auf diesem kurzen Stück, die der Bach zwischen Obertor/Marienstraße bis zur Grenze Gelsenkirchen oberirdisch verläuft, wachsen sie regelrecht. Hinter der Kleingartenanlage an der Schlachthofstraße stehen knapp 20 junge Bäume auf einer Brachfläche. Tragen werden sie frühestens im nächsten Jahr auf dieser neuesten von jetzt 20 städtischen Obstwiesen.

Baustraße wird zum Radwanderweg

Markus Kamplade, Abteilungsleiter im Grünflächenamt, hat vor dem Ortstermin vorsichtshalber auf einem Satellitenbild nachgesehen, wo der Weg zur künftigen Wiese sich versteckt. Vom Watermanns Weg aus gilt es durch kniehohes Grün zu stapfen. Auf der anderen Seite fließt trübgrau der Bach wie auf eine Abwasser-Schnellstrecke nach Norden.

Während der Arbeiten der Emscher-Genossenschaft/Lippe-Verband ist von dort aus kein Zugang. Ist das Abwasser endlich in Rohren unter der Erde verschwunden und fließt der Bach wieder frei, sauber und nur wieder vom Regenwasser gespeist, wird aus der jetzigen Baustraße ein Radwanderweg, freut sich Kamplade. Details müssen noch ausgearbeitet und umgesetzt werden.

Anschluss an das Wegenetz

Jedenfalls soll dann der Weg abseits der Straßen vom Wattenscheider Kernbereich Richtung Lohrheide und Halde Rheinelbe mit der Himmelstreppe das Netz der Rad-Wandertrassen im Dreieck Wattenscheid, Essen und Gelsenkirchen ergänzen.

"Die Zusammenarbeit mit der Emschergenossenschaft bietet sich gerade jetzt zwingend an", kommentiert Kamplade mit einem Blick über die Brache mit den jungen Obstbäumen mit ihren Holz-Stützpfosten, "hier wird noch eingesät, das soll bienenfreundlich werden. Und an der Marienstraße setzen wir noch drei Bäume um. Die Vorbereitungen laufen gerade. Die ELG ist 2022 hier dann durch."

"Einheitsbuddeln" gab den Anstoß

Für das Grünflächenamt geht es dann noch weiter. "Wir suchen weiter nach Standorten", erklärt Markus Kamplade, "und dann auch nach Baumpaten." Den Anstoß gab das erste "Einheitsbuddeln" 2019 in Schleswig-Holstein. Dort wie hier tief im Westen werden vor allem alte Obstbaumsorten ausgesucht. Inzwischen lockt die Aktion "Mundraub" die Obstfreunde zur Ernte.

Info: Alle Standorte von Obstwiesen im Stadtgebiet finden Interessierte auf bochum.de/Obstwiesen und auf www.mundraub.org

Allein sechs neue Wiesen 2021

Rheinischer Krummstiel, Schafsnase, Hedelfinger Riesenkirsche, Rote Sternrenette oder Mirabelle von Nancy – ausgefallene Namen für alte Sorten von Äpfeln, Kirschen, Birnen, Pflaumen. Die Stadt Bochum hat im letztem Jahr acht Wiesen neu angeboten, auf denen kostenlos ungespritztes Obst geerntet werden darf. In diesem Jahr folgen sechs weitere Wiesen mit 164 Bäumen.

Es gelten einige Regeln zum Schutz der Bäume und inzwischen 20 Obstwiesen, aber auch aus Gründen der Fairness: Keine Äste abbrechen. Nicht in die Bäume klettern. Keine Leitern aufstellen. Obstwiesen nicht befahren. Nur für den Eigengebrauch in haushaltsüblichen Mengen ernten (maximal zwei Eimer Obst). Obst darf nicht verkauft werden. Die Ernte und der Verzehr erfolgen auf eigene Gefahr.