Wattenscheid. Wattenscheid historisch: Die Stadthalle im Herzen von Wattenscheid hat in über 60 Jahren viel erlebt. Zurzeit wird sie aufwändig umgebaut.

hat viele Bezugspunkte, an denen sich Heimatgefühle festmachen lassen, das Fördergerüst der Zeche Holland, der Turm von St. Gertrud, die Waldbühne Höntrop. Ganz sicher zählt die Stadthalle an der Saarlandstraße dazu. 1962 eröffnet, ist sie bis heute „Wattenscheids gute Stube“ geblieben. Auch wenn sie, wie schon oft in den letzten sechs Jahrzehnten, zurzeit mal wieder baulich ertüchtigt wird.

Rund 11 Millionen Euro werden in die Hand genommen, um die Stadthalle zu modernisieren. Auch ein Erweiterungsbau in Richtung Propst-Hellmich-Promenade ist vorgesehen, ebenso die Neugestaltung des Eingangsbereichs. Wahllosigkeit der architektonischen Mittel darf dabei nicht gelten, denn die Halle steht unter Denkmalschutz. Sie ist ein Zeugnis der späten Nachkriegszeit im Ruhrgebiet.

„Markstein der Geschichte“

„Es ist ein bedeutender Augenblick, da wir unsere Stadthalle einweihen. Er kann ein Markstein in der Geschichte unserer Stadt sein. Die Stadthalle stellt eine Aufgabe dar. Möge sie zum Wohle aller Mitbürger erfüllt werden in der Erkenntnis, dass die Bildung das wertvollste Gut ist, das sie erwerben können.“Mit diesen hehren Worten beendete der damalige Regierungspräsident Ernst Schlensker am 30. September 1962 seine Festrede zur Eröffnung der Stadthalle. Er betonte, „dass Wattenscheid nun um ein bedeutsames Bauwerk reicher ist, welches das Gesicht der Stadt für das kommende Jahrhundert prägen soll.“

https://www.waz.de/staedte/wattenscheid/prinzenproklamation-in-der-stadthalle-id227669765.htmlWas das Haus angeht, erwies sich diese Aussage als prophetisch, aber selbst ein Regierungspräsident konnte vor 58 Jahren nicht voraussehen, dass die Stadt Wattenscheid nur 13 Jahre später ihre Selbstständigkeit aufgeben musste und nach Bochum eingemeindet wurde.

Die Stadthalle hat ungezählte kulturelle Veranstaltungen erlebt. Im April 1975 musizierten die Bochumer Symphoniker unter der Leitung von GMD Othmar Mága.
Die Stadthalle hat ungezählte kulturelle Veranstaltungen erlebt. Im April 1975 musizierten die Bochumer Symphoniker unter der Leitung von GMD Othmar Mága. © Stadt Bochum, Presseamt

Die Entwicklung hatte Vieles zu Folge, unter anderem, dass auch die Stadthalle nicht mehr vor Ort, sondern von Bochum aus verwaltet wurde. Der heutige Betreiber, die Bochumer Veranstaltungs-GmbH, ist sich der Bedeutung der Mehrzweckhalle aber bewusst: „Die Stadthalle gilt als Begegnungsstätte für kulturelle, gesellschaftliche sowie politische Bildung und Unterhaltung. Als Schulaula ist sie der kommunikative Kern der Märkischen Schule.“

https://www.waz.de/staedte/wattenscheid/bochum-singspiel-bringt-die-heile-welt-in-die-stadthalle-id227857341.htmlWahrlich hat die „gute Stube“ viel erlebt. Neben zahllosen Theateraufführungen stand stets die Musik im Mittelpunkt des Bühnengeschehens: Chorveranstaltungen, Sinfonie- und Kammerkonzerte zogen die Zuschauer an. Ungezählte Karneval-Galas, Boulevard-Theater, WAT-Kreativ-Ausstellungen, Konzerte - von den Fischer-Chören bis zu Rock-Sessions -, Klassisches mit den Bochumer Symphonikern oder der Philharmonia Hungarica.

Politik schlug auch auf

Dazu die Kino-Wochen der Märkischen Schule, die große Filme nach Wattenscheid holen. Aber auch die Politik schlug in der Stadthalle auf, man denke an die Diskussion zwischen NRW-Kultusminister Johannes Rau und dem Studentenführer Rudi Dutschke im Februar 1968, kurz vor dem Höhepunkt der Studentenunruhen, die die Bundesrepublik veränderten.

Beispiel für Konkrete Kunst

Ein bemerkenswertes Detail zeichnet die Stadthalle WAT aus: Neben dem Eingang steht ein abstraktes, kinetisches Kunstwerk des Wattenscheider Künstlers Werner Habig.

Bei der Installation 1963 war die Plastik eines der ersten Beispiele für Konkrete Kunst, die in Bochum bzw. Wattenscheid öffentlich aufgestellt worden war.

Die Bronze-Plastik war anfangs beweglich, doch nun liegt sie seit Jahren still. Die Reparatur des Motors wurde immer wieder aufgeschoben.

Heute wird die mit ihrem 60er-Jahre-Retro-Charme urig wirkende Halle als „charmante Spielstätte für Theater, Comedy oder Kleinkunst“ vermarktet. Was stimmen mag, wenn auch für die Wattenscheider „ihre“ Halle mehr als das ist: ein Stück Heimat, ein Symbol kommunalen Selbstbewusstseins. Die aktuell laufende Auffrischung des Altbaus ist somit auch als eine Investition in die Zukunft zu sehen, ähnlich, wie es schon bei der Einweihung war. Beim 60. Geburtstag der umgebauten Stadthalle Wattenscheid in zwei Jahren wird mit Sicherheit daran erinnert werden.