Wuppertal/Velbert. . Ein 52-Jähriger aus Velbert soll jahrelang seine Tochter sexuell genötigt haben. In einem ersten Prozess verurteilte ihn das Landgericht zu einer langen Haftstrafe. In der Neuauflage gab es nun eine überraschende Wendung - und Zeugenaussagen warfen weitere Fragen auf.

Eine überraschende Wendung hat es in der Neuauflage eines Prozesses gegen einen 52-jährigen Velberter gegeben, der beschuldigt wird, seine Tochter sexuell missbraucht zu haben. Das Mädchen, im angeblichen Tatzeitraum zwischen neun und 13 Jahre alt, hat nun die Vorwürfe gegen ihren Vater widerrufen. Sie habe sich in der Familie nicht mehr wohl gefühlt, wollte weg. Daher habe sie sich die Taten ausgedacht.

Rund zwei Stunden dauerte die Befragung des Mädchens – unter Ausschluss der Öffentlichkeit – vor der 3. Strafkammer des Wuppertaler Landgerichts. Danach verließ die heute 18-Jährige den Saal unter Tränen. Allerdings: Die Befragung weiterer Zeugen, nun wieder unter den Augen einiger Zuschauer, wirft jedoch Fragen auf, warum das Mädchen ihre Vorwürfe so plötzlich widerrufen hat.

"So was kann man nicht spielen"

Da ist etwa die Pflegefamilie, gleichzeitig die Familie ihrer besten Freundin, in der das Opfer einige Zeit untergekommen war. „Sie ist eine schlechte Lügnerin“, sagten die Pflegemutter und ihre beiden Töchter übereinstimmend aus. Nervös sei sie schon bei kleineren Unwahrheiten gewesen, habe sich leicht durchschaubare Geschichten ausgedacht.

„Aber wenn es um den Missbrauch ging, war sie emotional so mitgenommen, jedes Mal in Tränen aufgelöst. So was kann man nicht spielen, schon gar nicht über so einen langen Zeitraum“, waren sich die Zeuginnen auch in diesem Punkt einig.

Starker Druck durch die Mutter

Gleichzeitig berichteten sie davon, dass das vermeintliche Opfer von seiner Mutter sehr stark unter Druck gesetzt worden sei. „Es gab mehrere Telefonate, in denen die Mutter dem Mädchen vorgeworfen hat, sie würde die Familie zerstören. Und die Mutter hat auch immer wieder gefordert, sie solle nicht solche Lügen erzählen.“

Außerdem soll die 18-Jährige auch während ihrer Zeit in der Pflegefamilie Kontakt zu ihren Eltern gehabt haben, ohne das mit der Pflegefamilie abzusprechen.

Auch der Onkel soll das Mädchen sexuell missbraucht haben

Noch drei Prozesstage werden folgen, weitere Zeugen werden befragt. Geklärt werden muss nun – im Gegensatz zum ursprünglichen Prozess von 2011 – vor allem, was wirklich passiert ist: Hat der Missbrauch durch den Vater tatsächlich stattgefunden und hat das Opfer die Vorwürfe nur widerrufen, weil es das Verhältnis zur Mutter nicht weiter belasten wollte? Oder hat sie sich die Taten wirklich nur ausgedacht?

Nicht berücksichtigt werden in diesem Prozess die Vorwürfe gegen den Onkel des Mädchens. Auch er soll sie sexuell missbraucht haben. Diese Vorwürfe, die gesondert verhandelt werden, hat die 18-Jährige ausdrücklich nicht widerrufen.