Langenberg. . Polizei und Schulleitung hatten nach einer Amokdrohung vom Donnerstag eigentlich einen normalen Schultag für Freitag beschlossen. Bereits am Donnerstag verbreitete sich die Nachricht vom angekündigten Amoklauf wie ein Lauffeuer. Ursächlich waren dafür offenbar die Ermittlungen der Polizei, die bei zwei Schülern Hausbesuche machte.
Um 8.30 Uhr war am Freitagmorgen im Gymnasium Schulschluss. Keine Fortbildung für Lehrer, keine Grippe-Epidemie sorgte für diesen unterrichtsfreien Tag vor dem Wochenende – eine Kommunikationspanne bemerkenswerten Umfangs war verantwortlich dafür, dass manche Schüler gar nicht erst erschienen waren, andere auf ihrem Schulweg per Handy wieder nach Hause umgeleitet wurden.
Auslöser war die telefonische Ankündigung eines bislang unbekannten Schülers vom Donnerstag bei der Polizei, am Freitagvormittag einen Amoklauf in der Schule zu veranstalten. „Die Kriminalpolizei informierte uns daraufhin, dass die Tat in der vierten Schulstunde stattfinden sollte“, berichtete die stellvertretende Schulleiterin Susanne Ottner. Amoklauf – seit den furchtbaren Tötungsdelikten in Erfurt und Winnenden ist das ein Stichwort mit höchster Alarmwirkung. 30 Amokdrohungen gab’s im Kreis Mettmann – in Langenberg bislang noch nie. „Die Kriminalpolizei riet uns, den Freitag so normal wie möglich zu gestalten“, berichtet Ottner. „Kein Aufsehen erregen, keine Informationen weitergeben, die missverstanden werden könnten.“ So sei es im Kollegium an der Panner Straße keine Frage gewesen, den Empfehlungen der Fachleuten zu folgen, sagt Lehrer Ralf Wilke.
„Wir haben diesen Anruf sehr ernst genommen“
Es kam anders. Womit weder Schulleitung noch Polizei gerechnet hatten: Bereits am Donnerstag verbreitete sich die Nachricht vom angekündigten Amoklauf wie ein Lauffeuer. Ursächlich waren dafür offenbar die Ermittlungen der Polizei: Nach Hinweisen auf den möglichen Anrufer machte die Polizei bei zwei Schülern Hausbesuche, unterzog die Jugendlichen so genannten „Gefährderansprachen“. Ob einer der Befragten die Polizeibesuche dann Bekannten mitteilte und die Nachricht via Facebook, Twitter und SMS innerhalb kürzester Zeit nahezu die ganze Schülerschaft erreichte – auch die Polizei kann darüber nur spekulieren.
„Wir haben diesen Anruf sehr ernst genommen“, sagt Kreispolizeisprecher Ulrich Löhe. Auch wenn solche Drohungen nicht zwingend Straftaten nach sich ziehen, sind sie für sich bereits eine Straftat, „und so spulen wir unser Ermittlungsprogramm sofort ab“, so Löhe. Über den Erfolg wurde nichts mitgeteilt.
Eltern informierten sich über Telefonketten
Freitagmorgen stellte die Schulleitung fest, dass nur sehr wenige Schüler zur Schule kamen. „Von Nachbarn hörte ich, dass die Schule wegen einer Amokdrohung geschlossen bleibt“, berichtet Martina Mohr, Pflegschaftsvorsitzende der Klasse 8c. Telefonisch wie auch auf der Homepage gab es keine Informationen. So bildeten sich Telefonketten, viele Schüler und Eltern erfuhren über soziale Netzwerke wie Facebook von der schwierigen Lage. Martina Mohr: „Mit dem Wenigen, was ich da hörte, habe ich für mich entschieden, mein Kind nicht in die Schule zu schicken. Den anderen in der Telefonkette wurde es dann selbst überlassen.“
„Ein großes Problem“, sagt Polizeisprecher Löhe. „Nennen Sie es Stille Post, Twitter oder Facebook – ungeprüft und selten wahrheitsgetreu werden so Informationen in die Welt gebracht, die nicht mehr korrigiert werden können.“ Die Schulleitung steht nun vor der Frage, wie man künftig mit solchen Fällen umgehen soll. „Was können wir als Lehrerkollegium lernen?“, fragt Susanne Ottner. Soll man gelassen bleiben, wie die Polizei es empfiehlt, damit Amokdrohende um den Erfolg des totalen Schulausfalls gebracht werden? Und: Wie schafft man es, seriös zu informieren und gleichzeitig Trittbrettfahrer zu verhindern?