Velbert/Kreis Mettmann. Jede Woche kommen derzeit 80 Flüchtlinge im Kreis Mettmann an – Ukrainer nicht mitgerechnet. Wer wird ausgewiesen, wer darf in Velbert bleiben?

Wenn Florian Peters drei Wünsche frei hätte, dann müsste die Personaldecke immer so ausreichend sein, dass sich in seinem Amt erst gar keine Arbeitsrückstände aufbauen. Zudem müssten die vorgeschalteten Stellen mehr Mitarbeiter haben. Zweitens würden die Praktiker aus Kommunen und Behörden von Anfang an bei neuen Gesetzesvorhaben einbezogen, das würde helfen, Fehleinschätzungen zu vermeiden, meint der Fachmann. Vor allem aber würde die gesamte Arbeit stärker digitalisiert, mit tatkräftiger Unterstützung durch Bund und Land.

„Dann könnten wir effektiver und effizienter arbeiten und wären in Summe schneller, hätten deutlich mehr Luft und Kapazitäten für alles andere frei“, sagt der Leiter des Ausländeramtes Kreis Mettmann.

Fortschritte durch verstärkte Digitalisierung

Das Ausländeramt hat seinen Sitz im Verwaltungsgebäude IV, der ehemaligen Kratzenfabrik Wolters, an der Düsseldorfer Straße schräg gegenüber des eigentlichen Kreishauses in Mettmann.
Das Ausländeramt hat seinen Sitz im Verwaltungsgebäude IV, der ehemaligen Kratzenfabrik Wolters, an der Düsseldorfer Straße schräg gegenüber des eigentlichen Kreishauses in Mettmann. © FUNKE Foto Services | Bastian Haumann

Die Arbeit des Amtsleiters (seit Januar) und seines Teams rückt infolge der Debatten über die steigenden Zahlen von Flüchtlingen und Asylbewerbernbis hin zur Unterbringungsproblematiknicht nur in Velbert müssen dafür im Neanderland erneut Turnhallen herhalten – wieder verstärkt in den Fokus. Von beschleunigten Asylverfahren ist hierzulande die Rede, von mehr Abschiebungen, von Karten statt Bargeld. Im Ausländeramt, das zeigt sich beim Besuch, hat einzig Realismus die Oberhand.

Viele Kriterien für Abschiebung zu erfüllen

Abschieben etwa ist nur möglich, wenn der oder die Betroffene nicht wegen einer Erkrankung reiseunfähig ist, kein abschiebe-hemmender Erlass vorliegt, der jeweilige nicht untergetaucht ist, er gültige Papiere besitzt und das Heimatland die Rücknahmebereitschaft erklärt. Letzteres mache etwa der Iran nur unter der Voraussetzung, erzählt Peters (40) und verzieht dabei keine Miene, „wenn der Betroffene schriftlich versichert, dass er freiwillig zurückkommt“.

Aufenthalts- und Niederlassungserlaubnisse

Zum Aufgabenkatalog des Ausländeramtes zählen die Erteilung und Verlängerung bis zu maximal drei Jahren unterschiedlich befristeter Aufenthaltserlaubnisse sowie von (unbefristeten) Niederlassungserlaubnissen. Weiter geht’s um das Erteilen und Verlängern von Duldungen (für Ausreisepflichtige) und Gestattungen für die Leute, die noch im Asylverfahren sind. Zudem prüft das Amt für die Botschaft bei Menschen, die daheim ein Visum beantragt haben, ob die nötigen Voraussetzungen erfüllt sind. Motive sind zumeist Familienzusammenführung, Beschäftigung, Studium, Au-pair etc.

80.000 sind für den Kreis ein Rekordstand

Florian Peters arbeitet seit 2003 im Ausländeramt des Kreises Mettmann; seit Januar ist er dessen Leiter.
Florian Peters arbeitet seit 2003 im Ausländeramt des Kreises Mettmann; seit Januar ist er dessen Leiter. © Daniela Hitzemann | Kreis Mettmann

„Wir weisen Straftäter aus und schieben Ausreisepflichtige ab“, erläutert Florian Peters. Potenziell ausreisepflichtig seien lediglich 1,6 Prozent aller Ausländer, die im Kreisgebiet leben. Das sind aktuell insgesamt mehr als 80.000, „mittlerweile Rekordstand“. Jede Woche kommen allein 80 Flüchtlinge neu im Kreis an, wobei Ukrainer gar nicht mitgezählt sind. „Vorwiegend aus Syrien, Afghanistan, Türkei und Irak. Sie haben insgesamt eine gut Bleibeperspektive. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass das Bundesamt die Anerkennung ausspricht.“ Hingegen stamme bloß „ein maximal einstelliger Prozentsatz“ aus so genannten sicheren Herkunftsstaaten wie Marokko, Tunesien oder Balkanländern. Sie könnten zurück müssen.

Asylverfahren dauert bis zu eineinhalb Jahre

Das eigentliche Asylverfahren ist Sache des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, das seinen Sitz in Nürnberg hat und Außenstellen unterhält, so auch in Düsseldorf. Das dauere „je nach Herkunftsland und Komplexität des Falls“ zwei oder drei Monate bis zu anderthalb Jahren. „Ohne Rechtsmittel.“ Auf den Ausgang warte das Ausländeramt genau so wie die Betroffenen selbst. Anschließend kommen die Mettmanner wieder ins Spiel. Bei positivem Entscheid stellen sie eine zunächst befristete Aufenthaltserlaubnis aus.

Bei Weigerung läuft Verfahren an

Bei negativem Ausgang bekommt der Abgewiesene von ihnen dargelegt, wie er ausreisen kann und Hinweise zu Beratungsstellen an die Hand. Peters: „Zeigt er keine Bereitschaft, wird das Abschiebeverfahren eingeleitet. Und wenn dann alles Nötige zusammen und geklärt sei, „buche ich einen Flug“.

Der Großteil sind ganz normale Anliegen

Noch einmal zurück zum eingangs erwähnten Thema Digitalisierung: Davon versprechen sich die Mitarbeiter wirklich Verbesserungen und haben dabei vor allem die ganz normalen, alltäglichen Anliegen im Blick, die mit 98 Prozent den größten Anteil haben. „Das würde zum Beispiel auch einer Frau aus Velbert ersparen, zweimal zu uns nach Mettmann kommen zu müssen. Erst um ihre Fingerabdrücke abzugeben und dann noch mal, um ihren Ausweis abzuholen.“

>>> Nahezu alle Planstellen im Amt sind besetzt

Das Ausländeramt des Kreises ist für alle aufenthaltsrechtlichen Angelegenheiten im Gebiet des Kreises Mettmann die zuständige Dienststelle. Und zwar für alle zehn kreisangehörigen Städte. Es befindet sich im Verwaltungsgebäude IV, der ehemaligen Kratzenfabrik Wolters, an der Düsseldorfer Straße schräg gegenüber des eigentlichen Kreishauses.

Die zugehörigen 75 Planstellen sind fast alle besetzt, hinzu kommen einige Unterstützungskräfte. Das Personal ist über Jahre aufgebaut worden. Als Florian Peters 2003 in dem Amt angefangen hat, gab es etwa halb so viele Stellen.