Velbert. „Steigende Schülerzahlen ohne Ende“ kommen auf die Stadt Velbert und ihre Schulen zu. Dort wird’s arg eng. Die Folgen reichen bis zum Jahr 2040.

Wie heißt es so treffend? Übertreibung macht anschaulich! – Und so prophezeit denn auch Ulrike Lexis „steigende Schülerzahlen ohne Ende“, als sie dem Ratsausschuss für Schule und Bildung vor Augen führt, was Velbert in den nächsten Jahren absehbar bevorsteht. Und wohlgemerkt nicht nur dieser Stadt. Die Fachfrau und Partnerin von dem Büro „Dr. Garbe, Lexis & von Berlepsch“ (Halle/Westfalen) legt Eckpunkte der Schulentwicklungsplanung (SEP) dar, die es in sich haben und die angesichts der Ergebnisse und Schlussfolgerungen vor Ort Taten erfordern. Das betrifft nach Einschätzung des beauftragten Beratungsbüros sowohl die Gymnasien als auch den Gesamtschul-Bereich.

GSG in Velbert auf vier Züge ausbauen

Die Gesamtschule Neviges – hier eine Visualisierung des geplanten, wohl mehr als 83 Millionen Euro teuren Neubaus – soll auf sechs Züge erweitert werden. So lautet eine Empfehlung.
Die Gesamtschule Neviges – hier eine Visualisierung des geplanten, wohl mehr als 83 Millionen Euro teuren Neubaus – soll auf sechs Züge erweitert werden. So lautet eine Empfehlung. © Goldbeck/Architekturbüro RKW+Architektur | Visualisierung: RKW Architektur +/ formtool

Einen guten Eindruck von der Lage bzw. davon, wohin die Reise geht, vermittelten jüngst auch die ganz aktuellen Anmeldezahlen an den weiterführenden Schulen der Stadt. Fachdezernent Gerno Böll kündigte jetzt in dem Fachausschuss an, in der nächsten Sitzungsrunde als „erste schulorganisatorische Maßnahme“ die Erweiterung des Geschwister-Scholl-Gymnasiums (GSG) auf vier Züge auf die Tagesordnung zu setzen.

Hochspannende Entwicklung

Doch zurück zum Ausgangspunkt: Der Zuwachs bei den Schülerzahlen sei auf die Geburten bezogen schon absehbar, hingegen hinsichtlich der Zuzüge allenfalls nur sehr schwer einschätzbar gewesen, berichtete die Dipl.-Volkswirtin in der Sitzung. Die demographische Entwicklung sei „hochspannend“, sagt sie und macht 2011 als Tiefpunkt bei den Geburten aus. Seither ging’s in erster Linie in eine Richtung: aufwärts. Ob der Rückgang in NRW in 2022 um sechs Prozent eine Trendumkehr oder bloß ein Ausrutscher gewesen sei, sei nicht klar: „Es könnte sein, dass wir den Boom mit 2021 schon hinter uns haben.“

Die stärksten Einschulungsjahre kommen erst noch

Da dieses Jahr nämlich das bisher stärkste Geburtenjahr gewesen sei, so Lexis weiter, liege folglich das „dicke Ende“ bei weiterführenden Schulen gen Ende der 30er Jahre, seien an Gymnasien und Gesamtschulen Steigerungen bis 2040 zu erwarten. Gab es in Velbert 2018 noch lediglich 628 I-Dötzchen, so legten diese bis 2022 und 2023 auf 761 bzw. 747 zu. Neben 2022 dürften Lexis zufolge „wahrscheinlich“ 2024 und 2027 „die stärksten Einschulungsjahre“ an den Grundschulen sein.

Schulen ausbauen oder Kinder abweisen

Die erste konkrete schulorganisatorische Maßnahme, die jetzt getroffen wird, betrifft das GSG in Birth. Es soll auf vier Züge wachsen.
Die erste konkrete schulorganisatorische Maßnahme, die jetzt getroffen wird, betrifft das GSG in Birth. Es soll auf vier Züge wachsen. © FUNKE Foto Services | Uwe Möller

Mit zwingenden Folgen und Zuwächsen an den weiterführenden Schulen jeweils vier Jahre später. „Wir landen bei ungefähr 850 Kindern, die dort beschult werden müssen.“ Für den weiterführenden Bereich zeichne sich für 2026 ein starker Anstieg ab: „Aber das ist erst der Anfang vom Lied.“ Klar sei, man müsse Schulen ausbauen, wenn man künftig nicht mehr Kinder abweisen wolle. „Ich bin schon jetzt oft in Kommunen, wo nicht alle Kinder beschult werden können.“

Grundschul-Situation nicht überall entspannt

Aus Sicht des Büros reichen die Plätze in der Primarstufe angesichts einer Kapazität von – incl. des Neubaus Grünstraße – in naher Zukunft 13 Grundschulen mit insgesamt 35 Zügen aus. Das sei allerdings an einzelnen und im Stadtbezirk Mitte nicht der Fall.

Möglichst schnell anpassen

Die Zügigkeiten weiterführender Schulen langten nicht, die für die drei Gymnasien gehörten „schnellstmöglich angepasst“, heißt es in dem Bericht. Heute würden alle drei prinzipiell dreizügig geführt, das reiche schon in diesem Jahr nicht. Wie berichtet, bildet das GSG zu 2023/24 erneut eine vierte Mehrklasse. Abhängig von der Klassenfrequenz müssten es laut Büro schon in den 20er Jahren insgesamt „mindestens zehn“ sein. In den 30ern seien dann elf bis zwölf Züge vonnöten, sagt Ulrike Lexis, wenn es „keinerlei Deckel oder Regulierung“ gebe.

Mit 27er Klassen planen

Grundsätzlich sei mit 27 Schülerinnen und Schülern pro Klasse zu planen; die Höchstgrenze von 31 sei nur in Ausnahmejahren zulässig. Die zentralen Empfehlungen lauten: Die Stadtverwaltung sollte die Ausweitung der Gymnasien räumlich prüfen und die Gesamtschule Neviges 2025/26 auf sechs Züge erweitert werden.

Rahmenbedingungen nicht ausblenden

Gerno Böll gab allerdings zu bedenken, bei der SEP die nicht unwesentlichen lokalen Rahmenbedingungen mit in den Fokus zu nehmen. Hierzu warf der Erste Beigeordnete die Frage auf, welchen Einfluss der Zuzug nach Velbert aus Südosteuropa infolge armutsbedingter Einwanderung in mittlerweile beträchtlicher Zahl auf die Übergangsquoten nehmen könnte.

>>> Strammes Programm für dieses Jahr

Die Entwicklungsplanung – sowohl in der Primar- als auch Sekundarstufe – gehört in diesem Jahr zu den Arbeitsschwerpunkten in der Abteilung Schulverwaltung des Fachbereichs Bildung/Kultur/Sport.

Weitere Felder sind – vor dem Hintergrund des beschlossenen Rechtsanspruchs auf einen OGS-Platz – die Weiterentwicklung des Offenen Ganztags und die Umsetzung der Medienentwicklungsplanung im Zuge des Digitalpaktes.