Langenberg. Die Langenberger Lesereihe wird von Peter Kape organisiert. Dieses Mal konnte er Christine Westermann gewinnen.
„Ich danke Ihnen! Der Laden ist voll“, sagt Christine Westermann und schaut auf das Publikum, „obwohl gerade ein sehr wichtiges Spiel bei der Weltmeisterschaft stattfindet“.
Ein wahres Wort spricht die Journalistin, Kritikerin und Schriftstellerin da: Parallel zu Westermanns Auftritt in Langenberg hat die FIFA das entscheidende Spiel der Gruppe B gelegt, Iran gegen die USA, eine Begegnung mit sportlicher und politischer Strahlkraft. Diesen Fußball-Leckerbissen auf denselben Abend zu hieven wie Westermanns Lesung in der Senderstadt – ein weiterer Fehltritt des an Fehltritten nicht armen Fußballweltverbandes.
Lesung von Westermann in Langenberg zeitgleich mit WM-Spiel
Nun gut, das Publikum ist ja trotzdem da: Und bekommt im Gegenzug viele Geschichten aus Westermanns Leben. Die ist zwar eigentlich gerade mit ihrem neuen Buch „Das Leben der anderen“ auf Lesereise, besonders viel liest sie an diesem Abend aber nicht. Stattdessen erzählt sie – und das ziemlich gut. „Ich bin ein Plappermaul“, sagt sie selbst und hat Recht.
Aber was sie da so plappert, ist wirklich ziemlich interessant; von ihrer Jugend in der DDR etwa oder ihrem Werdegang als Literaturkritikerin. Und das mit einem Witz und einem Charme, wie sie einem nur viel Bühnenerfahrung verschafft. „Ich bin andauernd bei irgendwelchen Talk-Shows eingeladen“, ist so ein sprachliches Perlchen.
Westermann erzählt bei ihrer Langenberger Lesung über ihr Leben
„Das ist in meinem Alter – ich werde bald vierundsiebzig – wirklich gefährlich, denn ich weiß nie, was ich da sage. Ich habe einfach keine Angst mehr.“ So pointiert ist aber nicht jede von Westermanns Geschichten. Sie spricht auch über Selbstzweifel („weniger als noch vor zehn Jahren, aber immer noch da“) oder über ihr Leben als junger Mensch, als sie früh mit dem Tod ihres Vaters zurechtkommen musste.
Und dann liest sich doch noch: Aus ihrem neuen Buch, das eine Mischung aus Literaturkritik und Autobiografie ist. Westermann vermischt dort Szenen ihres Lebens mit Büchern, die diese Szenen begleiteten – oder war es andersherum?
Die von Langenberger Peter Kape organisierte Lesung begeisterte das Publikum
Jedenfalls geht es um so unterschiedliche Werke wie Jon McGregors „Speicher 13“ und Georges Simenons „Maigret auf Reisen“, Géraldine Dalban-Moreynas’ „An Liebe stirbst du nicht“ und Max Frischs Fragebogen aus seinen Tagebüchern. Sie alle – und noch knapp vierzig mehr – haben Westermann anscheinend so geprägt, dass sie sie in unauflöslicher Verbundenheit mit ihrer eigenen Biografie empfindet.
In die Liste gehört übrigens auch Thomas Manns „Zauberberg“, an den sie sich wegen seines Umfangs und seiner Komplexität erst nach Jahrzehnten gewagt habe. Als sie ihn endlich aufgeschlagen habe, sei ihr die Lust aber bereits wieder vergangen. „Der Autor nennt sich selbst den ‚raunenden Beschwörer des Imperfekts’. Das wäre genau die Stelle, an der ich das Buch eigentlich entnervt zur Seite legen würde. Aussortiert wegen nervender Selbstbeweihräucherung des Autors.“ Noch so ein Bonmot.
Gelesen hat Westermann den „Zauberberg“ am Ende trotzdem – wie so viele andere Bücher.
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>>>Langenberger Buchhändler organisiert die Lesereihe
Organisiert hat die Lesung der Langenberger Buchhändler Peter Kape. Im Zuge seiner Lesereihe war erst vor kurzem der Journalist Bartolomäus Grill zu Gast gewesen.
Bald will Kape auch den Journalisten Jörg Thadeusz in die Senderstadt lotsen. Die Lesereihe ist also noch längst nicht am Ende.