Langenberg. Das Gebäude der VG in Velbert ist mehr als 100 Jahre alt und soll in seiner Substanz erhalten bleiben – und gleichzeitig moderner werden.
Tradition und Moderne verbinden, diesen Spagat möchte Peter Roß gleich in zweierlei Hinsicht hinlegen. Er ist 1. Direktor der Vereinigten Gesellschaft und als solcher ist ihm daran gelegen, dass sowohl das Gebäude an der Hauptstraße als auch die VG als Gesellschaft, als Verein jeweils beide Aspekte miteinander vereinen.
Beim Gebäude ist er dabei schon einen großen Schritt weiter. Der große Saal ist mittlerweile vollständig restauriert und gegenüber der Vor-Corona-Zeit hat sich einiges verändert – angefangen mit der Farbe. Ganz in Weiß erstrahlen die Wände, in Gold sind Verzierungen hervorgehoben.
Alte Decke freigelegt
Und auch die Decke ist jetzt höher, exakt 1,60 Meter: „Die alte war gut 40 Jahre drin“, sagt Peter Roß. Die alte, das war eine abgehängte Decke aus Rigips-Platten. Glatt, unscheinbar. „Wir haben nun alte Strukturen wieder belebt“, sagt der Direktor der VG. Gleichzeitig ist der Saal jetzt heller, denn durch die freigelegten Oberlichter fällt noch mehr Licht hinein.
„Als die alte Decke weg war, haben wir einige Bauschäden festgestellt“, blickt Peter Roß zurück. „Die mussten repariert werden. Das hat natürlich Zeit gekostet und die Investition in die Höhe getrieben.“ Ein gutes halbes Jahr haben die Arbeiten gedauert.
Kooperation mit dem Denkmalschutz
Beauftragt hatte die VG dazu den Architekten, der auch die Stadthalle in Wuppertal saniert hatte. „Vom Stil und vom Baujahr her sind sich die beiden Gebäude recht ähnlich“, erläutert der 1. Direktor. Deswegen habe man sich für diesen Architekten entschieden.
„Wir möchten alles möglichst originalgetreu wieder herstellen“, sagt Peter Roß, der Denkmalschutz sei „selbstverständlich“ mit eingebunden. Die Stuckarbeiten etwa haben die Handwerker abgenommen und so nachgearbeitet, wie sie ursprünglich einmal ausgesehen haben.
LED statt Gas
Da, wo es möglich ist, soll aber auch die Moderne Einzug ins Gemäuer halten. „Etwa bei der Bausubstanz, die haben wir um eine Dämmung ergänzt.“ Auch die Beleuchtung ist auf dem aktuellen Stand der Technik: Zwar liegen noch die Leitungen für die alten Gaslampen, aber die großen Kronleuchter und auch alle anderen Lampen funktionieren mittlerweile mit LEDs.
Durchschnittsalter senken
Spagat Nummer zwei zwischen Tradition und Moderne ist für Peter Roß allerdings der viel schwieriger zu bewältigende: „Unser Durchschnittsalter ist recht hoch“, sagt er, „wir wollen jünger werden.“ Doch neue Mitglieder zu gewinnen ist gar nicht so einfach.
„Corona hat uns da natürlich sehr geschadet“, konnte die VG wegen der Beschränkungen bereits zwei Mal ihr Stiftungsfest nicht durchführen – sonst eine gute Gelegenheit, um auf sich aufmerksam zu machen. Hinzu kommt, vermutet Peter Roß, „dass zu viele uns für einen elitären Club halten.“ Er lacht, „aber das sind wir gar nicht.“
Kultur ist fester Bestandteil
Klar, die Mitglieder stehen alle fest im Berufsleben, „sind gestandene Leute“, sagt er. Aber das sei es dann auch schon. „Wir legen viel Wert auf Kultur, versuchen immer, gute Künstlerinnen und Künstler zu verpflichten, die bei uns auftreten.“ (Wie man Mitglied wird, lesen Sie hier: https://www.waz.de/staedte/velbert/vereinigte-gesellschaft-langenberg-ist-gelebte-tradition-id230186770.html.)
So war etwa Anfang des Jahres Kai Magnus Sting an der Hauptstraße zu Gast, „das war super“, schwärmt Peter Ross. Auch sonst hätte die VG „einen ganz guten Draht, den wir glühen lassen können“, um auch bekanntere Namen nach Langenberg zu locken.
Konzert für die Öffentlichkeit
Einige dieser Auftritte sind auch öffentlich – wie etwa das Konzert der jungen japanischen Pianistin Raimu Satoh: Die kommt am Sonntag, 23. Oktober, in die VG und spielt ab 17 Uhr Stücke von Bach und Debussy. Karten kosten 10 Euro, ein Getränk ist im Eintritt inbegriffen.
„Normalerweise bieten wir pro Jahr vier Konzerte in Kooperation mit Kawai an“, erläutert Peter Roß den Hintergrund. Die japanische Firma stellt unter anderem Flügel her, das Instrument, das im Foyer des großen Saales steht, ist von eben jener Firma.
„Dieses Jahr können wir aber nur dieses eine am 23. Oktober anbieten“, bedauert VG-Direktor Peter Roß. Dafür sei im November ein zweites Konzert vorgesehen: Das Duo MultiCorde – klassische Gitarre und Harfe – spielt am Samstag, 26. November, um 17 Uhr. Auch hier kostet der Eintritt inklusive eines Getränkes 10 Euro.
Offenes Haus für die Mitglieder
Unabhängig davon möchte Peter Roß gerne die VG zu einem offenen Haus für die Mitglieder machen. Schon jetzt ist jeden Abend Kegeln auf der hauseigenen Bahn angesagt – „aber nur zum Spaß, die Geselligkeit zählt“ –, steht ein Kicker zur Verfügung. „Ich möchte aber, dass man sich jederzeit treffen kann: zum Skat spielen oder einfach nur, um sich auszutauschen.“
Nicht einfach, dieser doppelte Spagat, aber ein nötiger: „Wir wollen ja auch in Zukunft noch weiter bestehen“, sagt Peter Roß und zitiert sinngemäß den französischen Sozialisten Jean Jaurès (obwohl das Zitat gerne Gustav Mahler zugeschrieben wird): „Wir wollen die Glut bewahren und nicht die Asche anbeten.“
Die VG – Haus und Gesellschaft
Die Vereinigte Gesellschaft zu Langenberg/Rheinland ist am 20. Dezember 1798 gegründet worden – und damit wohl die älteste Herrengesellschaft in Kontinentaleuropa. Nur in England gibt es noch ältere.
Nicht ganz so alt wie die Gesellschaft ist das Haus an der Hauptstraße 84. Das ist gut einhundert Jahre jünger, stammt aus dem Jahr 1894.