Kreis Mettmann. Im Kreis Mettmann gibt es künftig Telenotärzte. Sie beraten von der Leitstelle aus Rettungssanitäter, die vor Ort bei Patienten sind.
Für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Kreisleitstelle ist es oft keine einfache Entscheidung – eine Entscheidung, die in Sekunden anhand der vorliegenden Informationen getroffen werden muss: Benötigt der Patient schnellstmöglich einen Notarzt vor Ort – oder reicht ein Rettungswagen (RTW) mit gut ausgebildeten Rettungssanitätern? Meist liegen die erfahrenen Disponentinnen und Disponenten richtig – in einigen Fällen stellt sich die Situation vor Ort dann aber doch ganz anders dar als vom Anrufer geschildert.
Ist ein Notarzt oder eine Notärztin unnötig ausgerückt, ist das zwar ärgerlich – aber nicht lebensbedrohlich. Umgekehrt kann es jedoch schlimm enden, wenn ein Notarzt von der Rettungswagenbesatzung erst nachgefordert werden muss – allein schon, weil einiges eben nur ein Notarzt entscheiden darf. So dürfen Rettungsdienst-Mitarbeiter beispielsweise bestimmte Medikamente nicht verabreichen.
Problematisch kann es auch werden, wenn ein Notarzt oder eine Notärztin zwar direkt mitalarmiert wurde – aber ob eines längeren Weges einfach länger als der RTW bis zum Patienten braucht. Dann vergehen wertvolle Sekunden.
Zusammenarbeit mit vier Städten und einem weiteren Kreis
Für solche Fälle soll es künftig Abhilfe geben. Die Politik im Kreis Mettmann diskutiert derzeit über die Einrichtung eines Telenotarzt-Systems – im Zusammenschluss mit den Städten Wuppertal, Leverkusen, Remscheid und Solingen sowie dem Ennepe-Ruhr-Kreis.
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Die Idee dahinter: Rettungssanitäter können bis zum Eintreffen eines Notarztes mit Hilfe eines speziellen Kommunikationssystems per Knopfdruck Kontakt zu einem Telenotarzt in einer der angeschlossenen Leitstellen aufnehmen. Dieser hat dann die Möglichkeit, sich in Echtzeit die Viraldaten des Patienten übertragen zu lassen und hat zudem Sprach- sowie gegebenenfalls Sichtkontakt via Kamera zu den Helfern vor Ort.
In der Region Aachen hat sich das System bereits bewährt
Nachdem es in der Region Aachen bereits seit 2014 ein Telenotarzt-System gibt, über das seither rund 45.000 Einsätze abgewickelt wurden, hatte das NRW-Gesundheitsministerium gemeinsam mit den Krankenkassen, den kommunalen Spitzenverbänden und den Ärztekammern Nordrhein und Westfalen-Lippe im Februar 2020 den flächendeckenden Aufbau eines Telenotarztsystems in Nordrhein-Westfalen bis 2025 beschlossen. Im Kreis Mettmann soll es – in der Anfangszeit auch mit Unterstützung aus Aachen – schon deutlich früher losgehen.
Für das ganze Gebiet, das die Leitstellen abdecken, benötigt man etwa 20 bis 30 Ärztinnen und Ärzte, bis zu 100 Rettungswagen sollen mit dem System ausgestattet werden.
Telenotärzte sitzen künftig in Mettmann und Leverkusen
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Während auf politischer Ebene derzeit die formalen Beschlüsse gefasst werden – so muss der Kreistag am 29. September beispielsweise den gemeinsamen Betrieb und damit eine öffentlich-rechtliche Vereinbarung mit den beteiligten Städten und dem Ennepe-Ruhr-Kreis beschließen – wird auf medizinischer Ebene bereits an Standards gefeilt. Da der Telenotarzt wechselnd in den Leitstellen in Mettmann und Leverkusen – den beiden Kernträgern des Systems – sitzen soll, werden gleiche Abläufe benötigt, um den Einsatz so sicher und einfach wie möglich zu machen. Geklärt werden muss zum Beispiel, welche Maßnahmen ein Notfallsanitäter selbstständig durchführen darf und in welchen Situationen der Telenotarzt dazu geschaltet werden muss.
Es sollen keine Notärzte eingespart werden
Alle Beteiligten betonen: Durch den Telenotarzt sollen im Kreis Mettmann keine anderen Notärzte eingespart werden. Jedoch sind die Einsatzzahlen in den vergangenen Jahren deutlich angestiegen. Durch den Telenotarzt sollen die vorhandenen Personalressourcen besser genutzt werden. In der Region Aachen konnten beispielsweise ca. 35 Prozent der Verlegungstransporte zwischen Krankenhäusern, die unter normalen Bedingungen eine Arztbegleitung erfordert hätten, ausschließlich telemedizinisch begleitet werden.
>>> Notarzt-Einsätze in Zahlen
33 Rettungstransportwagen und sieben Notarztfahrzeuge für den Kreis Mettmann sind im entsprechenden Bedarfsplan vorgesehen, so Torsten Schams, Leiter des Amtes für Brand- und Katastrophenschutz. Derzeit gibt es sechs Notarztstandorte – auch die Etablierung eines siebten Standorts ist bereits beschlossen.
Für die Besetzung eines 24 Stunden betriebenen Notarztfahrzeuges sind laut Schams übrigens fünf Notärzte erforderlich.
Rund 2900 Mal pro Jahr rückt allein für Einsätze in Velbert ein Notarzt aus, kreisweit 17.363 Mal – so die aktuellsten Zahlen. 2015 waren es noch deutlich weniger Notarzt-Einsätze – in Velbert rund 2000, kreisweit rund 13.000.