Mettmann. Das Gefahrenabwehrzentrum des Kreises Mettmann ist eines der modernsten in Deutschland. Ein Besuch vor Ort, inklusive Blick in die Leitstelle.
Gedämpft hallen ein paar Stimmen durch den großen Raum, farbige Lichter markieren einzelne Schreibtische. Es ist angenehm kühl. Hier, im Herzen der neuen Kreisleitstelle der Feuerwehr, herrscht gerade normaler Alltagsbetrieb. „Sonst ist mehr los“, flüstert einer der Beamten. Warum es diesmal stiller ist? „Weil der Chef da ist“, tönt es aus einer Ecke. Leises Gelächter folgt.
Der Chef, das ist Michael Peters, Brandrat und Leiter der Einsatzzentrale. Die ist noch gar nicht so lange im Dienst, „ist aber aktuell eine der modernsten in ganz Deutschland“, schwärmt Michael Peters. Und nicht nur das: „Wir sind auch für die Zukunft gerüstet, haben Entwicklungspotenzial.“
Leiter hat alles im Blick
Schon hier in seinem Büro im zweiten Obergeschoss hat er alles im Blick, wenn auch nicht so überdimensional groß, wie in der eigentlichen Leitstelle. Ein Monitor in Blickrichtung zeigt alles, was er an Informationen braucht: aktuell etwa die Bettenbelegung der Krankenhäuser im Kreis und angrenzenden Städten.
Ein weiterer Ausschnitt zeigt gerade laufende Einsätze an, ein weiterer, welche Fahrzeuge momentan nicht zur Verfügung stehen. Auch das Portal eines Wetterdienstes ist stets geöffnet. „Wenn wir beispielsweise eine Unwetterlage haben, kann ich das alles umstellen“, erläutert Michael Peters. Dann kann er sich zusätzlich auch noch Windrichtung und -stärke oder die Hochwasserpegel anzeigen lassen.
Ein zweiter Monitor oberhalb der Tür zum Büro zeigt das Anrufaufkommen: Wie ist die Auslastung, wie ist die Zugriffszeit? „Ich kann ja keinen Notruf minutenlang in der Leitung lassen“, sagt Michael Peters. „So sehe ich, ob ich eventuell personell gegensteuern muss.“
„Abgeriegelt wie Fort Knox“
Das Gefahrenabwehrzentrum – so der offizielle Name – ist Ende Oktober 2021 in Betrieb gegangen. Das Herzstück, die Leitstelle, erstreckt sich über zwei Etagen mit Sozialräumen im Obergeschoss – „alles abgeriegelt wie Fort Knox“, sagt Leiter Michael Peters lachend.
Doch witzig ist das eigentlich nicht. Wer persönlich hinein will, braucht entsprechende Schlüssel und muss durch eine Schleuse. Aber – im Jahr 2022 – gibt es auch noch andere Wege hinein, illegale digitale nämlich. „Wir haben unsere eigenen IT-Leute, die hier für die Sicherheit sorgen“, erläutert Brandrat Michael Peters.
Permanente Abwehr von Hacker-Angriffen
Wie nötig das sei, belege eine einfache Tatsache: „Die wehren hier eigentlich täglich Angriffe ab“, sagt er. „Früher“, fährt er fort, „haben sich Jungs darum gekümmert, die zu Hause auch nen Computer stehen haben.“ Er lacht. „Das geht heutzutage natürlich nicht mehr.“ Und weil externe Dienstleister nicht 24/7, also jeden Tag rund um die Uhr, zur Verfügung stehen können, hat die Feuerwehr längst eigene Spezialisten.
Auch physisch ist die wichtige Infrastruktur geschützt, es gibt zwei von einander getrennte Rechenzentren – so dass eins übernehmen kann, sollte das andere ausfallen. Denn von der Arbeit in der Leitstelle hängen Menschenleben ab.
Notrufe aus dem Kreis laufen ein
Hier laufen die Notrufe aus dem ganzen Kreis Mettmann zusammen, von hier werden Einsätze koordiniert. Damit das reibungslos funktioniert, ist der zentrale Raum bestens ausgestattet: Überdimensionale Monitore an der Stirnwand zeigen alles an, was die Beamten im Raum an Informationen brauchen.
Farbige Leuchten zeigen an, welcher Operator gerade in welchem Segment tätig ist: blau bedeutet Rettungsdienst, rot bedeutet Brandgeschehen und Technik, weiß ist die Leitung. Blinkt es gelb, braucht die Kollegin bzw. der Kollege Unterstützung.
Bis zu 18 Arbeitsplätze verfügbar
Drei gebogene Monitore hat ein Operator, das entspricht sechs normalen. Dazu einen höhenverstellbaren Schreibtisch und einen ergonomisch angepassten Stuhl. „Das Modell verwenden übrigens auch Fluglotsen“, erläutert Michael Peters. Dazu noch die hochmoderne Telefonanlage – die bei Anrufen vom Handy auch den genauen Standort anzeigen kann.
Zwölf Plätze stehen in dem großen Raum zur Verfügung, sechs weitere sind in einem abgetrennten Nebenraum. „Das ist die Redundanz für Leverkusen“, erläutert Chef Michael Peters. Heißt: Fällt in Leverkusen die Leitstelle aus, können dortige Einsätze von Mettmann aus koordiniert werden. „Und umgekehrt ist das genauso der Fall.“
Fantastischer Ausblick
Doch so lange das nicht nötig ist, werden die sechs Plätze zu Schulungszwecken genutzt. „Wir haben Demo-Systeme, da können wir ganze Einsätze simulieren“, sagt Michael Peters – der dann grinsend auf die Fenster zeigt: „Und nun zur B-Note“, sagt er. Was er meint: Der Blick aus der Fenster ist bombastisch. In die eine Richtung ist die Sicht frei bis zum Niederrhein mit seinen Kraftwerken, weiter südlich ist der Kölner Fernsehturm und – an guten Tagen – sogar die Nordeifel zu sehen.
Eine Erweiterung steht bereits im kommenden Jahr an: Ab 2023 ist im Besprechungsraum der Leitstelle eine Tele-Notarzt stationiert. Der versorgt dann neben dem Kreis Mettmann auch den Ennepe-Ruhr-Kreis sowie die Städte Leverkusen, Wuppertal, Solingen und Remscheid – in dem Bereich leben etwa 1,6 Millionen Menschen, 60 bis 80 Rettungswagen sind geschätzt unterwegs.
Tele-Notarzt berät Einsatzkräfte
„Der Tele-Notarzt steht dann den Einsatzkräften als medizinischer und Rechtsberater zur Seite“, erläutert Michael Peters. Heißt: Er kann etwa Medikamentengaben anordnen und auch sonst die Ärzte und Sanitäter vor Ort unterstützen.
Mit der neuen Leitstelle sieht Michael Peters die Feuerwehren im Kreis Mettmann gut gerüstet für zukünftige Einsätze und Einsatzszenarien. Er rechne damit, dass vor allem wetterbedingte Einsätze zunehmen werden – Hochwasserlagen wie 2021 oder auch Waldbrände. Diese Großeinsätze dann zu koordinieren, sagt er, „das fällt mit so einem Einsatzzentrum wesentlich leichter“.
Modernes Gerät im Einsatz
Die Feuerwehren im Kreis Mettmann verfügen auch über mehrere Drohnen-Staffeln. „Die haben sich bewährt“, sagt Brandrat Michael Peters. „Gerade bei komplexen Einsätzen ist ein Blick von oben sehr hilfreich.“
So könne der Einsatzleiter zum Beispiel das Ausmaß eines Brandes erfassen oder sehen, wie verschachtelt Gebäude stehen. Gerade bei Einsätzen in Industrie- oder Gewerbegebieten sei das nicht zu unterschätzen.
Und natürlich appelliert der Chef der Leitstelle: „Bitte keine brennenden Kippen wegwerfen, auch nicht aus dem Auto.“ Außerdem: Nicht auf Wiesen oder Feldern grillen, im Wald sowieso nicht, offenes Feuer vermeiden, nicht auf Grünstreifen parken. „So können wir die Waldbrandgefahr minimieren.“