Velbert. Der Velberter Manfred Preuth hat im Juli ein junges Rotkehlchen im Garten entdeckt, das sehr zutraulich ist. Der Naturliebhaber weiß, wieso.

Kaum öffnet Manfred Preuth die Tür zu seinem Garten, kommt auch schon sein ganz spezieller Freund. Das erfreut den 80-jährigen Rentner sehr, denn diese Beziehung ist für den Naturfreund etwas ganz Besonders. Es handelt sich aber nicht um ein Kind aus der Nachbarschaft oder eine Katze, die sich bei ihm Streicheleinheiten abholt: Ein Rotkehlchen kommt neugierig angehüpft und wartet darauf, dass der Senior mit der Gartenarbeit loslegt. Denn dann, so weiß der stolze Jungvogel genau, gibt es was richtig Leckeres in den Schnabel. Der Naturliebhaber betont: „Das ist ein Wildtier und so soll es auch bleiben.“ Also bekommt das Rotkehlchen keinen Namen und darf auch nicht mit ins Haus.

Dieses junge Rotkehlchen ist besonders zutraulich und beobachtet Manfred Preuth besonders bei seiner Gartenarbeit genau und aus geringer Distanz.
Dieses junge Rotkehlchen ist besonders zutraulich und beobachtet Manfred Preuth besonders bei seiner Gartenarbeit genau und aus geringer Distanz. © Isabel Nosbers

Rotkehlchen wartet auf frische Leckerbissen aus der Erde

Dennoch erfreut sich Manfred Preuth an dem Tier, das vorwitzig und neugierig ihm immer wieder näherkommt, als der Hobbynaturkundler es bislang von seinen Artgenossen kennt. Schnell hatte das Rotkehlchen wohl begriffen: Wenn Preuth die Beete umgräbt, dann fällt auf jeden Fall das ein oder andere Schmankerl ab – und so beobachtete es den Gärtner genau, gerade mal mit einem Meter Abstand. Da Preuth die Vogelsprache beherrscht, unterstützte er das Tun immer wieder mit „einem Schnalzgeräusch, das die Tiere bei der Futtersuche von sich geben“. Schnalzt Preuth also, ist das Rotkehlchen sofort zur Stelle.

Zum ersten Mal hat er den kleinen Piepmatz Ende Juli in seinem Garten beobachten können. „Er war noch ganz braun und ohne Schwanz.“ Ganz klar konnte er ihn dennoch direkt als Rotkehlchen identifizieren: „denn die picken schlagartig, schnell und entschlossen“. Mittlerweile färbt sich die Brust des kleinen Vogels rot. Doch so schön es auch ist, die Entwicklung des Rotkehlchens in seinem Garten mit anzusehen: „Eigentlich sind Rotkehlchen ja Zugvögel“, weiß Preuth, der sich seit seiner Kindheit intensiv mit Tieren und ihrer Lebensumgebung beschäftigt.

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Früher zogen die Rotkehlchen in den Süden

„Ich erinnere mich noch an einen Urlaub in Südfrankreich vor 20 Jahren“, da, so sagt er lächelnd, „habe ich all unsere deutschen Rotkehlchen getroffen, die in die Wärme geflohen sind“. Dass sich das kleine Rotkehlchen aus seinem Garten auf die lange Reise gen Süden begibt, daran glaubt er nicht. Denn Zugvögel seien die Rotkehlchen schon einige Zeit nicht mehr. Das Nahrungsangebot ist vor Ort einfach zu gut. „Durch den Klimawandel“, erklärt Preuth. „Rotkehlchen sind Nahrungsopportunisten, sie warten drauf, dass etwas abfällt.“ Und das sei nun auch immer länger in den Herbst und Winter hinein der Fall.

„Ich entdecke hier Insekten, die ich vor 20 Jahren nur in Südfrankreich entdecken konnte, wie die französische Feldwespe, die hier nun fest beheimatet ist.“ Die Vögel, so erklärt Preuth, folgen lediglich der Beute. Und so sei es höchstens mal der Fall, dass die Rotkehlchen bis zum nächsten schneefreien Gebiet ziehen, nicht mehr aber in den Süden.

Dieses Rotkehlchen beobachtet Manfred Preuth genau und freut sich besonders, wenn bei der Gartenarbeit wieder schmackhafte Insekten aus der Erde hervorkommen. Mittlerweile ist auch die typische rote Brust gut zu erkennen.
Dieses Rotkehlchen beobachtet Manfred Preuth genau und freut sich besonders, wenn bei der Gartenarbeit wieder schmackhafte Insekten aus der Erde hervorkommen. Mittlerweile ist auch die typische rote Brust gut zu erkennen. © Manfred Preuth

Zusammenhang zwischen Flora und Tieren

Manfred Preuth fallen etliche Beispiele ein, was sich in den 50 Jahren seiner Entdeckerleidenschaft geändert hat. Mit acht Jahren kannte der Junge, der „viele Freiheiten genießen konnte“, schon 100 Tierarten, entdeckte immer wieder den unabdingbaren Zusammenhang von Flora und Fauna – und auch, wie wichtig die Nahrungsketten sind, um Tierarten am Leben zu erhalten. „Wir können die Schmetterlinge nicht schön finden und wollen die Raupen nicht haben“, sagt er und wünscht sich, dass „Menschen auch unbekannte Tiere respektieren“. Er erinnert sich an einen Urlaub, in dem Eltern ihren Kindern bei unbekannten Insekten befahlen: „Hau tot!“ Preuth meint: „Wer den Zusammenhang zwischen Pflanze und Tier nicht kennt, tötet Tiere – ohne zu wissen, was dadurch passiert“.

Rotkehlchen sind Naturfolger

Weshalb das Rotkehlchen nun gerade Manfred Preuth verfolgt, hat er nun noch einmal in der Literatur nachgeschlagen und erklärt: Im englischsprachigen Raum heißt das Rotkehlchen ,European Robin’ und wird dort nach vielen Unklarheiten seit kurzem zur Familie der Altwelt-Fliegenschnäpper (Muscicapidae) gerechnet (engl. „Old world flycatcher“).

Es ist entsprechend zahlreich in Asien, Afrika und Europa zu finden. Den sonstigen Fliegenschnäppern ähnlich, folgt es bei der Nahrungssuche größeren Wildtieren, da diese typischerweise viele Insekten bei ihren Bewegungen aufscheuchen; eine leichte Beute für die gewandten Insektenfresser.

Und da bei uns die Rotkehlchen ausgesprochene Kulturfolger sind, folgen sie auch sogleich im Garten tätigen Menschen, wenn diese dort Erde aufgraben. Also nix mit persönlicher Freundschaft zwischen Tier und Mensch, sondern nur Hoffnung auf leichten Nahrungserwerb.