Velbert. Die Klimakrise schadet mit Flut und Dürre den Menschen in Velbert. Die Feuerwehr reagiert – indem sie unter anderem ein Rettungsboot beschafft.

Früher rief man meistens nur die Feuerwehr, wenn es brannte. Doch in den letzten Monaten hat sie sich um viele andere Sorgen der Bürgerinnen und Bürger in Velbert gekümmert. „Man erkennt, dass es häufiger zu Sturm, Starkregen und Trockenheit kommt“, sagt der Feuerwehrsprecher Marcel Borowski am Telefon. Die Klimakrise verschiebt das Aufgabenprofil der Feuerwehr. So sehr, dass sie sich jetzt sogar ein Rettungsboot anschafft.

Anfang 2021 lag Velbert unter einer dicken Eisschicht begraben, am 25. Januar musste die Feuerwehr 40 Mal rausrücken – dutzende Äste stürzten unter der Last der Schneemassen ab und zerstörten Wege, Autos und Häuser. Bei einem Einsatz schlug ein Baum nur einen halben Meter vor einem Feuerwehrwagen ein.

Feuerwehr in Velbert wappnet sich für weitere Wetterextreme mit neuer Ausrüstung

Im Herbst 2021 hat die Feuerwehr den Teich am Schloss Hardenberg mit frischem Wasser versorgt, weil die Bäche und Flüsse so leer waren. Im Dürresommer 2018 hat sie ein Stoppelfeld am Kostenberg gelöscht, beinahe hätten sich die Flammen auf den angrenzenden Wald ausgedehnt. 600 Quadratmeter Feld waren am Ende des Einsatzes abgefackelt. Die Feuerwehr konnte Schlimmeres verhindern. Bei 35 bis 40 Grad reicht eine Glasscherbe oder eine achtlos weggeworfene Kippe, dass eine Böschung Feuer fängt.

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„Teilweise ist das Gras so trocken, da muss es nur von einem heißen Automotor berührt werden und es brennt“, sagt Borowski. Er erinnert sich an drei Brände auf abgeernteten Feldern in den vergangenen Monaten. Das Feuer verbreitete sich dort rasend schnell, weil das Heu trocken wie Zunder war.

Nach dem Hochwasser in Langenberg beseitigt eine Frau auf der Hauptstraße Schlamm.
Nach dem Hochwasser in Langenberg beseitigt eine Frau auf der Hauptstraße Schlamm. © FUNKE Foto Services | Alexandra Roth

Als Langenberg im Juli überschwemmt wurde, rettete die Feuerwehr zwei Menschen, die auf einem Autodach Schutz gesucht hatten. Sie konnten sich nicht mehr allein befreien. Borowski sagt, in den Tagen der Flut mussten sie erstmal Menschenleben retten, erst hinterher kamen sie dazu, das Wasser aus den Häusern der Bürger zu pumpen. Doch es waren zu viele Häuser vollgelaufen, sie konnte nicht alle Keller leerpumpen.

Klimakrise führt dazu, dass die Einsätze der Feuerwehr länger und intensiver sind

Noch Tage danach hat sie Umweltschäden beseitigt, weil Öltanks von den Wassermassen weggespült worden waren. „Wir sind Kummer gewöhnt“, sagt er, „aber es bleibt schon im Gedächtnis, was so eine Naturgewalt anrichten kann.“ 130 Einsatzkräfte der Velberter Feuerwehr kämpften in diesen Tagen gegen die Flut. Die Einsätze der Feuerwehr – sie seien in den vergangenen Monaten länger und intensiver geworden. Deswegen rüstet sie jetzt ihr Equipment auf.

Nach der Flutkatastrophe hat sie „alle Köpfe zusammengesteckt und Bilder ausgewertet“, um eine Strategie zu entwickeln, mit künftigen Auswirkungen der Klimakrise noch schlagkräftiger umgehen zu können. Neben den Brandschutzstiefeln hat jede Feuerwehrfrau und jeder Feuerwehrmann jetzt auch Gummistiefel im Spint.

Als nächstes soll die Wehr mit leichter Schutzkleidung ausgestattet werden. Die Brandschutzkleidung, die sie bisher trägt, ist auslegt für große Hitze in Innenräumen, sie ist viel zu schwer und heiß für Einsätze im Freien.

Neben Schutzkleidung und Gummistiefeln besorgt die Feuerwehr auch ein Rettungsboot

Da in Langenberg und Neviges teilweise Gerätegebäude der Feuerwehr überschwemmt wurden, hat sie Sandsäcke besorgt. Bei der nächsten Flut will sie ihre Ausrüstung damit besser schützen. Zudem hat sie weitere Tauchpumpen beschafft. Man muss nur einen Schlauch an die mülltonnengroßen Geräte anschließen und kann zügig und flexibel Keller abpumpen.

Ein Vorteil im Kampf gegen Wetterextreme sei, dass in Mettmann vor kurzem das Gefahrenabwehrzentrum eröffnet wurde. „Wir bündeln hier in einer Leitstelle alle Notrufe und können Einsätze somit noch besser koordinieren.“ Und die Feuerwehr bekommt zudem ein Rettungsboot.

„Um einer Hochwasserlage wie dieses Jahr Herr zu werden haben wir beschlossen, ein Hochwasserboot zu beschaffen“, sagt Borowski. Schließlich könne so eine Katastrophe jederzeit wiederkommen. Es kostet 14.000 Euro und soll spätestens Anfang 2022 eintreffen. Es wird in der Hauptfeuer- und Rettungswache Velbert-Mitte stehen. In der Fachsprache heißt es Flachwasserschubboot, es kommt von der Firma J.W. Schäfer. Einsatzgebiet: Rettungen in überfluteten Ortschaften.

Mit seinen etwa vier Metern ist das Aluboot leicht, handlich und wendig. Auch wenn man nicht wisse, wie sich die Klimakrise weiterhin in Velbert auswirkt – „wir werden gut ausgestattet und motiviert sein“, so Borowski. „Allzeit bereit, was da auch kommt, um Bürger zu schützen.“

>> Klimakrise wohl noch dramatischer als gedacht

  • Kürzlich wurde bekannt, dass wohl weltweit deutlich mehr CO2 ausgestoßen wird, als bislang angenommen. Offenbar gibt es eine Diskrepanz zwischen den Emissionen, die von den Ländern an die Vereinten Nationen gemeldet werden, und denen, die tatsächlich in die Atmosphäre ausgestoßen werden. Das meldete die Washington Post.
  • Nach eigenen Recherchen gehen die Reporterinnen und Reporter der Zeitung davon aus, dass mindestens 8,5 Milliarden Tonnen CO2-Emissionen nicht gemeldet werden. Das wäre fast das dreifache der jährlichen CO2-Ausstöße der EU.

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