Neviges. Blühende Disteln, Farne, Löwenzahn: Der ev. Friedhof in Velbert-Neviges ist ein Eldorado für Insekten – und vielen Besuchern ein Dorn im Auge.

Schmetterlinge lieben Disteln, daher gibt’s zurzeit ziemlich viele Schmetterlinge auf dem Friedhof der evangelisch-reformierten Kirchengemeinde an der Siebeneicker Straße. Dazu sprießt der Farn und auf so manchem Fußweg leuchtet Löwenzahn. Der obere Teil des Friedhofes ist ein Eldorado für Insekten und Vögel. Doch was Naturliebhaber jubeln lässt, bringt Friedhofsbesucher auf die Palme. Es gebe zahlreiche Beschwerden über den ungepflegten Zustand, bestätigt Jörg Sindt, in der Gemeinde zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit. Auch Martin Straßen, Landschaftsarchitekt und stellvertretender Vorsitzende des Friedhofsausschusses, kennt das Problem: „Wir arbeiten daran, doch die Sache ist komplex.“

Schwierige Topographie

Bestens in Schuss ist der Hauptweg im unteren Teil. Was den Hang betrifft, bittet Martin Straßen um etwas Geduld.
Bestens in Schuss ist der Hauptweg im unteren Teil. Was den Hang betrifft, bittet Martin Straßen um etwas Geduld. © FUNKE Foto Services | Alexandra Roth

Da ist zum einen die anspruchsvolle Topographie: Etwa eine Hälfte des Friedhofsgeländes ist ebenerdig, hier ist auch alles bestens in Schuss, die andere liegt am Steilhang. Diesen Teil zu pflegen, sei eine besondere Herausforderung, so Straßen. Seit dem 1. Januar 2022 kümmern sich zwei Essener Unternehmen um den Friedhof; die Firma Scharrenberg übernimmt alles rund um Bestattung und Gräber, die Firma Terwiege ist zuständig für den Landschaftsbau, also für Wege und Grünflächen. Bei der Ausschreibung hatte sich die ortsansässige Friedhofsgärtnerin Claudia Jung nach Auskunft der Gemeinde nicht beteiligt.

Unzureichende Dokumentation

Freiwillige Aktionen am Wochenende

Der evangelische Friedhof an der Siebeneicker Straße besteht aus insgesamt 2538 Gräbern

Die Gemeinde will in Zukunft auch wieder verstärkt „Saubermach-Samstage“ organisieren. Dann helfen erfahrungsgemäß auch viele Jugendliche beim Unkraut jäten und mehr. Am Ende wird immer am Gemeindehaus gegrillt.

Dieser Saubermach-Tag musste in den letzten zwei Jahren wegen der Corona-Schutzverordnung häufiger ausfallen.

Nicht nur am Wegesrand schießt das Grün in die Höhe. „Viele ungepflegte Gräber sind seit Jahren von Unkraut überwuchert. Wir müssen dann herausbekommen: Ist das abgelaufen? Gibt es Nachfahren?“, erzählt Martin Straßen. Ist die Ruhezeit abgelaufen, geht die Grabstelle an die Gemeinde zurück – sonst müssen sich die Angehörigen kümmern. „Das ist ein Puzzlespiel, zumal die Dokumentation ziemlich schlecht ist. Wir haben jetzt erstmal einen Plan vom Friedhof gemacht, alle Gräber eingezeichnet.“ Der Friedhof gehört zwar der Gemeinde und der Friedhofsausschuss regelt die Arbeiten vor Ort, doch für den „Betrieb Friedhof“ sitzen noch weitere mit im Boot: So regelt das Friedhofsamt in Mettmann Verwaltungsangelegenheiten, und das Presbyterium entscheidet etwa über die Finanzen.

Viel Arbeit in der Freizeit

Wer nun konkret für was zuständig sei in diesem Dreier-Gespann – mit dieser Frage habe sich die inzwischen verstorbene Ausschuss-Vorsitzende Dietgard Reith intensiv beschäftigt. „Frau Reith hat sich da richtig hereingekniet, hat da Struktur hereingebracht.“ Nicht nur menschlich hinterlasse sie eine riesige Lücke in der Gemeinde. Denn was die pensionierte Studienrätin als Ehrenamtliche erledigte, muss der in ganz Deutschland tätige Nevigeser Landschaftsarchitekt Martin Straßen in seiner Freizeit wuppen. „Ich mache das wirklich gern, der Friedhof liegt mir am Herzen, ich habe auch tolle Hilfe im Ausschuss mit Frau Burkhardt und Herrn Schnautz. Aber es ist viel.“

Gewächshaus wird abgerissen

Und ganz schön viel ist auch schon passiert: Hecken wurden geschnitten, tote Bäume gefällt, die zu einer Gefahr geworden waren. Es gibt neue Wasserleitungen, und sechs Wasserkräne werden jetzt installiert. Noch in diesem Jahr soll das marode Gewächshaus abgerissen werden und Platz machen für Urnengräber. Überhaupt sei ein neues Konzept in der Planung: Die Gemeinde möchte künftig Gräber vor allem im ebenen Teil vergeben. „An anderer Stelle könnte es zum Beispiel eine Obstwiese geben“, so der Landschaftsarchitekt. Da dürften dann auch Disteln für die Schmetterlinge wachsen, ohne dass es stört.