Neviges. In dem Architekturbüro „BSS“ entstehen Pläne für Gärten in ganz Deutschland. Chef Martin Straßen hat auch für Neviges die eine oder andere Idee.
In Hamburg planen sie für Villenbesitzer parkähnliche Gärten, im Großraum Rhein-Ruhr tragen diverse Dachgärten ihre Handschrift. Zurzeit bringen sie die Grünanlagen der Ruhr-Universität Bochum auf Vordermann. Martin Straßen sitzt mit seinem Büro „BSS Garten- und Landschaftsarchitekten“ im Herzen von Neviges, in der Tönisheider Straße. In seinem bergischen Fachwerkhaus, erbaut im 17. Jahrhundert, freut er sich über Aufträge aus ganz Deutschland. „Aktuell arbeiten wir in Bremen, Essen, Mainz, Wuppertal und eben Bochum.“
Zweitniederlassung in Hamburg
Da auch immer wieder Privatleute aus Hamburg anfragen, hat „BSS“ dort inzwischen eine Zweitniederlassung. Sich mit seinen Erfolgen zu brüsten, liegt dem zurückhaltenden Diplom-Ingenieur fern. Doch über den Großauftrag der Ruhr-Uni muss er schon ein bisschen grinsen. „Da hatte ein Architekt aus München ganz tolle Ideen, die aber in der Realität nicht funktionierten. Dann hat man uns geholt.“ Wie auch die Firma Vorwerk in Wuppertal, für die „BSS“ zurzeit das Werksgelände entlang der Wupper neu gestaltet. „Die Menschen haben früher immer mit dem Rücken zum Fluss gelebt, die Wupper war ja Transportweg für Abwasser. Jetzt werden die Werksgebäude um 180 Grad gedreht, wir bauen 1,4 Kilometer Fluss ökologisch zurück.“
Büro ist ein Fachwerkhaus aus dem 17. Jahrhundert
Bei Aufträgen dieser Größenordnung vermutet man ein Heer von Angestellten, die in einem modernen Glaskasten mit coolen Möbeln aus Stahl sitzen. Doch weit gefehlt. Fünf Mitarbeiter zählt das Unternehmen, dazu gehört Ehefrau Astrid, ebenfalls Landschaftsarchitektin. „Wir arbeiten effektiv“, sagt der 49-Jährige, der 1997 das ehemals in Duisburg ansässige Büro übernahm. In der Tönisheider Straße sitzt „BSS“ seit mittlerweile fünf Jahren. Und warum gerade Neviges? „Totaler Zufall. Als Patchwork-Familie mit Wohnsitzen Ratingen und Wuppertal suchten wir ein großes Haus.“ Das Fachwerkhaus aus dem 17. Jahrhundert entdeckte der Liebhaber historischer Bauten im Internet. „Ich hab sofort gewusst: Das ist es.“
Guter Draht zur Denkmalbehörde
Sanierung historischer Gebäude
Das Büro „BSS“ wurde 1962 von Armin Boyer gegründet. Nach dessen Tod übernahm Martin Straßen das Unternehmen. Das Centro in Oberhausen hat er als Projektleiter mitgestaltet.
Die Sanierung denkmalgeschützter Gebäude ist ein weiterer Schwerpunkt des Büros. Mehr Informationen auf www.bss-landschaftsarchitekten.com.
In mühevoller Eigenarbeit und in enger Zusammenarbeit mit der unteren Denkmalbehörde der Stadt Velbert brachte das Ehepaar dieses 400 Quadratmeter große Juwel auf Vordermann. „Der Zustand war erbärmlich, aber die Substanz stimmte. Und der Grundriss war einfach perfekt: Unten Büro, oben Wohnräume und unter dem Dach viel Platz für fünf Kinder.“ Besonderes Schmuckstück: Ein Kachelofen aus dem Jahr 1892, gefertigt in Meißen. „Jeder kennt das Porzellan, aber die Ofenmanufaktur ist viel älter. Da hat mir der Ofensetzer Herr Hüttenmeister hier aus Neviges mit seinen 80 Jahren unglaublich geholfen.“
Bei seinem Umzug reiste Martin Straßen, geboren in Wuppertal, auch ein Stückchen zurück in die Kindheit: „Neviges, das war früher Minigolfspielen am Schloss und einkaufen bei Aldi, damals noch hinten an der Siebeneicker Straße.“ Bekommt er heute Besuch von Freunden und Kollegen, staunten einerseits alle über das Potential, das sich in dem Wallfahrtsort verberge: „Das Schloss, die malerische Altstadt, viel herrliche Natur und die älteste Eisenbahnstrecke Deutschlands, die aber das Dorf nicht zerschneidet, sondern schön drumherum führt.“ Und ja, natürlich, komme dann auch sofort der Einwand: „Schön und schön tot.“
Mehr Licht und Grün für die Altstadt
Der Architekt aus Leidenschaft hat viele Ideen, das aus städtebaulicher Sicht zu ändern. „Zum Beispiel ein durchgängiges Pflanzenkonzept, man könnte den Verlauf der alten Straßenbahn mit Bäumen und Pflanzen nachverfolgen.“ Ein weiteres Lieblingsthema: Licht. „Und zwar wirklich Licht und nicht nur Beleuchtung.“
Zurück in die Realität: Beim Anblick der alte Fabrikhalle Am Weinberg blutet ihm das Herz: „Das ganze Ensemble verfällt. Diese kleinen Gassen, der Platz, das ist jammerschade.“ Für die Elberfelder Straße stellt er sich einen Fassadenwettbewerb vor. „Gucken Sie da mal nach oben, das ist wunderschön.“
Redet Martin Straßen von seinem Dorf,schwingt Begeisterung und Wehmut mit. Und es juckt ihm in den Fingern, seine Ideen einzubringen. „Wir würden uns freuen, wenn die Stadt uns in das Konzept zur Entwicklung der Innenstadt einbezieht. Ich hab schon mal angeklopft. Mal sehen, was passiert.“